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Bundesregierung verabschiedet das Solarpaket 1: Was soll sich ändern?

Die Bundesregierung hat das erste von zwei Solarpaketen beschlossen, die den Ausbau der Photovoltaik in Deutschland beschleunigen sollen. Im Mittelpunkt stehen dabei die Förderung von innovativen Solaranlagen, der Abbau bürokratischer, wirtschaftlicher und technologischer Hürden und die Stärkung der Bürgerbeteiligung.

Eigene Ausschreibung für Agri-PV, Solarparkplätze und Co.

So sieht das Solarpaket ein eigenes Untersegment für innovative Solaranlagen wie Agri-PV, schwimmende Solargeneratoren, Photovoltaikanlagen auf Moorgebieten oder solare Parkplatzüberdachungen in den Freiflächenausschreibungen vor. Diese Anlagen werden in Zukunft nicht mehr mit den herkömmlichen Solarparks um die Marktprämie konkurrieren müssen. Die Ausschreibungen für diese besonderen Solaranlagen sollen schrittweise auf drei Gigawatt pro Jahr erhöht werden. Da dies ein Untersegment der Freiflächenausschreibungen ist, wird das Auktionsvolumen für normale Solarparks entsprechend verringert.

Außerdem will die Bundesregierung eine eigene Förderung von Biodiversitäts-PV einführen. Auch Agri-PV-Anlagen die nachweislich den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln verringern, sollen einen Förderbonus bekommen. Voraussetzung ist hier eine lichte Höhe der Anlage von mindestens 2,10 Metern.

Landwirtschaftsflächen besser nutzen

Zudem soll die Flächenkulisse erweitert werden. So sollen in Zukunft grundsätzlich Projekte an den Ausschreibungen teilnehmen dürfen, die auf benachteiligten landwirtschaftlichen Flächen entstehen. Die Bundesländer erhalten hier aber die Möglichkeit, dies einzuschränken, vor allem wenn im jeweiligen Land schon mehr als ein Prozent der landwirtschaftlichen Fläche für die Photovoltaik genutzt wird. Die Obergrenze der Solaranlagen auf Landwirtschaftsflächen soll bis 2030 bei 80 Gigawatt liegen. Außerdem wird im EEG klargestellt, dass mindestens die Hälfte der zugebauten Leistung bis dahin auf Dächern oder Lärmschutzwänden errichtet werden muss.

Schneller ans Netz anschließen

Um den Netzanschluss zu beschleunigen, sollen Besitzer von benachbarten Grundstücken die Verlegung von Leitungen nicht mehr behindern können. Zwar müssen mit dem Grundstückseigentümer Gestattungsverträge ausgehandelt werden, aber es wird ein Recht zur Verlegung der Leitungen eingeführt.

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Auch der Netzanschluss von kleinen solaren Dachanlagen soll vereinfacht werden. So wird der bestehende vereinfachte Netzanschluss von bisher 10,8 auf 30 Kilowatt Anlagenleistung angehoben. Das heißt, bis zu dieser Leistung dürfen die Anlagen angeschlossen werden, wenn der Netzbetreiber auf den Antrag des Anschlusses nicht innerhalb einer vorgegebene Frist reagiert.

Direktvermarktung gelockert

Für kleinere Anlagen bis 25 Kilowatt wird es weitere Erleichterungen bei der freiwilligen Direktvermarktung geben. Hier sollen nicht mehr grundsätzlich Systeme zur Anlagensteuerung eingebaut werden müssen. Dies kann allerdings im Vertrag zwischen Direktvermarkter und Anlagenbetreiber weiterhin geregelt werden. Für größere Anlagen ab 100 Kilowatt, die bisher verpflichtend in die Direktvermarktung müssen, sollen die Regelungen gelockert werden. Die ist vor allem für Betreiber von Eigenverbrauchsanlagen relevant, die bisher nur überschüssige Strommengen direkt vermarkten mussten. Diese Überschüsse können jetzt ohne Direktvermarktungsgebühren dem Netzbetreiber zur Verfügung gestellt werden. Allerdings bekommen die Anlagenbetreiber dann dafür auch keine Vergütung mehr.

Anlagenzertifikate erst ab 270 Kilowatt

Zudem müssen in Zukunft weniger Anlagen mittels aufwändigen Zertifikats nachweisen, dass sie den Vorgaben des jeweiligen Netzbetreibers entsprechen. Lag die Grenze zur Pflicht einer Anlagenzertifizierung bisher bei 135 Kilowatt, wird dies jetzt auf Anlagen mit mehr als 270 Kilowatt Einspeiseleistung oder mehr als 500 Kilowatt Anlagenleistung begrenzt. Unterhalb dieser grenze soll ein einfaches Einheitenzertifikat ausreichen.

Gemeinschaftliche Erzeugung auf dem Mehrfamilienhaus

Die Bundesregierung will aber auch den Bau von Anlagen in urbanen Regionen vereinfachen und die Bürger besser beteiligen. Dazu werden die Regelung für den Betrieb von Anlagen auf Mehrfamilienhäusern vereinfacht. Nach österreichischem Vorbild wird der Typ einer gemeinschaftlichen Erzeugungsanlage eingeführt. Damit können Wohnungseigentümer auf ihrem Hausdach zusammen eine Anlage betreiben, ohne dass einer von ihnen zum Stromversorger mit sämtlichen Pflichten wird.

Anlagenzusammenfassung nur noch am Netzanschluss

Da geraden in urbanen Regionen immer wieder Anlagen zusammengefasst wurden, die eigentlich gar nichts miteinander zu tun hatten, streicht die Bundesregierung die räumliche Komponente. In Zukunft werden nur noch Anlagen zusammengefasst, die am gleichen Netzanschluss hängen. Damit kann der Bau von Generatoren auf benachbarten Dächern schneller gehen und die jeweiligen Betreiber überschreiten nicht diverse Leistungsgrenzen, nur weil der Nachbar auf seinem Dach auch eine Solaranlage hat.

Mehr Mieterstrom soll möglich werden

Die neuen Regelungen zur Anlagenzusammenfassung werden auch Mieterstromprojekten zugute kommen. Dadurch werden unverhältnismäßige technische Anforderungen vermieden, die bisher vor allem in Quartieren eine echte Herausforderung für den Mieterstrom waren. Doch damit nicht genug. In Zukunft wird auch Mieterstrom in gewerblichen Gebäuden möglich sein – bisher war er auf Wohngebäude begrenzt. Zudem wird auch Strom aus Anlagen auf Nebengebäuden und Garagen als Mieterstrom gefördert, wenn er direkt im dazugehörigen Gebäude ohne Durchleitung durch ein Verteilnetz verbraucht wird.

Vereinfachungen für Balkonkraftwerke

Auch die Nutzung von Balkonkraftwerken soll vereinfacht werden. So wird die verpflichtende Anmeldung beim Netzbetreiber gestrichen. Sie müssen nur noch im Marktstammdatenregister eingetragen werden. Die Betreiber müssen in Zukunft auch nicht den Einbau von Zweirichtungszählern abwarten. So lange der Messstellenbetreiber einen solchen Zähler nicht eingebaut hat, soll sich der normale Zähler übergangsweise auch rückwärts drehen dürfen.

Lob aus der Solarbranche

In der Solarbranche stoßen die jetzt verabschiedeten Regelungen auf Zustimmung. So ist der Bundesverband Solarwirtschaft überzeugt, dass durch die Maßnahmen den Ausbau der Photovoltaik beschleunigen können. „Von der vorgesehenen Bürokratieabrüstung werden private und gewerbliche Photovoltaikinvestoren und der Klimaschutz gleichermaßen profitieren“, ist sich Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW Solar, sicher.

Vorschläge aus der Branche eingearbeitet

Schließlich greife das Paket viele Anregungen aus der Bürger- und Unternehmerschaft auf. „Für nahezu alle Photovoltaikmarktsegmente sind Vereinfachungen vorgesehen, vom kleinen Steckersolaranlagen bis zum großen Solarpark. Verfahren werden beschleunigt, der Zugang zu Stromnetzen, Förderangeboten und Solarparkstandorten wird erleichtert. Das ist ein erfreulich großer Schritt ins Solarzeitalter, der seit Jahren sehnsüchtig erwartet wurde“, betont der BSW-Chef.

Zubau im Gewerbesegment beschleunigen

Allerdings gibt es auch noch Verbesserungsvorschläge seitens des BSW Solar. Diese Nachbesserungen könnten im parlamentarischen Gesetzgebungsverfahren für das Solarpaket umgesetzt werden, das voraussichtlich im September 2023 stattfindet. Um die Photovoltaikausbauziele nicht nur in diesem Jahr, sondern auch in den nächsten Jahren zu erreichen, müsse der Zubau an Solaranlagen vor allem auch auf Gewerbebauten stärker beschleunigt werden, betont Körnig. „Hier wirken sich stark gestiegene Kapitalkosten bremsend auf die Nachfrage aus.“

Gestiegene Kosten berücksichtigen

Deshalb sollte der Gesetzgeber die gestiegenen Kapital- und Arbeitskosten künftig bei der Berechnung von Marktprämien mit einpreisen, schlägt der BSW vor. Denn andernfalls werde vor allem bei Gebäuden mit geringem Eigenverbrauchspotenzial an Solarstrom die Investitionsbereitschaft weiter hinter den Ausbauzielen zurückbleiben.

Local-Content Regelungen einführen

Der Branchenverband empfiehlt außerdem, mit Hilfe sogenannter Resilienzboni künftig in einem gewissen Umfang Photovoltaikanlagen aus europäischer Fertigung gezielt zu fördern. Solche sogenannten Local-Content Regelungen könnten die Standort- und Skalierungsnachteile im harten Wettbewerb mit Asien und Amerika ausgleichen und damit auch die Importabhängigkeit der deutschen Solarbranche verringern. Sie seien deshalb unverzichtbar, ist man sich beim Branchenverband sicher. Die europäische Gesetzgebung gäbe so eine Maßnahme her. Der BSW Solar verweist dazu auf das Ziel der Europäischen Kommission, im Rahmen des Net-Zero Industry Act künftig möglichst 40 Prozent des Bedarfs wichtiger Solarkomponenten aus europäischer Wertschöpfung zu beziehen.

Das Solarpaket 1 muss jetzt nach seiner Verabschiedung durch die das Gesetztespaket aber noch im Bundestag beraten und verabschiedet werden. Nach Planungen des Bundeswirtschaftsministeriums soll es spätestens zum Jahreswechsel in Kraft treten. Den kompletten Gesetzesvorschlag finden Sie auf der Webseite des Bundeswirtschaftsministeriums zum Download. (su)