Der Austausch von Solarstrom zwischen einzelnen Gebäuden in der gleichen Region oder im gleichen Quartier wird immer noch durch riesige Hürden verhindert. Der Bundesverband Energiespeicher Systeme (BVES) und der Open District Hub (ODH) haben deshalb gemeinsames Positionspapier veröffentlicht, das konkrete Vorschläge zur wirtschaftlichen und machbaren Umsetzung dieses sogenannten Energy Sharings in Deutschland enthält.
Die geplante Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) sei ein entscheidender Schritt in die richtige Richtung. Doch dieser reiche nicht aus, betonen die Vertreter der beiden Verbände. „Wenn erneuerbare Energie vor Ort erzeugt und genutzt wird, sollte sie auch geteilt werden können“, fordern sie in ihrem Positionspapier. Dies würde deutlich die Kosten für die Endverbraucher senken und für mehr Akzeptanz der Energiewende sorgen. Außerdem könnte dann der erzeugte Sonnenstrom effizienter genutzt werden.
Energie unkompliziert austauschen
Deshalb fordern die Verbände, dass ein unkomplizierter, lokaler Austausch von Energie möglich sein sollte. Mehrere Akteure – egal ob Haushalte, Unternehmen, ganze Quartiere oder darüber hinaus– sollten in der Lage sein, Energie flexibel zu erzeugen, zu speichern und zu teilen. Dazu sind standardisierte und einfache Abrechnungs- und Marktkommunikationsprozesse notwendig.
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Keine Größenbegrenzung einführen
Außerdem sollten alle Erzeuger und Einspeiser von Solarstrom, Vermarkter, Direktvermarkter und Energiespeicheranlagen an solchen Energy-Sharing-Projekten teilnehmen können. Die Anzahl der Teilnehmer sollte grundsätzlich unbegrenzt sein, um wirtschaftliche Vorteile zu realisieren. Die Verbände fordern außerdem eine zentrale Koordinierungsstelle ähnlich, wie sie diese schon in Österreich gibt. Diese soll Energy-Sharing-Projekte beratend unterstützen, so dass diese reibungslos starten und betrieben werden können. Schließlich würde besonders am Anfang werden viele Fragen von den beteiligten Akteuren geklärt werden müssen, sind sich die Verbandsvertreter sicher.
Energiewende dezentral denken
Sie verweisen auf die Bedeutung der Flexibilität für das künftige Stromsystem, in dem Energiespeicher, bidirektionales Laden und elektrische Heizungssysteme eine besondere Rolle spielen. „Die Energiewende muss endlich von dort gedacht werden, wo sie passiert – dezentral und vom Prosumer her“, betont Urban Windelen, Geschäftsführer des BVES. „Die Integration von Speichern und flexiblen Anlagen in die Konzepte für Energiegemeinschaften und Energy Sharing ist entscheidend. Sie optimieren nicht nur die Nutzung von Erzeugungskapazitäten dort, wo sie entstehen, sondern bieten auch Systemdienstleistungen, die eine zuverlässige Versorgung der Energiegemeinschaft und die Stabilität des Netzes gewährleisten. Diese Aspekte müssen nun endlich gesetzlich so verankert werden, dass Energy Sharing auch praktikabel ist und nicht nur eine Worthülse bleibt.“
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Nur ein erster Schritt in die richtige Richtung
Windelen kritisiert, dass es derzeit an passenden Rahmenbedingungen für Energy Sharing in Deutschland mangelt. Bestehende Konzepte für Energiegenossenschaften, Mieterstrom und gemeinschaftliche Gebäudeversorgung seien nicht ausreichend. Zwar soll das Konzept jetzt als § 42c in das EnWG aufgenommen werden. Durch direkte Verträge zwischen Erzeuger und Verbraucher wird eine einfachere Abwicklung für kleinere Energy-Sharing-Gemeinschaften möglich. Zudem gelten vereinfachte Lieferantenpflichten, und es besteht keine Verpflichtung zur Vollversorgung. Nicht zuletzt haben die Teilnehmenden die Möglichkeit, ihre Verpflichtungen bezüglich des Energy Sharing an einen Organisator zu übertragen.
Grünes Licht fürs Energy Sharing
Doch bleiben noch einige Fragen offen. So ist die Teilnahme mit Energiespeicheranlagen unzureichend geregelt. Sie solle nur möglich sein, wenn der Speicher ausschließlich mit erneuerbaren Energien aufgeladen wird. Dies schränke jedoch die Nutzung des vollen Potenzials der Speicher ein. Zumal dieses Ausschließlichkeitsprinzip für Speicher am Netz gerade abgeschafft werden soll.
Bilanzkreis ist ein wirtschaftliches Risiko
Zudem müssen die Teilnehmer und der Organisator der Energie-Sharing-Gemeinschaft einen Bilanzkreis führen. Diese Pflicht berge wirtschaftliche Risiken und stelle ein Hemmnis für die Verbreitung des Energy Sharing-Konzepts dar. Zudem seien im Entwurf keine Änderungen der Abgaben-, Umlagen- und Steuerbelastung in Verbindung mit der Teilnahme am Energy Sharing vorgesehen, kritisieren die Verbandsvertreter.
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Energy Sharing muss im Wettbewerb bestehen können
Ohne Anpassungen dieser Rahmenbedingungen werde Energy Sharing im Wettbewerb mit bestehenden Vermarktungs- und Versorgungsmöglichkeiten kaum bestehen können. „Lokal erzeugte, erneuerbare Energie muss möglichst auch lokal ausgetauscht und verbraucht werden“, betont Frank Brachvogel, Geschäftsführer des ODH. „Energy Sharing ist eine wichtige Grundlage für die niedrigschwellige Umsetzung der Sektorenkopplung von Strom, Wärme und Mobilität in Quartieren. Mit Energy Sharing können viele neue Akteure wie zum Beispiel Immobilieneigentümer und Privatpersonen die Energiewende vor Ort vorantreiben und davon profitieren. Es ist Zeit für den Gesetzgeber, die bislang fehlenden Rahmenbedingungen für Energy Sharing in Deutschland zu schaffen“, fordert Frank Brachvogel.
Das gesamte Positionspapier von BVES und ODH finden Sie auf der Webseite des Energiespeicherverbandes zum Download. (su)