Lange lag er im tiefen Schlummer: Der Riese Solarthermie. Nun scheint er zumindest ein Auge aufschlagen zu wollen. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), für die Förderung der Solarthermie zuständig, registrierte im Juni dieses Jahres fast ein Drittel mehr Anträge für einen Investitionszuschuss zum Bau von solarthermischen Anlagen als noch im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Für die Branche ist das schon einmal ein gutes Zeichen, dass es vielleicht bergauf gehen könnte, nachdem der Markt seit vier Jahren kontinuierlich schrumpft.
Die Branchenvertreter vom Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) führen dies auf die verbesserte Förderung der Anlagen und auf die im September dieses Jahres in Kraft tretende verpflichtende Kennzeichnung der Effizienz von Wärmeerzeugern zurück. Mit 2.728 Förderanträgen, die bei der BAFA eingegangen sind, kann allerdings nicht die Rede davon sein, dass sich der Riese mit neuer Kraft aus dem Schlaf räkelt und endlich aus dem Bett steigt. Denn nachdem die Bundesregierung die Förderkonditionen erheblich verbessert hat, singt sie nun wieder ein neues Schlaflied. Vor allem für solarthermische Nahwärmekonzepte konterkariert sie die Förderung mit einer neuen Idee, die Kraft-Wärme-Kopplung mit 1,5 Milliarden Euro unterstützen zu wollen. Berlin hat die Gieskanne in die Hand genommen und verteilt mal hier mal da ein Quäntchen Fördermittel.
Ausdruck der Konzeptlosigkeit
Ohne Zweifel ist dies ein Ausdruck der Konzeptlosigkeit, mit der die Bundesregierung die Energiewende angehen will. Was sie mit der verbesserten Unterstützung für die Solarthermie erreichen wollte, nämlich den Ausbau zu beschleunigen, macht sie mit der Erhöhung der Fördermittel für die Kraft-Wärme-Kopplung wieder zunichte. Statt den konsequenten Ansatz zu verfolgen, die Förderung für alle Wärmeerzeuger durch konkrete Vorgaben in der Energieeinsparungsverordnung (EnEV) zu verankern, um die einzelnen Systeme wirtschaftlich gegeneinander antreten zu lassen, verteilt sie wieder unnötig viele Subventionen.
Sicherlich ist die Solarthermie erst am Rande ihrer Konkurrenzfähigkeit angekommen. Doch eine klare Vorgabe in der EnEV, die alte ineffiziente Wärmeerzeuger aus den Gebäuden verbannt, wäre als flankierende Maßnahme sicherlich wirkungsvoller gewesen, als die Förderung zu erhöhen.
Fossile nur für den Winter
Vor allem für die Einbindung der Solarthermie in Nahwärmenetze fehlt in der Vorstellung der Bundesregierung völlig. Dabei könnte sie gerade dort ihre Stärken ausspielen, da der Erzeugung auch ein Verbrauch gegenübersteht – ein Problem, mit dem Einfamlienhausbesitzer immer wieder zu kämpfen haben, wenn sie sich für die Solarthermie entscheiden.
Statt dessen setzt sie weiterhin auf die Kraft-Wärme-Kopplung. Mit Blick darauf, dass dadurch die dreckigen Kohlekraftwerke durch moderne KWK-Anlagen ersetzt werden können, ist dies zwar richtig. Denn damit vermiedet die Bundesregierung, dass Strom und Wärme getrennt produziert werden müssen. Zudem hat sie so Kapazitäten, die einspringen, wenn die Erzeugung aus Photovoltaik und Windkraft nicht ausreichen, um die Versorgung zu übernehmen. Zumindest sollte das Ziel der Energiewende sein, dass Sonne und Wind die hauptsächlichen Energieträger werden. Der Haken an der Sache ist nur: Ein Großteil der KWK-Anlagen wird mit fossilen Brennstoffen betrieben. Biogas hat hier nur einen kleinen Anteil. Deshalb fordert der BSW-Solar auch, dass die Förderung der fossil betriebenen KWK-Anlagen zumindest in den Sommermonaten ausgesetzt wird, damit die solarthermischen Anlagen auch im Segment der Nahwärme eine Chance haben. „Andernfalls würde die notwendige Umstellung der Fernwärmeversorgung auf Solarenergie weiterhin blockiert, obwohl diese inzwischen wettbewerbsfähig und für den Erfolg der Energiewende dringend geboten ist“, betonen die Vertreter der Solarbranche. „Es wäre geradezu absurd, wenn der inzwischen weitgehend wettbewerbsfähigen Solarwärme durch eine erhöhte Subventionierung fossiler Energie der Marktzugang verbaut wird“, kritisiert Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar.
Längst ist es keine Neuigkeit mehr, dass ein Großteil des Problems der volatilen Stromerzeugung aus Wind und Sonne mit der Umwandlung in Wärme preiswert gelöst werden kann. So ist es durchaus praktikabel, dass in stürmischen Herbst und Winterzeiten mit dem überschüssigen Strom effiziente Wärmepumpen Heizenergie erzeugen. Im Sommer hingegen könnten solarthermische Anlagen Wärme viel billiger bereitstellen als KWK-Anlagen. Eine Kombination aus diesen beiden Erzeugungstechnologien würde einige Probleme lösen. Zum einen müssten keine regenerativen Stromerzeuger mehr abgeregelt werden. Zum anderen würde Wärme konsequent mit erneuerbaren Energien produziert.
Solarthermie kommt unter die Räder
Längst gibt es Konzepte, wie dies funktioniert. Einige Stadtwerke haben schon damit angefangen, sie umzusetzen und können ihren Kunden so Nahwärme konkurrenzlos billig anbieten. Doch mit der Rückkehr zu fossil betriebenen KWK-Anlagen wird die Bundesregierung kaum erreichen, dass mehr Energieversorger über solche Konzepte überhaupt nachdenken. Denn so lange die KWK-Anlagen üppig gefördert werden, bleiben sie auch wirtschaftlich interessant, zumal die Energieversorger damit reichlich Erfahrungen haben. Ungeförderte solarthermische Nahwärmekonzepte kommen dabei unter die Räder.
Die Energiewende bleibt zudem so auf die Besitzer von Einfamilienhäusern beschränkt. Zwar hat die neue Förderung der Solarthermie auch die Prozesswärme im Blick. Doch der größte Teil des Wärmebedarfs fällt als Heizenergie im Winter an. Bewohner von Mehrfamilienhäusern bleiben damit nicht nur von der Energiewende im Strom-, sondern auch im Wärmesektor ausgeschlossen. Sie werden weiterhin größtenteils mit fossil befeuerten Anlagen versorgt.
Solarthermie am Leben erhalten
Um eine solche Herausforderung anzugehen, bräuchte die Bundesregierung allerdings eine konsequente Strategie, die die Energiewende als Ganzes im Blick hat. Schneller Ausbau von Photovoltaik, und Windkraft an Land kombiniert mit dem Ausbau von Speichertechnologien – sowohl für Strom als auch für Wärme – und viele Probleme wären gelöst. Statt dessen ist man in Berlin stolz darauf, dass der Photovoltaikmarkt im vergangenen Jahr auf ein Siebtel seiner bisherigen Größe zusammengeschrumpft ist. Wenn KWK-Anlagen, dann doch zumindest mit Biogas betrieben. Doch statt die Förderung der KWK mit dem Ausbau der Biogasproduktion zu flankieren, ist der Zubau an Biogasanlagen nach der EEG-Novelle im vergangenen Jahr komplett zusammengebrochen.
Statt die Energiewende in allen Bereichen konsequent voranzutreiben, versucht Berlin mit Flickwerk die Interessen der alten Energiewirtschaft nicht zu schnell anzutasten. Die erneuerbare Wärme wird mit Brosamen am Leben erhalten, bis die Energieversorger endlich auch auf Konzepte eingehen, die Wärmeversorgung auch den erneuerbaren Energien zu überlassen. Berlin wird so den Riesen Solarthermie kaum wirklich aufwecken können. (Sven Ullrich)