Bei seinem Vortrag auf den Windenergietagen von Spreewind und dem BWE-Landesverband Berlin-Brandenburg in Potsdam hat der Rechtsanwalt Philipp von Tettau von der Kanzlei Müller-Wrede deutlich gemacht, dass die Windbranche gemeinsam für Investitionssicherheit kämpfen muss. „ Wir müssen dem Gesetzgeber deutlich machen, wie lange so ein Projekt braucht und wie problematisch die immer kürzeren Gesetzeszyklen sind“ sagt von Tettau. „Wir haben immer längere Genehmigungsverfahren.“ Die Branche müsse jetzt in Brandenburg mit 1,5 Jahren normalen Genehmigungsverfahren rechnen.
Drei Jahre Planung
Diese längeren Zyklen träfen auf immer kürzere Halbwertzeiten von Gesetzen, beschreibt er das Problem. Für Brandenburg sieht es so aus, dass der Aufstellungsbeschluss der Änderung des Regionalplans im April 2012 vorlag. Entwurfserarbeitung und Scoping erfolgen bis 2014, die Billigung könnte im März 2015 erfolgen. Die Auslegungsfrist endet im Dezember 2015, eine Überarbeitung könnte bis Juni 2016 erfolgen. Genehmigung wäre vielleicht im November 2016 da. Man könne also erst Ende 2016 mit dem Verfahren beginnen. Diesem Zeitplan gegenüber stellt er die Gesetzgebung: EEG 2012, EEG 2014, dann EEG 2016. Die Gesetzeslage hat sich also währenddessen mehrfach verändert.
Die Bundesemissionsschutzgesetz(BImschG)-Genehmigung sei erst im März 2018 zu erwarten. „Wir haben hier extrem lange Planungszyklen“, sagt er. Tatsächlich beginnt die Planung frühzeitig mit Gebietssuche, Informationsbeschaffung, Naturschutzuntersuchung, Begleitung der Bauleitplanung, Einreichung des Genehmigungsantrags. „Drei Jahren und mehr sind da keine Seltenheit.“
Dürfen die das?
Das EEG 2014 gilt rückwirkend für alle Anlagen, die ab 23.1.2014 nicht genehmigt sind, sondern nur den Antrag auf Genehmigung eingereicht haben. „Das entwertet das Vertrauen auf den Fortbestand der Regelung nach EEG 2012 für bis dahin zur Genehmigung beantragte Windenergieanlagen“, kritisiert von Tettau. Aus dieser Situation ergeben sich viele Fragen. Ist zulässig? Tettau sieht dieses Vorgehen kritisch: „Ich meine, es gibt gute Möglichkeit zu sagen, das ist eine echte Rückwirkung.“ Dass das Gesetz auf Anlagen angewendet wird, die bis 23.1. noch nicht genehmigt wurden, sei kritisch. Auch bis zur Einreichung des Antrags seien erhebliche Vorleistungen erforderlich gewesen.
Noch weiter will der bayerische Gesetzgeber bei der Nutzung der Länderöffnungsklausel gehen, was den Eingriff in jegliche Investitionssicherheit von Windparkplanern anbelangt. Die Klagegemeinschaft Pro Windkraft hat gestern in München ihre Popularklage gegen die bayerische Staatsregierung wegen rechtswidriger Windkraftpolitik angekündigt. "Trotz massiver juristischer Bedenken und einem fast einstimmig negativen Expertenvotum, hat der bayerische Landtag gestern mit der absoluten CSU-Mehrheit das 10H-Gesetz verabschiedet", heißt es in einer Pressemitteilung der Klagegemeinschaft, die gestern versandt wurde. Die neue Regelung sieht einen Mindestabstand von neuen Windkraftanlagen in Bayern von zehnfacher Anlagenhöhe (10H) vor. "Damit wird es künftig in Bayern nahezu unmöglich sein, neue Windkraftanlagen zu errichten", heißt es weiter. Mit der Klage werden zahlreiche Missachtungen der 10-H-Regelung aufgenommen, wie etwa das in der Bayerischen Verfassung geschützte Eigentumsgrundrecht, die Berufsfreiheit, die allgemeine Handlungsfreiheit, das kommunale Selbstverwaltungsrecht, das Rechtsstaatsprinzip sowie der Bestimmtheitsgrundsatz
Abgeordnete der Regierungsfraktion wollten Seehofers Ansatz dennoch aufgreifen. „Ich will Sie aufrütteln, dass Sie sagen, das kann doch nicht wahr sein“, betont von Tettau. Der Bayerische Ministerrat erlasse normalerweise keine Gesetze. „Zudem gab es zu dem Zeitpunkt noch nicht mal ein Bundesgesetz, auf dessen Basis Bayern das hätte machen können. Das sollten wir uns nicht bieten.“ Unter anderem geht es in der Diskussion um eine Entprivilegisierung, sodass sogar die Nachbargemeinde entscheiden kann, dass ein Windpark nicht gebaut wird innerhalb des Flächennutzungsplans. „Wir müssen deutlich machen, wie teuer solche Genehmigungverfahren und so weiter sind. Ein gestellter BImschG-Antrag muss berücksichtigt werden“, fordert von Tettau. (Nicole Weinhold)