Katharina Wolf
Bayern ist ein Bundesland, das sich gern an der Spitze von Ranglisten sieht. Beim Ausbau der Windenergie ist das allerdings nicht gelungen. Angesichts der restriktiven 10H-Abstandsregelung -Windenergieanlagen müssen einen Mindestabstand vom 10-fachen ihrer Höhe zu geschützten Wohngebäuden einhalten - ist der Ausbau fast zum Erliegen gekommen: Im ersten Halbjahr 2020 sind gerade mal fünf neue Windturbinen mit einer Leistung von 23 MW neu gebaut worden - Platz 9 unter den 16 Bundesländern.
Eine Hintertür für die Windenergie?
Ob diese Rangliste eine Grund gewesen für ein Projekt gewesen ist, das Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger jetzt an den Start gebracht hat? Sieben regionale Windkümmerer sollen künftig Kommunen, die trotz der 10-H-Regel Windparks bauen wollen, unterstützen. Denn die Regel erlaubt Ausnahmen: Gemeinden können mit eigenen Bebauungsplänen Flächen auch unterhalb 10H ausweisen. Die Windkümmerer - Energieagenturen, Beratungsunternehmen und ein Projektentwickler - sollen sie dabei unterstützen, vorhandene Flächenpotenziale zu heben, individuelle Wege zur Akzeptanzsteigerung zu erarbeiten und Konflikte zu moderieren.
Aiwanger, der sich in den Koalitionsverhandlungen seiner Freien Wähler nicht gegen die CSU und die 10H-Regel durchsetzen konnte, versucht jetzt offenbar den Ausbau der Windenergie quasi durch die Hintertür zu fördern: „Der Start der Windkümmerer ist ein weiterer wichtiger Schritt, mit dem wir in Bayern die Trendwende hin zu mehr Windenergie schaffen werden.“ Die landesweite Koordination der Windkümmerer wird die neu gegründete Landesagentur für Energie und Klimaschutz (LENK) übernehmen.
40 Kommenen wollen einen Windkümmerer
Interesse ist da: 40 Kommunen haben sich zum Start um einen Kümmerer beworben und werden künftig unterstützt. Darunter sind laut Wirtschaftsministerium sehr unterschiedliche Projekte. Beworben haben sich Kommunen, die ein Repowering-Vorhaben umsetzen wollen genauso wie Gemeinden, die auf Windenergie als Treiber der grünen Wasserstoffproduktion setzen. Zudem hätten sich zahlreiche Kommunen zur Realisierung der Windenergieanlagen zu interkommunalen Projekten zusammengetan. Ein Großteil der Kommunen wolle die mögliche Realisierung von Windenergieanlagen im Rahmen einer Bauleitplanung angehen. In diesem Verfahren würden alle Betroffenen intensiv miteinbezogen, alle Belange neutral geprüft und so die Berücksichtigung der Bevölkerung sichergestellt.
Hans-Josef Fell: „Kurios und geradezu lächerlich“
Nicht alle sehen die Pläne positiv. „Kurios und geradezu lächerlich“, nannte Hans-Josef Fell, Grünen-Politiker aus Bayern und erprobter Kämpfer für die Energiewende, die Windkümmerer bereits im Sommer. Das Einfachste und Naheliegendste sei doch, die 10H-Regel abzuschaffen, so Fell.
Im Koalitionsvertrag zwischen CSU und Freien Wählern ist sie indes festgeschrieben. Wie weit nun die Windkümmerer aus Bayern den Ausbau der Windenergie beschleunigen können und Bayern auch in dieser Rangliste auf einen oberen Platz befördern können, bleibt abzuwarten. Die meisten Projekte der Windkümmerer stehen noch am Anfang der Planung.
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