Wer billig kauft, kauft zweimal. Diese Weisheit gilt in abgewandelter Form auch für die Baubranche. Auch sie wird in Zukunft nicht so weitermachen können wie bisher. Die Rufe nach Aufweichung von Nachhaltigkeitsstandards führen in die Kostenfalle und dazu, dass Gebäude schon bei der Inbetriebnahme technologische und wirtschaftliche Sanierungsfälle sind.
Bauträger denken nur bis zum Einzug der Nutzer. Die eigentlichen Kosten fallen aber beim Betrieb des Gebäudes an. „Gebäude sind nicht fertiggestellt, wenn sie gebaut sind“, weiß Dan Schürch. Der Züricher Architekt hat im Gebiet Lacheren im schweizerischen Schlieren zwei Neubauten errichtet, die auf Langlebigkeit konzipiert und energetisch auf dem neusten Stand sind.
Schon die Form der Gebäude zeigt, dass es hier nicht um eine egoistische Wohnbebauung geht. Dan Schürch hat sie perfekt in das bestehende Bauumfeld eingepasst. Ganz uneigennützig ist das aber auch nicht. Denn so bekommen die Solarfassaden, in die die beiden Gebäude eingehüllt sind, mehr Sonnenlicht ab.
Dan Schürch hat sich dabei für eine besonders ästhetische Variante entschieden. Die Solarmodule sind hinter golden eingefärbten Gläsern versteckt, sodass die eigentliche Technologie unsichtbar wird. Auf diese Weise ist zwar kein Billighaus entstanden. Aber es schafft einen hohen Autarkiegrad, indem der produzierte Sonnenstrom zu einen großen Teil vor Ort genutzt wird. Überschüssige Energie wird in Form von Warmwasser gespeichert, sodass die Autarkie steigt und die Betriebskosten sinken.
Dies ist nur ein Projekt, das zeigt, wie die Kosten für Wohn- und Gewerberäume auch mit modernen Konzepten und Solarenergie sinken. Denn die konsequente Solarisierung von Gebäuden sichert gegen weiter steigende Energiekosten ab. Dies ist aber nur mit einem neuen Blick auf das Gebäude möglich, der den Betrieb und sogar den Rückbau einbezieht.
Digital geplant
Wie so etwas geht, hat Schüco gemeinsam mit Drees & Sommer gezeigt. Der neue Firmensitz des Bau- und Immobilienberaters in Stuttgart ist konsequent auf Kreislaufwirtschaft und effizienten Betrieb ausgerichtet.
Die digitale Planung ermöglichte zudem einen hohen Vorfertigungsgrad der modularen Fassade und eine zeit- und kostensparende Modulfertigung in Serie. Dadurch konnte die gesamte Fassade inklusive der Solarelemente trotz ihrer technischen Komplexität in nur 2,5 Wochen montiert werden. Das Gebäude lag mit zwei Jahren Bauzeit und 22 Millionen Euro im Zeit- und Kostenrahmen.
Nischenthema nimmt Fahrt auf
Im Betrieb wird das Gebäude sehr effizient sein. Die Fassade kombiniert eine hochwertige Wärmedämmung mit Schallschutz. Die Süd- und Westseiten des Gebäudes sind mit Solarfassaden umgesetzt. Hier haben die Projektpartner sowohl transparente Dreifach-Isoliergläser verwendet, die mit monokristallinen Solarzellen bestückt sind, als auch opake Solarmodule vor die Hauptfassade gesetzt. Die Module sind ebenfalls mit monokristallinen Solarzellen bestückt und mit einem speziellen Deckglas versehen. Die außergewöhnliche Oberflächenstruktur reduziert die Reflexion und steigert den Solarertrag teilweise um bis zu drei Prozent.
Die 700 Quadratmeter Modulfläche in der Gebäudehülle produzieren jedes Jahr etwa 70 Megawattstunden Strom. Das sind etwa 40 Prozent des gesamten Solarertrags. Den Rest liefern Module, die zusätzlich auf dem Dach montiert sind. Denn das gesamte Gebäude ist ein Plusenergiehaus, das im Betrieb mehr Energie erzeugt, als verbraucht wird.
Vor allem im Gewerbe werden solche Lösungen wichtiger. Denn nur so können Unternehmen ihre selbst gesteckten Klimaziele erreichen. Durch ein Umdenken von Bauherren und neue politische Vorgaben nehme das bisherige Nischenthema bauwerkintegrierte Photovoltaik (BIPV) derzeit enorm an Fahrt auf, wie Marco Schech, leitender Projektingenieur für BIPV bei Schüco, berichtet. Auch bei Planern werde BIPV immer beliebter, weil sie heutzutage interessante Designeffekte ermögliche und Architekten in ihrer Kreativität nicht einschränke.
Spezialmodule von Sunovation eingesetzt
Selbst die öffentliche Hand geht beim Thema ästhetische und energieeffiziente Gebäude voran, wie ein neues Bürogebäude des Landes Hessen in Wiesbaden zeigt. Das Haus ist ein Plusenergiegebäude. Dies wurde mit der vorgehängten Solarfassade erreicht, die aus vollflächig farbigen Solarmodulen von Sunovation besteht. Sie sorgen mit einer solaraktiven Fläche von 821 Quadratmetern nicht nur für ausreichend Energie für den Betrieb des Gebäudes, sondern auch für ein ästhetisches Gesamtbild.
Um der Optik des Gebäudeentwurfs gerecht zu werden, greifen die Module die Rasterung der Fensterelemente auf. Sunovation hat dafür 347 Paneele in acht verschiedenen Größen gefertigt. Das kann das Unternehmen auf Basis des speziellen SCET-Produktionsverfahren einfach realisieren. Dabei werden die Module nicht laminiert, sondern mittels eines speziellen Silikonvergussverfahrens hergestellt. Ein weiteres wichtiges Argument für den Einsatz von E-Form-Modulen von Sunovation waren die hohen Brandschutzanforderungen, die das Gebäude nur erfüllen konnte, weil zwischen den Modulgläsern keine Folien liegen. (NW)