Bereits zum dritten Mal hat die österreichische Technologieplattform Photovoltaik (TPPV) zusammen mit dem Branchenverband PV Austria den Innovationsaward für die Integration der Photovoltaik vergeben. Damit wollen die beiden Partner vor allem Photovotaiklösungen prämieren, die eine doppelte Nutzung von Flächen in den Blick nehmen. In der Vergangenheit lag hier der Schwerpunkt auf der bauwerkintegrierten Photovoltaik (BIPV). „Doch das ist noch nicht alles“, erklärt Hubert Fechner, Obmann der TPPV, angesichts weiteren Bereiche, in denen die Doppelnutzung von Flächen möglich ist. „Wir brauchen auch Integration in Verkehrsbereich, in den Mobilitätssektor, aber auch der Landwirtschaftsbereich.“
Integration weiter gedacht
Hier stehen die Fragen im Raum, wie wird dort die Photovoltaik eine Rolle spielen in Form der Integration in die landwirtschaftliche Produktion, wie geht das am besten, um Synergien zwischen landwirtschaftlicher Produktion und Photovoltaik zu heben. „Wir sehen auch in diesem Bereich die Notwendigkeit der Integration. Das geht weiter bis zur Nutzung von Wasserflächen“, betont Fechner. Deshalb wurde der diesjährige Award um Projekte in den Bereichen Mobilität und Landwirtschaft erweitert. „Bisher sind dies noch Nischenlösungen. Aber wenn wir die Akzeptanz mitdenken, werden solche Lösungen enorm wichtig sein“, erklärt Marie-Theres Thöni, Leiterin der Abteilung Erneuerbare Energie und Strom im Bundesministerium für Klimaschutz, Energie und Verkehr, das den Award unterstützt.
Gestaltungspotenzial ist groß
Sie verweist auf die verschiedenen Programme, mit denen das Ministerium solche Integrationslösungen besonders fördert, etwa in Form eines Bonus‘ für bauwerkintegrierte Anlagen bei der Investitionsförderung. Auch werden solche integrativen Systeme in der Landwirtschaft oder schwimmende Solaranlagen voll gefördert, während normale Solarparks 25 Prozent weniger Förderung bekommen als Anlagen auf Gebäuden. „Die eingereichten und geförderten Projekte stimmen uns zuversichtlich, dass das Gestaltungs- und Innovationspotenzial der Photovoltaik groß ist. Deshalb wird das Ministerium die innovativen Projekte auch weiter fördern“, betont Marie-Theres Thöni.
Skalierbare Lösungen finden
Integration bedeutet nicht nur ein Maximum an Kilowattstunden zu erzeugen, sondern die Photovoltaik in ein gutes energetisches Gesamtkonzept einzubinden, lautet eines der Kriterien, nach denen die Jury die eingereichten Projekte bewerten soll. Neben der Umweltverträglichkeit, dem architektonischen Gesamtkonzept vor allem bei der BIPV spielt auch die Kosteneffizienz eine erhebliche Rolle bei der Bewertung der Projekte. „Exklusive Lösungen, die keine Chance auf Multiplizierbarkeit haben, wurden nicht prämiert“, betont Hubert Fechner. „Wir müssen modulare Lösungen finden, die letztliche skalierbar sind“, ergänzt Theresia Vogel, Geschäftsführerin des Klima- und Energiefonds (Klien). „Jede Einzellösung mag von der Architektur her interessant, aber von der Kostenseite her etwas schwierig sein. Wir brauchen aber Lösungen, die man von der Stange weg erwerben kann.“
Bahnsteige solar überdacht
Die Multiplizierbarkeit hat auch einer der Preisträger im Blick. Denn das Architekturbüro Reinberg hat zusammen mit dem Austrian Institut for Technology (AIT) eine Überdachung von Bahnsteigen der ÖBB entwickelt, die zunächst auf dem Bahnhof Matzleinsdorfer Straße in Wien installiert wurde. Die Anlage besteht aus zwei Teilen. So wurde über dem schmaleren Teil des Bahnhofs eine Schmetterlingsdachkonstruktion errichtet, in die semintransparente Solarmodule integriert wurden. Die gleichen Module wurden in die bestehende Dachkonstruktion über dem breiteren Bahnsteigteil integriert.
Weitere Projekte schon in Planung
Die Jury hat denn auch die Nutzung der Dächer nicht nur zum Witterungsschutz, sondern auch zur Stromproduktion überzeugt. Gleichzeitig werde durch die Verwendung der semitransparenten Module die Notwendigkeit der künstlichen Beleuchtung verringert. Dieses Projekt hat große Öffentlichkeitswirksamkeit und sollte wegweisend und Vorbild für weitere Bahnsteige und ähnliche Anwendungen sein“, betonen die Juroren. „Es wäre wünschenswert, wenn sich dies zum Standard bei Haltestellen von öffentlichen Verkehrsmitteln entwickelt.“
Dies will die ÖBB auch machen. Denn es ist das erste Pilotprojekt, das zum Teststand für weitere solare Bahnsteigüberdachungen wird. Denn die Herausforderung bei solchen Projekten sind groß angesichts der dynamischen Lasten, die auf solche Konstruktionen neben Bahnlinien einwirken. Doch das nächste Projekt steht mit der Überdachung der Bahnsteige des Bahnhofs Sierndorf schon in den Startlöchern.
Mehrfamilienhaus auch im Winter mit Stromüberschuss
Doch auch die BIPV kam zu Würden. Denn einen weiteren Innovationsaward hat ein Projekt in der Schweiz gewonnen. In Poschavio, Kanton Graubünden, hat das Architekturbüro von Nadja Vontobel ein Mehrfamilienhaus errichtet, das komplett mit Solarmodulen eingekleidet ist. Auf diese Weise erreicht es sogar im Winter einen Überschuss an Stromproduktion. „Wir wollten etwas Nachhaltiges und etwas Schönes bauen“, erklärt die Architektin Nadja Vontobel. „Jede Fassade sollte eine zusätzliche Funktion bekommen. Neben dem Witterungsschutz sollte sie auch zur Stromerzeugung genutzt werden. Diesen Ansatz wollten wir zudem ästhetisch umsetzen.“
Die Ästhetik hat auch die Juroren überzeugt. „Die vollständige Einkleidung eines Mehrfamilienhauses mit aktiven Glaspaneelen als Photovoltaikmodule hinterlässt einen besonderen Eindruck“, begründe sie ihre Entscheidung. „Das Projekt zeigt, was heute technisch und gestalterisch zu Gunsten eines gesamtheitlich durchdachten Energiekonzeptes möglich ist. Das Gebäude besticht durch seine kompakte Bauweise und Nutzungsflexibilität.“
Solargefährt für die Kurzstrecke
Einen dritten Innovationsaward hat Wood-E bekommen. Das Startup hat ein Cart aus Holz entwickelt, das ausschließlich mit Solarstrom fährt, der aus den im Dach des Fahrzeugs integrierten Paneele kommt. „Wir haben damit ein Gefährt entwickelt, das einen automobilen Anwendungsfall bedient“, erklärt Christian Manser von Wood-E. Schließlich sind die meisten Strecken, die zurückgelegt werden, nur sehr kurz und dafür reicht dieses Fahrzeug aus. Denn es fährt immerhin 40 Kilometer pro Tag mit Solarstrom und erreicht eine Geschwindigkeit von 40 Stundenkilometern.
Bei der Entwicklung hat das Team natürlich auf Nachhaltigkeit geachtet. „Wenn man diese ernst nimmt, muss man die graue Energie und das Recycling mit einrechnen“, sagt Manser. Genau dieser Ansatz hat auch die Juroren überzeugt.
Kindergarten mit Solarüberdachung
Zudem gab es noch einen Anerkennungspreis für ein Projekt in einem Kindergarten in Deutsch-Wagram. Das neue Gebäude in Holzmassivbauweise wurde mit einer sichtbaren Photovoltaikanlage ausgestattet. Diese zieht sich überkopf als Band um den gesamten Baukörper herum und dient neben der Stromproduktion auch als Schattenspender im Übergang zum Außenbereich des Kindergartens. Das Energiekonzept ist darüber hinaus auf Passivhausstandard ausgelegt.
28 Projekte eingereicht
Insgesamt wurden 28 Projekte eingereicht. Unter ihnen auch das neue Firmengebäude von My PV in Neuzeug, aus denen die Jury auswählen musste. „Es war nicht so leicht, eine Entscheidung zu treffen“, sagt Hubert Fechner mit Blick auf die hohe Qualität der eingereichten Projekte. Der nächste Innovationsaward ist für 2024 vorgesehen, da er alle zwei Jahre ausgelobt wird. Der Start der Bewerbungen wird im Frühjahr 2023 bekanntgegeben. (su)