Die tschechische Regierung plant eine rückwirkende Kürzung der Förderung von Photovoltaikanlagen. Auch der Wirtschaftsausschuss des Parlaments in Prag trägt dieses Ansinnen offensichtlich mit. Dies würde konkret bedeutet, dass Investoren, die seit 2012 bereits eine Solaranlage gekauft haben und diese betreiben, weniger Förderung als bisher bekommen. Sie haben aber mit dieser Förderzusage ihre Investition getätigt. Entsprechend verweist die Opposition im Parlament und auch der tschechische Branchenverband auf sachliche Mängel und Insolvenzrisiken für tausende Unternehmen hin.
Anlagen zwischen 2009 und 2010 betroffen
Konkret plant die Regierung, dass die Betreiber der Solarkraftwerke keine Vergütung für ihren eingespeisten Strom mehr bekommen, wenn die Strompreise an der Börse negativ sind. Das soll auch für Strom gelten, den die Anlagenbetreiber in diesen Zeiten in Speichern zwischenlagern. Die Kürzungen machen bei den großen Anlagen nicht Halt. Denn betroffen sind alle Anlagen, die zwischen 2009 und 2010 gebaut wurden und eine Förderung bekommen – teilweise auch noch bis 2030. „Diese Entscheidung, die Kürzung der Förderung nur auf bestimmte Photovoltaikanlagen zu konzentrieren, wurde von Regierungsvertretern bislang nicht ausreichend begründet“, sagt Jan Krčmář, Geschäftsführer des tschechischen Branchenverbandes Solární Asociace.
Rendite gedeckelt
Zudem will die Regierung Einzelkontrollen einführen, wie hoch die Renditen aus einer Investition sind. Denn die Rentabilitätsgrenze ist derzeit auf 8,4 Prozent festgelegt. Diese soll gesenkt werden. Tatsächlich liegt sie aber ohnehin mit sechs bis 6,89 Prozent sehr viel niedriger. „Das Finanzministerium schlägt außerdem vor, Einnahmen aus dem Stromverkauf nach dem Ende der Förderung im Jahr 2030 bei den künftigen Einnahmen zu berücksichtigen“, erklärt Jan Krčmář. „Allerdings ist es derzeit nicht möglich, den Strompreis abzuschätzen, die Entwicklung der Energiepreise nicht.“
Osteuropäische Solarmärkte wachsen
Dies ist selbst innerhalb eines Jahres schwierig. Wie soll dies über mehrere Jahre im Voraus möglich sein. „Dieser Ansatz zeigt ein Missverständnis des Finanzministeriums in dieser Angelegenheit“, urteilt Jan Krčmář.
Tausende kleiner Anlagenbetreiber betroffen
Da die Regelungen schon ab 1. Juli 2025 gelten sollen, haben die Anlagenbetreiber keine Möglichkeit, sich mittels einer Vermarktungsalternative auf die Änderung vorzubereiten. Darauf hinzuweisen, ist für den Solarverband umso dringlicher, da Industrie- und Handelsminister Lukáš Vlček das Gegenteil behauptet, was aber falsch ist. „Dies beweist einmal mehr, dass die Vorschläge ohne ausreichende Sachkenntnis erstellt wurden und eine Reihe sachlicher Mängel und logischer Fehler enthalten“, betont Jan Krčmář. „Außerdem verschweigt der Minister dem Volk, dass dieser grundlegende Umsatzrückgang Tausende kleine Energieerzeuger treffen wird, zu denen Haushalte, Städte, Schulen und Landwirte gehören.“
Sachsen und Tschechien vereinbaren Wasserstoff-Zusammenarbeit
Risiko für Prag
Die Tatsache, dass die Anlagenbetreiber keine ausreichende Zeit haben, um sich über alternative Geschäftsmodelle neu aufzustellen, und auch die Konzentration auf bestimmte Anlagen ist wichtig. Denn ob die geplante Kürzung tatsächlich Bestand hat, ist tatsächlich ein riskantes Unterfangen für die Regierung. Schließlich widersprechen rückwirkende Gesetzesänderungen dem europäischen und dem tschechischen Recht.
Erster Schritt zur Klage
Entsprechend haben Investoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz bereits angekündigt, Klagen zum Schutz ihrer Investitionen vorzubereiten. Entsprechende Ankündigungen haben der tschechische Premierminister und der tschechische Präsident erhalten. Dies sei der erste Schritt vor der Einleitung eines Schiedsgerichtsverfahrens, wie Jan Krčmář erklärt.
Prag hat schon einmal verloren
Es wäre nicht das erste Gerichtsverfahren in Sachen Solarenergie. „Bereits zu Beginn des Jahres 2024 verlor Tschechien in einem Schiedsverfahren im Solarsektor“, warnt Jan Krčmář. So endete das Verfahren zur Einführung einer Solarsteuer mit der Entscheidung, dass die Tschechische Republik verpflichtet ist, den Klägern den durch diese Maßnahme verursachten Schaden zu ersetzen. „Diese Entscheidung wird als Richtlinie für zukünftige Streitigkeiten dienen, nach der andere ausländische Investoren vorgehen werden“, erklärt Pavel Doucha, Partner des Rechtsanwaltsbüros Doucha Šikola advokáti.
Förderkürzung auch für Neuanlagen geplant
Stattdessen will die tschechische Regierung in Brüssel die Förderung von Gas- und Kernkraftwerken beantragen und auch die Betriebsdauer von Kohlekraftwerken verlängern. Im Gegenzug solle die Förderung der erneuerbaren Energien auch für neue Ökostromanlagen drastisch gekürzt werden. Insgesamt stehen 23 Milliarden Tschechische Kronen (knapp 900 Millionen Euro) an Fördermitteln zur Debatte – inklusive der rückwirkenden Kürzungen. „Wir weisen seit Wochen Politiker und Beamte darauf hin, dass weitere Kürzungen der bestehenden Einspeisetarife Tausende Betreiber, darunter internationale Investoren, aber auch Klein- und Mittelbetriebe sowie Haushalte bedrohen“, warnt Jan Krčmář.
Sind Investitionen in Tschechien noch sicher?
Er verweist darauf, dass Tschechien schon jetzt weit hinter Ländern wie Deutschland, Österreich, aber auch Polen und Rumänien zurückliegt, was den Ausbau zusätzlicher Ökostromanlagen betrifft. Ohnehin werden derzeit vor allem kleine Solaranlagen auf Einfamilienhausdächern gebaut, was den notwendigen Zubau in Tschechien nicht abdecken kann. „Eine weitere Destabilisierung des Sektors sowie der in- und ausländischen Investoren würde den dringend benötigten Ausbau neuer Projekte deutlich behindern“, sagt Jan Krčmář. „Rückwirkende Kürzungen bereits zugesagter Förderungen gefährden zum einen bestehende Energieerzeugungsanlagen, zum anderen sind diese ein fatales Signal, dass gesetzliche Garantien jederzeit mit einem Fingerschnippen geändert werden können“, warnt er auch mit Blick auf die anderen Branchen der tschechischen Wirtschaft, auf die sich diese mangelnde Investitionssicherheit auswirken könnte. „Wer würde das Risiko eingehen, in Tschechien zu investieren, wenn er heute in stabileren Ländern wie Polen oder Rumänien investieren kann?“, fragt sich Jan Krčmář. (su)