Photovoltaik in Hochlagen an Berghängen, das könnte ein Erfolgsmodell sein. Hohe Lichtintensität, geneigte Flächen, die Lichtausbeute ist höher als im Flachland. Studien zeigen, dass solche Anlagen gut geeignet sind, die Versorgungslücke beim Strom in der Wintersaison zu schließen. Einige Anlagen stehen bereits in den Alpen, beispielsweise Europas höchstes Solarkraftwerk auf fast 3.000 Metern am Pitztalgletscher in Österreich. Zudem reflektiert im Winter der Schnee das Sonnenlicht, was zusätzliche Stromerträge generiert.
Genau dieser Schnee stellt allerdings auch eine Gefahr für die Anlagen dar. Die haben Projektierer bei den ersten Projekten in Bergregionen häufig unterschätzt, mittlerweile sind sie sich des Problems allerdings bewusst und greifen auf die Expertise des Institut für Schnee- und Lawinenforschung SLF in Davos Dorf, Schweiz, zurück, weiß Stefan Margreth, Leiter der Forschungsgruppe Schutzmassnahmen am SLF: „Drei Faktoren bedrohen die Kraftwerke in exponierten Lagen, erhöhte Windlasten, Schneedruck und Lawinen.“ Gemeinsam mit seinem Team analysiert er mit Hilfe von Simulationsmodellen wie Ramms die Gefahren und ermittelt mögliche Kräfte, die auf die Anlage wirken könnten. Unerlässlich ist ein Besuch vor Ort. Nur so erkennen die Forschenden Details wie Mulden, in denen Triebschneeansammlungen entstehen, oder Unterschiede in der Geländerauigkeit. „Jeder Meter zählt“, sagt Margreth. Er identifiziert Anrissgebiete von Lawinen, betrachtet die Schneehöhen der vergangenen Jahre und berechnet Schneedruckkräfte. Das SLF erstellt mit Hilfe von Drohnen Schneehöhenkarten für die Projektperimeter. Die Ergebnisse unterscheiden sich stark. „Mal bestehen keine Gefahren, mal bleiben ein paar wenige Prozent der ursprünglichen Fläche als unbedenkliches Areal übrig“, erklärt der Ingenieur.
Margreth und sein Team analysieren aber nicht nur die Gefahren, sie liefern auch mögliche Lösungsansätze. „Gegen Lawinen hilft schon, nicht auf oder unter Flächen zu planen, die steiler als 30 Grad sind“, empfiehlt der Wissenschaftler. Beträgt die Hangneigung weniger als 30 Grad, ist es unwahrscheinlich, dass Lawinen anbrechen. Schneedruck hingegen entsteht auch in flacherem Gelände bis zu einer Neigung von rund 20 Grad, wenn die Schneedecke langsam in Talrichtung gleitet. Das ist vergleichbar mit einer Schneebrettlawine, die sehr langsam abrutscht, beschreibt Margreth den Effekt: „Dadurch steigen die Kräfte auf die Unterkonstruktion, die aber oft nur auf Wind ausgelegt ist, nicht aber auf Schneedruck.“ Durch den Schnee wirken zusätzliche Kräfte auf die Stützen. Eine Lösung ist, Stützen und Fundamente zu verstärken.
Ebenfalls wichtig ist, die Distanz zwischen Boden und Photovoltaikmodulen richtig zu wählen. „Wird der Abstand zu klein gewählt, reduziert sich zwar die Windlast, das Modul kann aber eingeschneit und mit Schneedruck belastet werden“, erläutert Margreth. (nw)