"Erleichterung und Besorgnis" habe die Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes bezüglich der weiteren Offshore-Windparkplanungen bei ihm ausgelöst, sagte Dirk Güsewell am gestrigen 3. November während einer Fachtagung der Stiftung Offshore Windenergie in Berlin. Der Leiter der Geschäftseinheit Erzeugung bei EnBW erklärte: "Nun hat Offshore endlich eine Perspektive über 2017 hinaus bekommen." Vor diesen Hintergrund habe EnBW sich entschieden, den geplanten Offshore-Windpark Hohe See auf die Startrampe zu schicken. Er lobte die EEG-Novelle auch dahingehend, dass Anreize zur Kostenreduktion geschaffen würden. Besorgniserregend allerdings sei der neue "Erfolgsfaktor Netz". Früher seien Erfolgsfaktoren etwa eine gute Zulieferkette und die Investoren gewesen. Nun ist das Netz hinzu gekommen. "Wann und wo gebaut wird, wird nun vom Netz bestimmt", so Güsewell. Die Bundesnetzagentur hatte gerade per Zuweisungsverfahrens Anschlusskapazitäten auf See bekannt gegeben. Dabei hatte sie unter anderem den Antrage auf Anschluss für den geplanten EnBW-Offshorepark He Dreiht abgelehnt. "Eine Versteigerung von Netzkapazitäten ist kaum zu verantworten", so Güsewell, "Gute Projekte mit guten Partnern können genau an diesem Punkt scheitern." Er kritisiert, Einflussmöglichkeiten der Betreiber gebe es nicht. Er schloss seinen Vortrag mit der Bemerkung, wenn Deutschland nicht die entsprechenden Bedingungen schaffe für die Offshore-Branche, bleibe den Unternehmen immer noch der Gang ins Ausland.
Zehn Cent für die Kilowattstunde Offshore-Strom
Tjark Schaper, Head of Commercial Sales, Offshore Deutschland bei Siemens Wind Power, beschrieb in seinem Vortrag Voraussetzungen und Möglichkeiten der Kostenreduktion. Siemens habe 4,3 Gigawatt an Offshore-Windkraft installiert, davon die Windparks Baltic und Borkum Riffgat in Deutschland. "Die EEG-Novelle haben wir begrüßt", schob er voraus. Wies dann aber auf ein Risiko hin: "Wir haben Vorlaufzeiten von rund drei Jahren. Wir brauchen die Sicherheit, dass eine andere Regierung die geltenden Regeln nicht einfach über den Haufen wirft." Siemens will unter anderem durch Serienfertigung, leistungsstärkere Turbinen und industrielle Fundamentefertigung einen besseren Kilowattstundenpreis erreichen. Schaper erklärte, Siemens wolle von 14,5 Cent pro Kilowattstunde im Jahr 2013 auf zehn Cent in den Jahren 2022/23 kommen. Im Windpark Anholt habe Siemens noch die Turbine mit 3,6 Megawatt und 120 Meter Rotordurchmesser verbaut, jetzt werde Gemini vor der niederländischen Küste mit Vier-Megawatt-Anlagen und 130 Meter Rotordurchmesser gebaut, was 15 Prozent Kosteneffizienz bedeute. Er verwies aber auch auf ein Problem: Deutsche Offshore-Installationen in einer Größenordnung von 800 Megawatt pro Jahr, wie sie die Regierung in ihrem Zielkorridor vorsieht, seien zwar erheblich, aber nicht genug, um einen Wettbewerb entstehen zu lassen. Ab 2020 seien das 100 Anlagen der Acht-MW-Klasse pro Jahr - "Das ist die Auslastung eines Unternehmens pro Jahr." So viel auch zum Thema regionale Wertschöpfung von Siemens-Seite. Der Offshore-Marktführer baut demnächst eine Fertigung in Großbritannien auf.
Mecklenburg-Vorpommern unterstützt Offshore
Und wie bewerten die Netzbetreiber die EEG-Novelle? Lorenz Müller, Leiter Projekte Offshore der für Ostdeutschland zuständigen 50 Hertz Transmission GmbH, betont, wie wichtig es gewesen sei, eine Überbuchungsmöglichkeit bei den Netzen für Offshore-Windparks einzubauen. Zunächst war geplant, für die 6,5 Gigawatt Offshore-Leistung, die bis 2020 von der Regierung als Ziel vorgegeben wurden, einen ebenso großen Netzausbauplan zu verfolgen. Stattdessen wurde die Überbuchungsmöglichkeit auf 7,7 Gigawatt eingeführt. Müller: "Hätte man an 6,5 GW festgehalten, dann wäre am Ende nicht so viel geworden." Denn niemand will mit seinem Planungen am Ende in den unsicheren Bereich kommen, wo bereits eine Absage wegen ausgereizter Kapazität wartet. Bezüglich der Frage, ob Gleich- oder Wechselstrom sagte Müller: "Wir nutzen die AC-Technologie (Wechselstrom), weil sie ausgereift ist und weniger kostet als DC (Gleichstrom)." 220-Kilovolt-Kabel seien für eine Kapazität von 250 Megawatt geeignet. Er lobte die gemeinsame Nutzung des Umspannwerks auf See durch Windparkbetreiber und Netzbetreiber.
Bezüglich des viel diskutierten Kapazitätszuweisungsverfahrens sagte Müller, sein Unternehmen haben drei mal 250 Megawatt an Eon und Iberdrola vergeben. Der Windpark Westlicher Adlergrund habe ausreichend Netzkapazität. Er sieht keine Knappheit im Cluster. Bezüglich der politischen Lage merkte er an: "Die weitere Entwicklung in der Ostsee sehen wir vielversprechend. Der politische Rahmen in Mecklenburg-Vorpommern ist positiv." Die Regierung wolle Flächen für küstennahe Projekte ausweisen, was die Kosten deutlich reduziere. (Nicole Weinhold)