Lange Zeit sind die deutschen Autobauer gut damit gefahren, dass sie auf große, teure Spritfresser gesetzt haben. Dank eines erfolgreichen Lobbyismus konnten alle Beschränkungsversuche abgeschmettert oder aufgeweicht werden: Das Tempolimit auf den Autobahnen, die hohe Besteuerung für Spritschleudern. Zuletzt ist gerade klar geworden, dass die Regierung sich vor dem Wahljahr 2017 auch nicht traut, die Neuzulassung von Benzinern und Dieselfahrzeugen ab 2030 zu verbieten.
Das Bekanntwerden des durchschnittlichen Mehrverbrauchs um 42 Prozent gegenüber der Prospektangaben bei Neuwagen war ein Aufregerthema. Aber jetzt hat man sich auch wieder beruhigt. Dabei müsste doch eigentlich täglich gefragt werden, was das für Konsequenzen hat. In den USA hätte die Automobilindustrie längst eine Sammelklage am Hals. Bei uns hat der VW-Skandal um manipulierte Abgassoftware dem Ruf der Wolfsburger nachhaltig geschadet. Nach diesem Schock hat VW dann bekannt gegeben, man wolle nun die E-Mobilität fokussieren. Ob der Hersteller das ernst meinte oder sich doch nur wieder einen grünen Anstrich geben will?
Jetzt jedenfalls sollte die Einsicht langsam durchsickern: China will ab 2018 eine Quote für E-Mobilität einführen. Ein Entwurf sieht vor, dass acht Prozent aller Neuzulassungen elektrifiziert sein sollen, 2019 bereits zehn Prozent und 2020 zwölf Prozent. Die Hersteller müssen diese Quoten mit ihrem Angebot erfüllen. Die Regierung der Volksrepublik erwartet für 2025 rund drei Millionen E-Mobile im Straßenverkehr.
Für VW ist China der wichtigste Absatzmarkt. Jeder zweiten VW gar wird für den chinesischen Markt produziert. Um der Quote gerecht zu werden, müsste VW 2018 rund 60.000 E-Autos liefern. Das wäre eine Entwicklung praktisch von 0 auf 100. Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel - ganz der Lobby-treue Politiker - hat daher bereits in China vorgesprochen und die Regierung gebeten, die Quote nach hinten zu verschieben. Mit einfachen Worten: China eilt bei der E-Mobilität mutig voran, während Deutschland auf die Bremse tritt. Das ist schon ziemlich peinlich für eine Regierung, die sich gern als Klimaschutzvorreiter sieht.
Im Übrigen hat die weiche Politik gegenüber den deutschen Autobauern dazu geführt, dass diese nun den Anschluss an die Elektrifizierungsentwicklung verloren haben. VW ist jedenfalls nicht die erste Marke, die einem beim Thema E-Mobilität einfällt. (Nicole Weinhold)