Das bedeutete, 2011 wäre nur ein Fünftel des Vorjahresabsatz’ erreicht. Ein absoluter Tiefstand. 2010 waren es noch rund 290.000 Tonnen. Und selbst der 2010er-Wert ist Meilen entfernt vom Spitzenjahr 2006, als 1,9 Millionen Tonnen Biodiesel auf dem Reinkraftstoffmarkt abgesetzt wurden. Laut VDB-Sprecher Frank Brühning kamen verschiedene Faktoren zusammen, die zum Einbruch führten. Zum einen gab es im vergangenen Jahr eine schlechte Rapsernte, so dass die Rohstoffpreise nach oben zogen. Außerdem wäre zu beobachten, dass sich die Agrarpreise mehr und mehr am Preis für Rohöl orientierten.
Ausgebremste Nachfrage
Somit erweist sich diese Größe mehr als zweischneidiges Schwert, denn höhere Mineralölpreise wirken sich positiv bei der Wettbewerbsfähigkeit an der Zapfsäule, jedoch negativ am Anfang der Kette bei den Rohstoffpreisen für Biodiesel aus. In Verbindung mit der Mineralsteuer führt das zu einer Wettbewerbskonstellation, die Biodiesel gegenüber fossilem Diesel ausbremst. Die Mineralölsteuer auf Biodiesel beträgt mittlerweile 18,6 Cent pro Liter. Selbst dieser Wertn schon macht reinen Biodiesel faktisch unverkäuflich. 2013 indes soll für Biodiesel der volle Mineralölsteuersatz von rund 45 Cent pro Liter gelten.
Quotenberge abtragen
Ein weiterer Faktor, der zu einem geringeren Absatz führen kann ist die Möglichkeit der Mineralölkonzerne, zur Einhaltung der Biokraftstoffquote in Höhe von 6,25 Prozent nach dem Biokraftstoffquotengesetz auch Übererfüllungen aus dem Vorjahr heranzuziehen, sie also ins Folgejahr mitzunehmen. Sie tun auch gut daran, denn im Jahr drauf wären sie verfallen. Im jeweiligen Folgejahr könnten die Mineralölunternehmen also weniger neuen Biosprit einkaufen, weil ein Teil zur Erfüllung der Quote ja in Form der Übererfüllungen des Vorjahres vorliegt. Es handelt sich um eine Dauererscheinung. Die so genannten Quotenberge sind in den vergangenen Jahren seit 2007 laut Statistik des Zolls jedes Jahr in mehr oder weniger großem Umfang entstanden, und der 2010er-Überhang (Angabe in Terrajoule), der in die 2011er-Quote einfließen konnte, ist faktisch auch kein Ausreißer in der Zahlenreihe seit 2007. Seit 2007 wurde jedes Jahr die Biokraftstoffquote übererfüllt. Es wäre also nicht geeignet, den dramatischen Einbruch in 2011 mit dem plötzlichen Abtrag eines übergroßen Quotenbergs zu erklären. Deutlich indes wird auch, dass der aus Mineralölsicht unbefriedigende Absatz von E10 in 2011 nicht dazu geführt hat, dass man alternativ auf den Reinkraftstoffmarkt setzt, um die Quote zu erfüllen. Bedarf und Wille sind nicht da.
Lösung Beimischung?
Somit wird auch der Biodiesel-Absatz mittlerweile von der Beimischung zu fossilem Diesel bestimmt, bekannt als B7. Laut VDB, der sich wiederum auf Zahlen des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) beruft, betrug der Absatz von Biodiesel im Teilmarkt Beimischung 2009 2,27 Millionen Tonnen und 2010 2,29 Millionen Tonnen. Der Markt stagniert also derzeit bei 2,3 Millionen Tonnen und es ist nicht erkennbar, dass sich daran in diesem Jahr etwas ändern wird. Eine Hoffnung der Branche liegt auf der Einführung eines B10 für Pkw und eines B30 für Nutzfahrzeuge. Beide sind aber erst in Expertengremien angekommen. Mit einer Einführung vor 2013 ist nicht zu rechnen (ERNEUERBARE ENERGIEN 2/2011). Abgesehen davon könnte einen Biodiesel B10 dann dieselbe Diskussion und Verweigerungshaltung an der Zapfsäule ereilen wie jetzt dem E10.
Sprit aus Argentinien
Derweil nimmt der Auslandsdruck im Beimischungsmarkt zu. Während die Ethanolbranche über Konkurrenz aus Brasilien und USA klagt, hat die Biodieselbranche ihre Gegner in Argentinien und den USA ausgemacht. Laut VDB hat die EU zwar Schutzzölle auf Dieselkraftstoffe aus den USA erhoben, die Dieselkraftstoff mit Biobeimischungen größer gleich 20 Prozent taxieren – doch umging man das zeitweilig über die Einführung des neuen Typus B19. Mittlerweile wurde durch Betreiben des europäischen Dachverbands der Biodieselindustrie EBB die Einfuhr von allen Beimischungen aus den USA durch Schutzzölle erschwert. Hintergrund ist, dass US-amerikanischer Biodiesel staatlich subventioniert wird mit einem US-Cent pro Gallone für jedes Prozent Biodieselanteil. Dies brachte seinerzeit den B99 aus den USA hervor, der das dortige Subventionsregime pervertiert: Faktisch wurde ein Prozent fossiler Diesel dem Biosprit beigemischt. Praktisch galt es als fossiler Diesel mit 99 Prozent Biodieselbeimischung. Die Mischungen ("Blends") aus den USA sind laut VDB für den Zoll klar zu identifizieren. Die US-amerikanische Subventionierung erlaubt offenbar umgekehrt dann die Belegung mit Schutzzöllen, so dass die europäische Biodieselindustrie die Konkurrenz aus den USA mittlerweile weniger fürchten muss. Doch stattdessen drängen nun vermehrt Beimischungen aus Argentinien auf den europäischen Markt. Diese Treibstoffe können offenbar nicht mit Schutzzöllen belegt werden, sonst würde man auf Konfrontation mit der WTO gehen. Denn anders als in den USA findet in Argentinien keine direkte Subventionierung dort hergestellter Biotreibstoffmischungen statt. Sie werden nur mit relativ niedrigen Steuern belegt. (Dittmar Koop)
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