Standortschließungen und Fusionen stellen die Belegschaft in der Solarbranche vor eine Belastungsprobe. Dass es dennoch gelingen kann, die Motivation betroffener Mitarbeiter aufrechtzuerhalten, sie fair zu behandeln und ihnen die Chance auf persönliche Weiterentwicklung und berufliche Alternativen zu bieten, zeigt das Beispiel First Solar.
Im Herbst 2012 hat das US-Unternehmen seinen Produktionsstandort mit 1.200 Mitarbeitern in Frankfurt an der Oder geschlossen.
Personalabbau gab es auch am Mainzer Standort der europäischen Vertriebsgesellschaft von First Solar. Die Aufgabe eines Beratungsunternehmens war es nun, die Entlassenen bei der beruflichen Neuorientierung zu unterstützen. Ebenso wichtig in dieser Umbruchsituation war es, dafür zu sorgen, dass die Betriebsabläufe weiterhin reibungslos liefen. Der Personalmanager Karl-Heinz Deichelmann entschied sich für nachhaltiges Karrierecoaching. Inzwischen geht er einer neuen Beschäftigung nach. „Unser Karrierecoaching geht über eine reine Out- und Newplacementberatung hinaus“, so Hendrikje Dickschen von der Beraterfirma HR Excellence Group. „Denn es verbindet Methoden aus dem Resilienz-, Berufsbiografie- und Employability-Coaching miteinander. Daher ist es auch ein geeignetes Instrument für ein Personalmanagement, das auf Werten und Nachhaltigkeitsprinzipien beruht.“ Insgesamt 43 von 100 Betroffenen nahmen das Angebot von First Solar an.
Zunächst wurde ein individuelles Programm für diese Mitarbeiter aufgesetzt. Es sollte das Gefühl vermittelt werden, dass man sich auch in Umbruchzeiten um sie sorgt. Über sechs Monate arbeiteten die Teilnehmer an einem auf die jeweilige Persönlichkeit abgestimmten Plan. Dabei wurde ein Maßnahmenkatalog zur beruflichen Neuorientierung festgelegt, die Fortschritte wurden kontinuierlich überprüft.
Einer der Mitarbeiter, der am Coaching teilgenommen hat, aber nicht namentlich genannt werden möchte, berichtet: „Im ersten Moment traf mich der Personalabbau wie ein Blitz.“ Er hat fünf Jahre lang im Customer Service bei First Solar gearbeitet. „Ich war unter Druck: Das Arbeitspensum war weiterhin hoch. Gleichzeitig musste ich mich mit meiner beruflichen Zukunft auseinandersetzen.“
Beim Coaching lernte er, mit der Verunsicherung umzugehen. Er bekam Werkzeuge an die Hand, entscheidungs- und handlungsfähig zu bleiben und mögliche Stresssymptome nicht an sich herankommen zu lassen. „Sehr geholfen hat mir die professionelle Unterstützung bei der Analyse meiner persönlichen Ausgangssituation, meiner Ziele und Werte, aber auch meiner Kapazitäten.“ Er lernte, mit der Doppelbelastung umzugehen, den Job gut zu Ende zu bringen und die eigene berufliche Zukunft voranzutreiben. Voraussetzung dafür ist vor allem die Eigenmotivation. Wie insgesamt 80 Prozent der Teilnehmer hat er sein persönliches Ziel erreicht. Derzeit absolviert er einen Lehrgang im Projektmanagement.
Auch Deichelmann lobt das nachhaltige Programm. „Reine Outplacementberatung könnte das niemals leisten“, so der Personalmanager. Der positive Umgang mit den Beschäftigten sei der wichtigste Erfolg dabei. Den nachhaltigen Ansatz hat auch das Bundesgesundheitsministerium als wichtigen Beitrag für das Wiedererlangen der Handlungsfähigkeit in schwierigen betrieblichen Situationen erkannt. ( Nicole Weinhold)