Der riesige Zubau von 53 Gigawatt in China verleiht der weltweiten Solarindustrie einen kräftigen Schub – zumindest was die reinen Zahlen betreffen. Im vergangenen Jahr wurden weltweit 160,8 Milliarden US-Dollar in neue Photovoltaikanlagen investiert. Das sind 18 Prozent mehr als noch im Jahr 2016. Davon entfielen mit 86,5 Milliarden mehr als die Hälfte der Investitionen auf das Reich der Mitte. Das ist nicht verwunderlich. Denn immerhin wurde mehr als die Hälfte der neuen Solarstromleistung auch dort errichtet. Das ist das Ergebnis einer Marktanalyse von Bloomberg New Energy Finance (BNEF).
Als einen weiteren wichtigen Grund für die gestiegenen Investitionen nennen die Analysten vor allem die gesunkenen Kosten für Solaranlagen. So seien die Preise für große Solarparks durchschnittlich um 25 Prozent gesunken, wie Jon Moor, Chefanalyst von BNEF erklärt. „Das Jahr 2017 ist insgesamt eines der entscheidenden Jahre, wenn man die Kapitalkosten der führenden Technologie betrachtet“, sagt er mit Blick auf diese Preisentwicklung.
China mit veritablem Aufdachmarkt
Das gilt auch für China. Denn auch wirkt nicht nur die staatliche Unterstützung, mit der Peking den Ausbau der Photovoltaik vorantreibt, sondern auch die weiter gefallenen Kosten. Dies habe dafür gesorgt, dass im vergangenen Jahr zu den geplanten Solarparks auch größere Aufdachprojekte entwickelt wurden, weiß Justin Wu, bei BNEF für den Raum Asien-Pazifik zuständig. Auch gewerbliche Anlage für größerer Industrieparks und andere dezentrale Anlagen wurden im Jahr 2017 in China errichtet – eine Entwicklung, die vorher niemand vorhergesehen hat. Dadurch wurden im Reich der Mitte 20 Gigawatt mehr Leistung errichtet als vorher prognostiziert. „Diese Systeme sind aber durch die Quote begrenzt, die von der Regierung vorgegeben wird“, sagt Justin Wu mit Blick auf die dezentralen Anlagen, die gebaut wurden. „Große Energieverbraucher in China installieren aber inzwischen immer öfter Solarmodule, um ihren eigenen Stromkonsum abzudecken, und das sogar mit einem Minimum an Förderung.
Indien lässt Federn
Außerhalb von China sieht die Photovoltaikwelt allerdings etwas durchwachsener aus. Denn in Indien – einem der großen Hoffnungsmärkte vor allem für europäische und amerikanische Projektierer und Komponentenhersteller – gingen die Investitionen in Ökostromanlagen im Vergleich zu 2016 um 20 Prozent auf elf Milliarden Dollar zurück. Hier sind allerdings die kompletten Investitionen in erneuerbare Energien eingerechnet – also auch in die Windkraft, in Bioenergie- und kleine Wasserkraftanlagen und in die Geothermie. Auch der türkische Markt für Ökostromanlagen musste Federn lassen. Vor allem wegen der Unsicherheiten aufgrund der dortigen politischen Situation sanken die Investitionen im Jahr 2017 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um acht Prozent auf 2,3 Milliarden Dollar. Auch in europäischen Ländern wie Norwegen und die Schweiz sanken die Investitionen in Ökostromanlagen.
Brasilien wird zum drittgrößten Markt
Brasilien entpuppt sich immer mehr als Ökostrommarkt der Zukunft. So wurden im vergangenen Jahr zehn Prozent mehr in den Ausbau der Versorgung mit erneuerbaren Energien investiert als noch ein Jahr zuvor. Inzwischen ist das südamerikanische Land mit einer Investitionssumme von 6,2 Milliarden Dollar der drittgrößte Markt für Photovoltaik-, Windkraft- und Bioenergieanlagen – nach China und Indien und gefolgt von Frankreich mit einer Gesamtinvestition von fünf Milliarden Dollar in die erneuerbare Stromerzeugung sowie Schweden. Das skandinavisch Land steckte immerhin vier Milliarden Dollar in die Energiewende – ein Plus von 109 Prozent. Erstaunlich ist auch die Investitionsbereitschaft der Niederländer. In dem Land wurden Ökostromanlagen mit einer Gesamtsumme von 3,5 Milliarden Dollar errichtet. Das sind 30 Prozent mehr als noch 2016. In Deutschland hingegen gingen die Investitionen so weit zurück, dass das Land inzwischen gar nicht mehr in der Liste der Länder auftaucht, die mehr als eine Milliarde Dollar in die Energiewende investiert haben.
Photovoltaik liegt vor Windkraft
Insgesamt liegt die Photovoltaik gemessen an den Investitionssummen im Vergleich zu den anderen Technologien vorn. Denn im Jahr 2017 wurden 333,5 Milliarden in den Ausbau der erneuerbaren Stromversorgung investiert. Das sind immerhin drei Prozent mehr als noch 2016 und die zweithöchste Investitionssumme überhaupt. Nur 2015 wurde noch mehr Geld in den Ausbau der erneuerbaren Stromversorgung gesteckt.
Mit den 160,8 Milliarden Dollar entfielen dabei 48 Prozent auf die Solarenergie. Die Photovoltaik hat inzwischen die Windbranche überholt – zumindest was die Investitionen in Neuanlagen angeht. In die Windenergie wurden im letzten Jahr aber immer noch 107,2 Milliarden Dollar investiert. Allerdings ist das ein Rückgang um zwölf Prozent. Das liegt allerdings nicht zuletzt daran, dass die Windparks immer größer und damit die Investitionssummen pro Megawatt Anlagenleistung immer geringer werden. So wurden im vergangene Jahr mit dem Oklahoma Wind Catcher Projekt von American Electric Power mit einer Gesamtleistung von zwei Gigawatt oder dem 1,4-Gigawatt-Projekt Hornsea vor der britischen Küste zwei der größten Investments in die Windkraft getätigt, die die Branche jemals gesehen hat. (Sven Ullrich)