Tilman Weber
Nordex SE und Senvion legen im internationalen Geschäft außerhalb ihrer bisherigen Kernmarktregion Deutschland plus Nachbarländer deutlich zu. So meldet jetzt Windturbinenhersteller Senvion, der bis 2014 noch den drittgrößten Anteil an der jährlich neu installierten Erzeugungskapazität im deutschen Markt hatte, deutliche Umsatzzuwächse in seinen neuen Zielregionen Amerika und Asien-Pazifik. In Nord- und Südamerika steigerte Senvion den Verkauf von Landwindturbinen in den ersten drei Geschäftsquartalen noch einmal um knapp 50 Prozent beziehungsweise von 16 auf 59 Millionen Euro Umsatz. Im Asien-Pazifik-Geschäft wuchs das Geschäftsvolumen verglichen mit demselben Zeitraum des Vorjahres sogar um knapp das Zweieinhalbfache: um 39 auf 55 Millionen Euro Umsatz.
Wettbewerber Nordex SE, seit 2015 Deutschlandmarktdritter, listet im Zeitraum Januar bis September zwar keine Entwicklung der Umsätze nach Regionen auf. Dennoch haben die außereuropäischer Märkte ein deutliches Übergewicht mit einem Anteil von 56 Prozent an der bis September durch die Nordex-Gruppe neu installierten Anlagenleistung von 1.719 Megawatt (MW).
Exporte bei Nordex: Südamerika jetzt wichtigste Marktregion
Und bei den Auftragseingängen für Turbinenlieferungen nahm die Bedeutung des außereuropäischen Geschäfts sogar exorbitant zu. Verglichen zum Vorjahreszeitraum erhöhte Nordex SE den Anteil allein Südamerikas am Gesamtwert der in den ersten drei Quartalen 2018 neu eingegangenen verbindlichen Turbinenbestellungen von 27 auf 38 Prozent. Die von Januar bis September 2018 durch die Nordex-Gruppe in Südamerika neu installierte Turbinenleistung hat dagegen einen Anteil an der gesamten durch Nordex SE neu installierten Erzeugungskapazität von erst 19 Prozent. Zwar nahm die Bedeutung der Nordamerika-Aufträge hier von 23 auf 17 Prozent leicht ab. Doch insgesamt erreichte das Amerikageschäft damit schon einen Anteil von 55 Prozent des Wertes aller Bestellungen, nach 50 Prozent im Vorjahres-Vergleichszeitraum. Weil die Bestellungen insgesamt im Vergleich zu 2017 aber auch einen Zuwachs von stolzen 169 Prozent auf drei Milliarden Euro verzeichneten, hat sich aber auch das Nordamerikageschäft noch von 262,89 Millionen Euro auf 521,9 Millionen Euro verdoppelt.
Der Anteil der Aufträge aus dem Rest der Welt verdoppelte sich im Übrigen von 6 auf 13 Prozent des Auftragswertes aller bis September eingegangenen Order. Die Bedeutung des Europageschäfts fiel hingegen von 44 auf 32 Prozent. Allerdings nahm auch hier der absolute Wert der Aufträge noch zu – und zwar um 480 auf 982,4 Millionen Euro.
Senvion: Jedes dritte Megawatt der Internationalisierung zu verdanken
Senvion wiederum weist einen Anteil von bereits 200 der 624 MW eigens neu aufgebauter Onshore-Erzeugungskapazität aus, der in „neuen Märkten“ wie etwa Chile ans Stromnetz ging. Demnach hat Senvion bei den Neuinstallationen bereits jedes dritte MW dem Internationalisierungskurs zu verdanken.
Im dritten Quartal waren die Installationen in neuen Märkten mit 125 von 336 MW sogar noch gewichtiger. Und der Trend hält an: Im vierten Quartal erwartet Senvion ein großes Volumen an neuen Installationen von 700 MW und damit mehr als die Hälfte des nun sich abzeichnenden Jahres-Installationsvolumens von 1.300 MW. Dieser Aufschwung sei hauptsächlich durch Windparkinstallationen in Großbritannien sowie ebenso in Lateinamerika und Australien getrieben, erklärt Senvion.
Auftragswerte sogar schon zu zwei Dritteln durch neue Märkte
Bei den Aufträgen wird der Senvion-Trend noch deutlicher: Brachten die neuen Märkte in den ersten drei Quartalen 2017 noch 349 von 970 Millionen Euro an Wertstellung durch neue gesicherte Orders ein, so kehrte sich 2018 das Verhältnis von neuen zu etablierten Märkten um: Binnen der ersten drei Quartale zog der Auftragswert neuer Märkte auf 675 Millionen an, während die etablierten Senvionmärkte im Orderbook nur noch Neueinträge von 331 Millionen Euro einbrachten. Insgesamt erhöhte sich der Bestellwert von Januar bis September 2018 verglichen mit dem Vorjahres-Vergleichszeitraum leicht auf eine Milliarde Euro.
Außerdem steht bei Senvion nun eine Umwandlung im großen Stil von unter Vorbehalt vergebenen Aufträgen in feste Bestellungen innerhalb der nächsten Quartale an, wie das Unternehmen mitteilt. Diese zusätzlichen Auftragswerte seien vor allem Projekten in Indien, Australien und Argentinien zu verdanken.
Geschäftsbilanzen noch rückläufig, starke Signale für Aufwärtstrend
Allerdings gehen bei beiden Unternehmen die Installationsgeschäfte noch leicht zurück. Bestenfalls stagnierende Kernmärkte wie Deutschland oder etwa Großbritannien bei zugleich wachsendem Wettbewerbsdruck ließen sich durch die neuen Märkte noch nicht ausgleichen. So installierte Nordex SE von Januar bis September 2017 noch fast zwei Gigawatt (GW). Und nun waren es noch 1,7 GW beziehungsweise 280 MW oder 14 Prozent weniger. Bei Senvion läuft das erwartete Minus zum Jahresende noch auf einen Rückgang um 178 MW beziehungsweise 12 Prozent hinaus – trotz einer erwarteten furiosen Aufholjagd im vierten Quartal.
Auch die Umsätze der Nordex-Gruppe aus den ersten drei Quartalen schmolzen um knapp 550 Millionen auf noch 1,77 Milliarden Euro. Die Gewinne vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) gingen von 182 Millionen auf 72 Millionen Euro zurück. Die Ebitda-Marge reduzierte sich von 7,8 auf 4 Prozent. Bei Senvion reduzierten sich die Einnahmen um 500 Millionen Euro im Vergleich zum selben Vorjahreszeitraum auf 809 Millionen Euro. Die Ebitda-Marge betrug noch 5,3 Prozent nach 7,9 Prozent im Neunmonatszeitraum 2017.
Kosten sinken, Service-Geschäft läuft, neue Rotorgrößen erzielen Erfolge
Doch beide Turbinenbauer bilanzieren auch stetig sinkende Kosten. Hinzu kommen stabil zunehmende Umsätze beim Kunden-Service, ob durch Wartungs- und Instandhaltungsaufträge oder durch die Anlagenüberwachungen.
Die wieder stark zunehmenden Neuaufträge für Windturbinen an Land gehen einher damit, dass auch die neuen Anlagentypen N149 bei Nordex sowie 4.2M140 und 2.3M130 bei Senvion nun eine starke Nachfrage erzielen. Besonders die Nordex-Gruppe beendet damit eine zwischenzeitliche Schwachstelle im Anlagenportfolio: 70 Prozent auch des jüngeren Auftragseingangs beziehen sich derzeit auf Anlagen vom Typ Acciona Wind. Nordex hatte das spanische Unternehmen Acciona Wind 2016 offiziell gekauft. Die Nordex-Gruppe vereint seither die Fertigung und den Service beider Unternehmensstandorte mit zwei verschiedenen Anlagenportfolios. Der aktuelle Rückgang des deutschen Marktes hatte das Wachstum im Geschäft mit dem Nordex-Portfolio unterbrochen. Nun ziehen aber die Bestellungen für das Nordex-Portfolio sogar im deutschen Markt wieder an. Speziell N149 kommt bereits auf ein Bestellvolumen von knapp 190 MW.