Solarstrom senkt die Preise an der Strombörse EPEX um durchschnittlich zehn Prozent, in den Mittagsstunden sogar um bis zu 40 Prozent. Das belegt eine aktuelle Studie des Instituts für Zukunftsenergiesysteme (IZES) im Auftrag des Bundesverbandes Solarwirtschaft (BSW-Solar). Der Grund dafür ist, dass Strom aus Photovoltaikanlagen genau dann produziert wird, wenn der Strombedarf am größten ist und den teuer in konventionellen Kraftwerken produzierten Strom vom Markt verdrängt.
Preisdifferenzen abgeschmolzen
„Wir haben über einen längeren Zeitraum die Basispreise mit den Spitzenpreisen an der Strombörse zwischen 8 und 20 Uhr verglichen“, erklärt Uwe Leprich, wissenschaftlicher Leiter des IZES. Dabei haben die Autoren der Studie festgestellt, dass es noch 2007 in der Zeit zwischen 10 und 13 Uhr zu einem sprunghaften Anstieg der Nachfrage und somit auch des Strompreises kam. In den letzten beiden Jahren war zwar die Nachfrage in den Mittagsstunden immer noch da, aber der plötzliche Preisanstieg in dieser Zeit war nicht mehr zu beobachten. „Außerdem haben sich die Unterschiede zwischen dem Basispreis und dem Peakpreis 2010 und 2011 deutlich reduziert“, sagt Leprich. „Das sind die beiden Jahre, in denen der Ausbau der Photovoltaik am stärksten war. Auf der anderen Seite gab es keine Veränderung bei der Stromnachfrage. Deshalb können wir davon ausgehen, dass die Photovoltaik für das Verschmelzen von Basis- und Peakpreis verantwortlich ist.“ Lag vorher der Unterschied zwischen Basis- und Peakpreis noch zwischen 20 und 25 Prozent, so beträgt er jetzt nur noch etwa 12 Prozent. Insgesamt konnten dadurch die Stromkäufer an der Börse zwischen 520 und 840 Millionen Euro einsparen. „Ein alleiniges Starren auf die Förderung der Photovoltaik ist nicht zielführend“, warnt Uwe Leprich. „Man muss auch diesen Effekt mit einbeziehen. Natürlich ist er im Sommer stärker als im Winter, wenn weniger Solarstrom erzeugt wird. Aber trotzdem ist er über das ganze Jahr verteilt, was sich daraus erklären lässt, dass die Photovoltaik auch im Winter nicht bei Null ist, sondern auch dann Solarstrom eingespeist wird, nur nicht so viel.“ Uwe Leprich geht davon aus, dass dieser sogenannte Merit-Order-Effekt – die Marktverdrängung konventioneller und teuer produzierender Kraftwerke durch preiswerte erneuerbare Energien – weiter bestehen wird, „solange wir fossile Kraftwerke im nennenswerten Umfang am Netz haben“, erklärt er. „Das wird etwa 2030 sein. Danach werden die Weichen neu gestellt.“
Von den Einsparungen im Stromgroßhandel profitieren aber nicht alle Verbraucher gleichermaßen. „Die Effekte sind hauptsächlich bei der Industrie angekommen“, sagt Uwe Leprich. „Vor allem die energieintensiven Industriebetriebe bekommen allgemein deutlich günstigere Preise, weil sie am Spotmarkt einkaufen und somit direkt vom preissenkenden Effekt der Photovoltaik profitieren. Dieser Effekt kommt aber bei den privaten Verbrauchern nicht an, da er von den Stromanbietern nicht weitergegeben wird.“
Privathaushalte von Vorteilen ausgeschlossen
Gleichzeitig sind die energieintensiven Industriebetriebe, die ihren Strom am Spotmarkt kaufen und von dem preissenkenden Effekt des Solarstroms profitieren, auch von der EEG-Umlage befreit. Das sind etwa 50 Prozent des gesamten Stromverbrauchs in der Industrie. „Die Industrie profitiert stark von den fallenden Börsenpreisen“, erklärt Uwe Leprich. „Deshalb verwundert es mich immer mehr, dass sich Industrieverbände immer noch hinstellen und sagen, wir zahlen für die Energiewende. Aber eigentlich ist das Gegenteil der Fall.“ Die privaten Haushalte, die von diesem Effekt nicht profitieren, tragen das Gros der EEG-Umlage. Dazu kommt noch, dass bei sinkendem Strompreis an der Börse die EEG-Umlage steigt. Denn die Vergütungen, die die Netzbetreiber an die Anlagenbetreiber zahlen, setzen sich aus dem Erlös an der Strombörse und der EEG-Umlage zusammen. Bei sinkendem Börsenpreis sinkt auch der Erlös aus dem Stromverkauf an der Börse und deshalb steigt die EEG-Umlage. Würde man die preissenkende Wirkung der Photovoltaik bei der Berechnung der EEG-Umlage mit einbeziehen, würden die Stromtarife für die Verbraucher um etwa 0,15 Cent pro Kilowattstunde sinken. (Sven Ullrich)