Nicole Weinhold
Maria Franke ist Mobilitätsbeauftragte der KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg. Sie berät Kommunen rund um eine nachhaltige Verkehrsplanung. Derzeit hielten die Bürgermeister sich noch zu stark zurück, oft aus falsch verstandener Rücksicht gegenüber Autofahrern, so Franke: „Durch eine Kombination von Maßnahmen zur Verbesserung des Fuß- und Radverkehrs in Verbindung mit sogenannten Push-Maßnahmen, wie der Verknappung von Parkflächen oder einer spürbaren Erhöhung der Parkgebühren erreichen Kommunen deutlich mehr als nur mit zusätzlichen Mobilitätsangeboten." Das bringe auch Einschränkungen mit sich.
120 Stunden verbringen Deutsche im Stau
„Allen Beteiligten ist klar, dass ein tiefgreifender Wandel der Mobilität erfolgen muss“, berichtet Franke. Durchschnittlich 120 Stunden verbrachten die Deutschen 2018 im Stau. Eine Mobilitätswende könne neben Klimaschutz die Lebensqualität in den Städten und Gemeinden verbessern. Weniger Lärm und Abgase sowie mehr Platz für Menschen im öffentlichen Raum machen Quartiere attraktiver.
Ganzheitlichen Mobilitätskonzepts
Der erste Schritt ist laut Franke die Erstellung eines ganzheitlichen Mobilitätskonzepts. KEA unterstützt Kommunen dabei. Die Umstellung auf Elektromobilität sei dabei einer der notwendigen Bausteine der Mobilitätswende, betont Franke. Unter Berufung auf das „Klimaschutzszenario 2030“ des Ministeriums für Verkehr Baden-Württemberg nennt sie fünf Ziele, mit denen das Zwischenziel von 42 Prozent CO2-Einsparungen im Verkehr bis 2030 erreicht wird:
• Verdoppelung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV)
• klimaneutraler Antrieb für jedes dritte Auto
• Reduzierung des Kfz-Verkehrs in Städten um ein Drittel
• jede zweite Wegstrecke zu Fuß oder per Rad zurücklegen
• ein Drittel aller Güter wird klimaneutral transportiert
Großstädte machen es laut Franke vor: Paris und Wien dämmen den Autoverkehr mit reduzierten Parkflächen ein – mit gutem Erfolg: In der französischen Hauptstadt ging die Anzahl der Privat-PKW um 18 Prozent zurück. London erhöht die Maut für ältere PKW: 14,50 Euro pro Tag kostet die Fahrt in der Innenstadt.
Verbesserung des Mobilitätsangebots
Sofern man solche Maßnahmen mit einer Verbesserung des Mobilitätsangebots kombiniert, lässt sich aus Frankes Erfahrung heraus auch ein Gemeinderat überzeugen. Als Beispiele nennt sie Carsharing-Angebote, verbesserte Park & Ride-Möglichkeiten und einen gut vernetzten ÖPNV. Der Luftkurort Pfalzgrafenweiler etwa strebte ein umweltschonendes Gesamtkonzept an. „Aus der örtlichen Energiegenossenschaft heraus hat sich ein Carsharing-Dienst mit Elektroautos und E-Bikes entwickelt. Alle Fahrzeuge werden mit 100 Prozent Ökostrom geladen“, so die Mobilitätsbeauftragte.
Das BMU fördert die Mobilitätswende in Kommunen
Mobilitätskonzepte und die Personalstelle, die für deren Umsetzung erforderlich ist, fördert das Bundesumweltministerium (BMU) im Rahmen der Kommunalrichtlinie. Damit haben Kommunen die Chance, auf lange Sicht einen für alle lebenswerten öffentlichen Raum zu schaffen. Maria Franke berät beispielsweise die kommunalen Mobilitätsmanager und unterstützt die Städte und Gemeinden beim Beantragen von Fördermitteln für ihre Projekte. Für kleinere Gemeinden sei der Zusammenschluss mehrerer Kommunen möglich und sinnvoll. Ganz ohne eigene Investitionen ist das Ziel allerdings nicht zu erreichen.