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Solarstromspeicher

Das Ende der Reihenschaltung

Für einen evolutionären Sprung in der Speicherbranche könnte ein entscheidender Paradigmenwechsel sorgen, den der Speicherhersteller ASD Sonnenspeicher aus Umkirch im Schwarzwald auf der diesjährigen Intersolar vorgestellt hat. „Alle Speichersysteme, die wir heute kennen, schalten wir in Reihe. Der Batteriehersteller denkt genau bis zum Plus- und Minuspol. Dort liegt eine Spannung an. Der Systemhersteller kann dann damit machen, was er will. Dieser wiederum hat einen Plus- und einen Minuseingang und schließt dort eine Batterie mit einer bestimmten Spannung an. Doch daraus resultiert ein entscheidendes Problem: Wenn eine Batteriezelle versagt, versagt das gesamte System“, erklärt Wolfram Walter, Geschäftsführer von ASD. „Wir haben uns um diese Lücke gekümmert und sie geschlossen. Denn wenn eine Zelle versagt, läuft das System mit unserer Lösung einfach weiter. Es fehlt die Kapazität einer einzigen Zelle. Wir ändern dabei nichts an der Zelle, wir gehen nur anders mit den Zellen um.“ ASD nennt diese Lösung Pacadu. Das steht für Parallel Automatic Charge and Discharge Unit und ist eine Platine, die die auf jede einzelne Zellen im Speicher aufgesetzt wird. Sie sorgt dafür dass die Zellen nicht mehr wie bisher in Reihe, sondern sekundär parallel geschaltet werden. Das Pacadu existiert allerdings bisher noch nicht als Produkt. Es ist noch im Stadium eines Prototyps. Wolfram Walter rechnet aber damit, dass noch in diesem Jahr ein fertiges Produkt entsteht. „Das sind jetzt noch unsere Entwickler dran“, sagt Wolfram Walter. „Wir rechnen jetzt damit, dass das Gerät noch serienreif wird.“

Welt der Stromspeicher komplett verändern

Hält das Pacadu, was Wolfram Walter verspricht, wird sich die Welt der Solarstromspeicher in den kommenden drei Jahren grundlegend verändern. Denn dann sind dem Design und der Funktionsweise von Speichersystemen keine Grenzen mehr gesetzt. Schließlich ist es nicht nur der Ausfall einer einzigen Batteriezelle, die das ganze System zum Verstummen bringen kann. Die jetzige Reihenschaltung sorgt auch dafür, dass die schwächste Zelle die Kapazität des gesamten Speichers bestimmt. Deshalb sollten alle Zellen die gleiche Kapazität haben, vom gleichen Hersteller sein und exakt den gleichen Innenwiderstand haben. Außerdem können bisher nur Zellen mit der gleichen Batterietechnolgie verwendet werden. „Das bedeutet, dass der Betreiber, wenn er einen Akku mit 300 Zellen hat und drei Zellen kaputt gehen, entweder drei neue Zellen mit einer anderen Kapazität zu den alten Zellen dazustellt“, gibt Walter zu bedenken. „Im schlimmsten Fall existiert der Hersteller der Zellen nicht mehr und der Betreiber muss alle 300 Zellen wegwerfen, weil die drei Zellen kaputt sind.“ Außerdem kann das Pacadu dem Speichermarkt weiteren Schwung verleihen, weil die Betreiber jetzt nicht mehr auf die Evolution der Batterietechnologien warten müssen. „Wir bauen beispielsweise heute einen großen Speicher, der aus Eisenphosphat-Batterien besteht. In fünf Jahren sterben die ersten Zellen. Bis dahin haben wir aber die Lithiumtitanatoxid-Technologie – das zeichnet sich ein bisschen so ab. Dann nehme ich die Eisenphosphat heraus und stecke eine Titanatoxid rein“, beschreibt Wolfram Walter die Vision. „In zehn Jahren haben wir vielleicht Lithium-Sulfid – das zeichnet sich auch ab. Dann nehmen wir diese Technologie. In 15 Jahren haben wir Lithium-Luft – da träumen wir alle davon. So kann es sein, dass wir in 30 oder 40 Jahren vier oder fünf verschiedene Batterietechnologien nebeneinander in einem Speichersystem betreiben. Dieser Speicher wird funktionieren und der ist immer State-of-the-Art.“

Die Leistungselektronik ersetzen

Das Pacadu hat aber noch weitere Vorteile. Es ist in der Lage, den Batteriewechselrichter zu ersetzen. So plant es ASD in der nächsten Entwicklungsstufe. Mittelfristig soll das Pacadu sogar den Photovoltaikwechselrichter ersetzen können, verspricht Walter. „Dann können wir die Speichersysteme wesentlich preiswerter als heute anbieten“, sagt er. „Denn wir brauchen dann wesentlich weniger der teuren Einzelkomponenten.“ Wolfram Walter rechnet damit, dass das Pacadu den Speicherpreis allein aufgrund der fehlenden Leistungselektronik und des dann überflüssigen Batteriemanagements um 30 Prozent senken könnte. Schließlich ist das Pacadu in der Lage, das Batteriemanagement gleich mit zu übernehmen. „Wir haben die gesamte Schaltung noch mit einem BUS-System kombiniert“, erklärt Walter. „Wir wissen dadurch den Ladezustand jeder Zelle. Wenn man 300 Zellen hat, wird es zwei oder drei Zellen geben, die am tiefsten entladen sind. Also fangen wir beim Laden mit diesen Zellen an, damit möglichst alle Batterien gleichmäßig geladen werden. Wir haben zusätzlich noch eine Kontrolle über den Gesundheitszustand der Zelle und eine Degrationskompensation.“ Degration ist die Abnahme der Kapazität während der Alterung der Zelle. In der Regel werden die Lithium-Akkus maximal auf 20 Prozent entladen, damit diese möglichst lange halten. Altert die Zelle und die Kapazität nimmt ab, dann wird die Zelle am Ende ihres Lebens immer stärker belastet und der Alterungsprozess nimmt exponentiell zu. Das soll das Pacadu verhindern können, weil es prozentual immer genau so viel Strom aus der Zelle entnimmt, wie der Hersteller empfiehlt.

Auf der Suche nach Partnern

Das System sei auch für die jetzt schon installierten Batteriespeicher nachrüstbar. „Der Installateur muss dazu den Batterieblock auseinander schrauben, die gesamten Verbindungen zwischen den einzelnen Zellen herausnehmen und auf jede Zelle ein Pacadu setzen“, erklärt Wolfram Walter. „Danach muss er es wieder an die Stromschiene anschließen und schon hat er die vorherige Reihenschaltung auf eine Sekundärparallelschaltung umgebaut.“

Derzeit sucht ASD einen Partner, der das Pacadu herstellt. Denn das Unternehmen ist immer noch ein Speicherhersteller. „Wir sind nicht darauf spezialisiert, Elektronikkomponenten zu produzieren und im großen Stil zu vermarkten“, gibt Wolfram Walter zu bedenken. Schließlich will er nicht, dass nur die ASD-Speicher mit dem Pacadu ausgerüstet werden. Seine Vision ist, dass in drei bis vier Jahren der größte Teil der Solarstromspeicher mit kleinen elektronischen Bauteil ausgerüstet ist. (Sven Ullrich)

Einen ausführlichen Beitrag über die neusten technologischen Entwicklungen, die auf der diesjährigen Intersolar gezeigt wurden, lesen Sie in der kommenden Ausgabe von Erneuerbare Energien.