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Windkraft im Wald

Ländle-Forstverwaltung macht Flächen für Windkraft frei  

1.200 Hektar an neuen Planungsflächen hat der baden-württembergische Landwirtschaftsminister Peter Hauck nun für Gebote von Windparkprojektierungs-Unternehmen ausgeschrieben. Auf denen sollen nach Angaben des christdemokratischen Kabinettsmitglieds in der Regierung aus Grünen und CDU 39 moderne Windenergieanlagen schon bald ihren Platz finden. Der nun angekündigte Tender wird die dritte Tranche der 2021 begonnenen Ausschreibungen von Flächen in den Staatsforsten des südwestlichen Bundeslandes sein. Wenn die Zuschläge zur Flächenpacht in dieser nun dritten Ausschreibungsrunde erfolgt sein werden, wird Baden-Württemberg die ersten 3.900 Hektar ausgeschrieben und mögliche Standorte für 195 Windenergieanlagen damit zur Planung geöffnet haben. Insgesamt will die Regierung des ersten und einzigen deutschen Ministerpräsidenten mit einem Parteibuch von Bündnis 90/Die Grünen, Winfried Kretschmann, rund 500 Windenergieanlagen durch regelmäßige Ausschreibungen von Forstflächen für die Windkraft in den Staatsforsten unterbringen.

Die Hinwendung der Kretschmann-Administration zu den Wäldern ist Teil einer Offensive zum Ausbau von 1.000 neuen und modernen Windturbinen, die Grün-Schwarz im Koalitionsvertrag ihrer zweiten Legislaturperiode im vergangenen Jahr festgehalten hat. Das Land besitzt mit 300.000 Hektar eine enorme Forstfläche, die es durch ihre Forstverwaltungsgesellschaft Forst BW verwaltet – und nun zum Beispiel auch für Windkraftnutzung verpachtet. Knapp 64.000 Hektar dieser Fläche hat die Regierung als für Windkraft geeignet identifiziert, davon allerdings 40.000 Hektar als zunächst nur „bedingt geeignet“.

Das Südwestland hatte vor mehr als zehn Jahren zunächst weitreichende Windenergieausbaupläne gefasst – infolge des 2011 von der Bundesregierung beschlossenen Atomausstiegs und des erstmaligen Dienstantritts des bündnisgrünen Ministerpräsidenten nach dessen Sieg bei der Landtagswahl 2011. Die damalige grün-rote Koalition aus Bündnis 90/Die Grünen und SPD legte sich auf einen Ausbau der Windstromerzeugungskapazitäten im Land von knapp 500 auf 3.500 Megawatt (MW) bis irgendwann im Jahr 2020 fest. Das Bundesland war damals das Schlusslicht der Flächenländer beim Windkraftausbau. Zuvor hatte die dort bisher dauerregierende und windkraftskeptische CDU in einer Koalition mit der FDP viel dafür getan, dass regionale staatliche und kommunale Planungsverbände kaum geeignete Flächen für die Windkraftnutzung ausgewiesen hatten. Manchmal waren es sogar nur nicht-geeignete Flächen mit zu wenig Windhöffigkeit. Allerdings ließen die Reformen der Landesregierung erst nach vier Jahren der Regierungszeit von Rot-Grün die Installation dreistelliger MW-Kapazitäten zu. Aus Sorge vor Beschwerden von Kommunen und Naturschützern hatte die Kretschmann-Regierung ein besonders ausgereiftes System von Mitspracherechten und Beteiligungsformen entwickelt, dessen Komplexität einen schnelleren Zubau eingebremst haben dürfte. Und infolge einer bundesweiten Einführung staatlicher Ausschreibungen zur Vergabe von Vergütungsrechten für neue Windparks im Jahr 2017 durch die Bundesregierung, stockte der Zubau sofort wieder. Denn süddeutsche Windparkprojekte können im Bieterwettbewerb in der Regel nicht mit Geboten aus windhöffigeren und nichts so sehr auf Berghöhen beschränkten Regionen mithalten. Mitunter ließen sich die jährlich neu im Bundesland installierten Anlagen nach 2017 mit einer oder zwei Händen abzählen. Im ersten Halbjahr 2021 gingen im Südwest-Bundesland immer noch nur 21 MW Windkraft neu ans Netz.

Demzufolge hatte Baden-Württemberg Ende 2020 wohlwollend notiert gerade einmal knapp 1.600 MW Windkraft installiert. Und auch Ende 2011 waren erst 1.700 MW Windstromerzeugungskapazität im „Ländle“ in Betrieb, wie das Bundesland gemäß seinem schwäbisch-badischen Dialekt bei Einheimischen heißt.

Für die nun dritte Legislatur Kretschmanns hatte die 2021 bei der Landtagswahl bestätigte Grünen-CDU-Koalition noch im Mai vergangenen Jahres ein Sofortprogramm Klimaschutz und Energiewende durchgesetzt. Dort steht die „Vergabeoffensive für die Vermarktung von Staatswald- und Landesflächen für die Windkraftnutzung“ bereits drin. Baden-Württemberg folgt damit den Versuchen des Nachbarlandes Bayern, wo der windkraftfreundliche Wirtschaftsminister und Freie-Wähler-Politiker Hubert Aiwanger gegen die wichtigen windkraftskeptischen Teile der führenden Regierungspartei CSU mehr Windenergie vor allem auch durch Vergabe von Flächen der Staatsforsten durchsetzen will. In dem Nachbarbundesland ist der Windkraftausbau schon etwas früher zum Erliegen gekommen. Der Grund hierfür ist eine bundesweit einmalige Einschränkung der Windenergienutzung auf Flächen, deren Ränder in der Regel einen Abstand zu Siedlungen von mindestens dem Zehnfachen der Gesamthöhe der geplanten Windturbinen haben müssen.

Allerdings zeigte Regierungschef Kretschmann schon in der Vergangenheit sich flink und geschickt darin, ein Verpassen bei den Windenergiezielen frühzeitig anzukündigen. So sagte Kretschmann im Mai und damit nur ein Jahr nach der Landtagswahl, das Ziel von 1.000 neuen Windrädern bis zum Ende der fünfjährigen Legislaturperiode im Jahr 2026 „ist ja realistischerweise überhaupt nicht zu schaffen.“ Realistischerweise sollten nun eher nur 500 neue Anlagen als Ziel gelten.

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