Die schiere Macht der Zahlen erinnert schon ein wenig an Gesundbeterei: Die weltweiten Investitionen in Photovoltaik sollen sich laut den Prognosen der Studie in den nächsten fünf Jahren von aktuell 35 Milliarden Euro jährlich auf 70 Milliarden Euro verdoppeln. Die weltweit installierte Leistung würde dann von 23 Gigawatt zum Jahresbeginn 2010 auf 180 Gigawatt im Jahr 2015 steigen. Im Jahr 2030 wären dann weltweit gigantische 1800 Gigawatt möglich. Zugleich erwarten die Autoren der Studie bis 2015 einen Rückgang der Kosten der Solaranlagen um vierzig Prozent. Dieser letzte Satz dürfte die Hersteller aufhorchen lassen bei all dem Jubel. Die Sektkorken bleiben drinnen. Denn angesichts dieser Prognosen wird offenbar nur die Anbeiter überleben, der sehr günstig produzieren. Es könnte gut passieren, dass nicht mehr Wirkungsgrad oder Eignung aufgrund der Ausbeute des jeweiligen Lichtspektrums den Aussschlag gibt, sondern - wie überall im Massenmarkt - allein der Preis über Leben und Tod der Hersteller entscheidet. Aber der enorme Rückgang hätte auch zur Folge, dass der Solarstrom billiger werden würde als aktuell der AKW-Strom. Das könnte den einen oder anderen aufhorchen lassen. Denn 18 Cent prognostizierter Preis für Ökostrom ist ein Schlag ins Gesicht der McKinseys und RWIs, die in ihren Horrorszenarien von ganz anderen Zahlen ausgingen und der PV-Industrie lieber heute als morgen eine verplichtende Verkaufsregion in einem schmalen Band rum um den Äquator verordnen würden - natürlich aus Effizienzgründen. Wie sie das bereits vor Jahren bei den ineffizienten Automotoren, Kühlschränken, Einfamilienhäusern und Computern durchgesetzt hatten. Hatten sie nicht? Warum dann bei der 100 Jahre jüngeren Photovoltaiktechnologie?
Aber kommen wir zurück in den Bereich der großen Zahlen: Denn die prognostizierten 1800 Gigawatt entsprechen laut Studie einer Solarstromproduktion von ungefähr 2.600 Terawattstunden im Jahr, was äquivalent zu 14 % des aktuellen globalen Energiebedarfs entspricht. Im Jahr 2030 dürfte der Bedarf dann allerdings deutlich höher liegen, wenn man allein den Hunger der Schwellenländer betrachtet. Mit dem Solarstrom könnten mehr als 1,3 Milliarden Menschen in den Industrienationen versorgt werden und mehr als drei Milliarden Menschen in abgelegenen Regionen der Schwellen- und Entwicklungsländer, die bisher und eventuell auch dann keinen Zugang zu einem Stromnetz haben. Und was bringt uns das? Arbeitsplätze! Im Jahr 2015 könnten es 1,3 Millionen Beschäftigte sein. Und im Jahr 2050 seien sogar fünf Millionen Arbeitsplätze in der Branche denkbar, heißt es in hymnischen Ode an die Photovoltaik. Aber es könnte gut sein, dass die Arbeitsplätze eher in China entstehen als hier. Außerdem, um ein kleines bißchen Wasser in den Wein zu gießen: Ist die Frage der Rohstoffe für diese Mengen schon geklärt? Und wenn ja, wer hat sie geklärt? Stimmt, in Afrika, da sind die ganzen vorkommen. Und wer ist bereits Jahre vor desertec mit festen Verträgen in den Tausch Infrastruktur gegen Rohstoffe eingestiegen? Richtig: es war weder die EU noch die USA sondern ein Land mit echten Prognostikern. Leute die vom Fach sind. Diese Fach heißt: in Zusammenhängen denken. Kann auch nicht jeder. Die ganze Studie gibt es hier zum Runterladen (jw)