Eine Eigenschaft der Photovoltaik ist, dass sie nur dann Strom produziert, wenn die Sonne scheint. Grob überschlagen gilt die Formel: Je mehr Sonnenschein auf das Solarmodul trifft, desto mehr Strom produziert es. Das bedeutet, dass die Sonnenstromerzeugung von den Einstrahlungswerten abhängt. Diese zu prognostizieren, ist eine große Herausforderung. Schließlich müssen die Vermarkter des Solarstroms für ihren Bilanzkreis wissen, wann wie viel Photovoltaikstrom durch die von ihnen vermarkteten Anlagen produziert wird. Diese Werte sind aber auch für die Netzbetreiber und Stadtwerke von entscheidender Relevanz. Denn damit wird nicht nur die direkte Stromvermarktung, sondern auch der Netzbetrieb einfacher.
Leistungswerte simulieren
Dies ist der Ansatz für das Projekt PV-Live des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme (ISE) und des Netzbetreibers Transnet BW. Die Freiburger Forscher wollen nicht nur die Qualität der Einstrahlungsdaten verbessern, sondern diese auch nahezu in Echtzeit zur Verfügung stellen. Dazu haben sie eine Messstation entwickelt, die die Strahlung auf geneigten Flächen für die Simulation von Leistungswerten der Photovoltaikanlagen entwickelt. Herzstücke dieser Messstation sind drei unterschiedlich ausgerichtete Silizumsolarzellen, die die Globalstrahlung auf der Horizontalen messen. Gleichzeitig ermittelt das Messsystem die Temperatur. Denn diese ist vor allem für kristalline Siliziummodule wichtig. Schließlich sinkt die Leistung der Module je höher die Umgebungstemperatur der Solarzellen ist.
40 Messstationen aufgebaut
Insgesamt 40 dieser Messstationen hat der Übertragungsnetzbetreiber Transnet BW in seiner Regelzone in Baden-Württemberg jeweils in einem Abstand von 15 bis 35 Kilometern zueinander installiert. Die Stationen stehen bei Projektpartnern und Unternehmen, aber auch Stadtwerken von baden-württembergischen Städten. Die Messstationen senden die Strahlungs- und die Temperaturwerte in Echtzeit im Minutentakt an die Forscher des Fraunhofer ISE nach Freiburg. Dort werden die Daten einer automatisierten Qualitätskontrolle unterzogen und in Photovoltaikleistung umgerechnet. Die automatisierte Echtzeitdatenverarbeitung und die Qualitätskontrolle wurden gemeinsam mit Mondas, einer Ausgründung des Fraunhofer ISE, entwickelt.
Hochaufgelöstes Bild der Solarstromproduktion
Diese errechnete Leistung stellen die Freiburger Forscher wiederum Transnet BW zur Verfügung. Die Daten werden mit satellitenbasierten Einstrahlungswerten kombiniert. So bekommen die Projektpartner ein räumlich und zeitlich hochaufgelöstes Bild der aktuellen Sonnenstromproduktion. Daraus kann wiederum die Einspeisung von Solarstrom ins Stromnetz errechnet werden. „Das neuartige Konzept für die Messstationen und die Datenerfassung wurde in enger Kooperation von Fraunhofer ISE und TransnetBW gemeinsam erstellt“, sagt Florian Dinger, Referent Sonderaufgaben Algorithmen und Prognosen bei Transnet BW. „Wir sehen die Kooperation von Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft als wichtige Stütze der Energiewende. Dementsprechend stellen wir den neuen hochaufgelösten Datensatz der öffentlichen Forschung der solaren Energiemeteorologie zur Verfügung.“
Messdaten für die weitere Forschung und Entwicklung
Die ersten Datensätze mit der seit September 2020 minütlich erfassten Globalstrahlung und Temperatur haben die Projektpartner deshalb jetzt veröffentlicht. Vorher haben die Einstrahlungs- und Temperaturdaten ein Qualitätskontrollschema mit speziell für diesen Datensatz angepassten Algorithmen durchlaufen. Die Datensätze stehen für die Nutzung durch Wissenschaftler und andere Interessierte zur Verfügung. Zudem liefern die Messstationen weiterhin Einstrahlungs- und Temperaturdaten, die – vorher geprüft – als monatliche Updates veröffentlicht werden. „Damit steht der Forschung der solaren Energiemeteorologie erstmals ein zeitlich hochaufgelöster Messdatensatz der solaren Einstrahlung zur Verfügung, der den ganzen Raum Baden-Württemberg abdeckt. Dieser erlaubt Untersuchungen zu räumlichen und zeitlichen Fluktuationen und Glättungseffekten, die für die Einspeisung von Solarstrom in die Stromnetze sehr wichtig sind“, beschreibt Elke Lorenz Gruppenleiterin Energiemeteorologie am Fraunhofer ISE, den Nutzen für die Solarbranche.
Solarstrahlung dreidimensional gemessen
Außerdem sind die Datensätze im Vergleich zu bisherigen Messungen besser. Denn die Sensoren messen die Solarstrahlung mit verschieden ausgerichteten Sensoren. Die bisherigen meteorologische Messnetze haben die Sonneneinstrahlung üblicherweise in der Horizontalen gemessen. Dadurch erfassen die neuen Messsysteme des Fraunhofer ISE die Solarstrahlung so, wie sie in der Praxis auf Solarmodule auftrifft, die auf Dächern oder in Freiflächenanlagen installiert sind. „Dies ist zum Beispiel relevant für die Entwicklung und Validierung von Modellen für die Strahlung auf Ebene des Solarmoduls“, erklären die Freiburger Forscher. Sie finden die ersten Datensätze zum kostenlosen Download auf der Plattform von Zenodo, einem Onlinespeicherdienst unter anderem für wissenschaftliche Daten.
Behalten Sie die Weiterentwicklung von Lösungen und Technologien für die Sonnenenergienutzung im Blick. Abonnieren Sie dazu einfach unseren kostenlosen Newsletter! Hier geht‘s zur Anmeldung.