Die erneute Diskussion um die Solarförderung weitet sich zum Streit zwischen Wirtschafts- und Umweltministerium aus. Während Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) rethorisch Stellung bezieht und auf die Linie der Unterstützer des bisherigen Konzepts der Stromversorgung durch die großen Energiekonzerne einschwenkt, lehnen die Solarbranche und das Bundesumweltministerium (BMU) einen von den Strommonopolisten geforderten absoluten Deckel ab und kontern mit Fakten. Denn „während beim atmenden Deckel im folgenden Jahr die Förderung volumensabhängig sinkt, führt der absolute Deckel, wenn er erreicht wird, zum Abbruch der Förderung,“ erklärt das Umweltministerium in einer Pressemitteilung. „Weder Verbraucher noch Industrie hätten in Zukunft Planungs- und Investitionssicherheit.“
Kostenargument ist überholt
Das BMU und der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) widerlegt den Vorwurf der Unterstützer der Energiekonzerne, Solarstrom sei zu teuer und zu ineffizient. Der BSW-Solar bezeichnet dieses Kostenargument als überholt. „Solarstrom ist kein Kostentreiber mehr, sondern auf dem besten Wege, zum Preisbrecher zu werden“, erklärt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar. Schon jetzt haben sich die Presie für Photovoltaikanlagen im Vergleich zu 2007 halbiert und im nächsten Jahr produzieren die Solaranlagen Strom auf dem Preisniveau von Haushaltsstrom. Spätestens 2014 werde sich der Solarstrom dann auf dem Förderniveau von Offshor-Windenergie bewegen. „Bereits in naher Zukunft wird die Solarstromerzeugung zu einer der günstigsten Energieformen überhaupt werden,“ betont Günther Cramer, Präsident des BSW-Solar bei der Einweihung der millionsten Solarstromanlage in Deutschland am vergangenen Donnerstag. „Die Photovoltaik birgt ganz erhebliches Potenzial, auf das wir angesichts des weltweit wachsenden Energiebedarfs, der Herausforderungen des Klimawandels und dem Beschluss der ,Energiewende‘ nicht verzichten können,“ ergänzt Klaus Töpfer (CDU), von 1987 bis 1994 Bundesumweltminister.
Das BMU betont, dass die bisherigen Mechanismen zur Kostenbegrenzung wirken. „Die Regelung zum 'atmenden Deckel' greift“, stellt das Umweltministerium klar. Denn während der Zubau um letzten Jahr noch 7,4 Gigawatt betrug, wurden von Januar bis September dieses Jahres Solaranlagen mit einer Gesamtleistung von nur 3,4 Gigawatt neu installiern. Mittelfristig rechnet das BMU aufgrund der weiteren volumenabhängigen Degression, wie sie im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) festgelegt wurde, damit, dass der Ausbaukorridor wie im Gesetz vorgesehen mittelfristig auf 2,5 bis 3,5 Gigawatt jährlich sinkt. Dadurch ergeben sich in den nächsten Jahren weiter sinkende Kosten. Die derzeitigen Begünstigungen der Solarindustrie machen derzeit gerade mal 0,9 Cent pro Kilowattstunde aus und dürften durch Ausweitungen ab 1. Januar 2012 auf ein Cent pro Kilowattstunde steigen, rechnet das Umweltministerium vor. Der BSW-Solar stellt klar, dass sich die Belastungen der Verbraucher durch den vom Solarstrom verusachten Anteil der EEG-Umlage bei einem anhaltenden Zubau von fünf Gigawatt jährlich auf zwei Cent pro Kilowattstunde stabilisieren.
Photovoltaik rechnet sich gesamtwirtschaftlich
Außerdem haben sich die Einspeisetarife für Photopholtaikanlagen innerhalb der letzten vier Jahre halbiert. „In keiner anderen Industriebranche wurden bislang derartig große Subventionskürzungen umgesetzt“, stellt das Ministerium klar. Diese Tarife werden zum Jahreswechsel nochmals um 15 Prozent abgesenkt und die nächste Anpassung steht am 1. Juli 2012 ins Haus. Dann rechnet man mit einer weiteren Senkung der Solarförderung um sechs bis neun Prozent. Schon das stellt die deutschen Unternehmen der Solarbranche vor die große Herausforderung zur weiteren Kostensenkung. Viele deutsche Unternehmen schreiben jetzt schon rote Zahlen. „Wir wollen die Photovoltaikindustrie aber nicht abwürgen, sondern die Rahmenbedingungen so setzen, dass sie sich wirtschaftlich vernünftig weiterentwickeln kann“, betont das Umweltministerium. „Jetzt muss das neue Gesetz, das am 1. Januar 2012 in Kraft tritt, erst einmal wirken. Wir werden die weitere Entwicklung sehr genau beobachten und bei Fehlentwicklungen selbstverständlich eingreifen.“
Der BSW-Solar stellt ruft in Erinnerung, dass sich der Ausbau der Photovoltaik auch gesamtwirtschaftlich rechnet. So lag die Bruttowertschöpfungsquote der Solarindustrie in Deutschland im vergangenen Jahr bei etwa 40 Prozent. Im Vergleich dazu beträgt diese Quote beim Maschinenbau nur 36 und in der immer wieder als Schlüsselindustrie bezeichneten Automobilindustrie gerade mal bei 22 Prozent. Damit würde eine feste Zubauquote von einem Gigawatt jährlich nicht nur die Energiewende, sondern auch eine der wichtigsten Zukunftsbranchen in Gefahr bringen. (Sven Ullrich)