Die zum zweiten Mal unter Corona-Pandemie-Schutzvorkehrenden tagende 10. Rostock Wind hat sich erkennbar die konkrete Verbesserung der Situation der Windenergiebranche in Deutschland sowie die erhöhte Effizienz der Windstromerzeugung als Fokus gesetzt. „Trotz von uns kritisierten Stillstand hat die Bundesregierung eines erreicht: Atom- und Kohleausstieg sind Fakten die bleiben. Die zaghafte Bepreisung des Klimakillers CO2 wirkt. Die Energiewende ist damit unumkehrbar. Jetzt muss es darum gehen in einer neuen Koalition im Bund den Aufbruch zu organisieren. Wir sind bereit für den Spurt", sagte der Präsident des Bundesverbandes Windenergie (BWE), Hermann Albers in seiner Eröffnungsrede für die eintägige und vom BWE unterstützte Windenergieveranstaltung.
Veranstalter der Rostock Wind ist das Rostocker Windenergieunternehmen Eno. Unterstützend wirkt außer dem BWE auch die Sparte Power Systems im Maschinenbauverband VDMA an der Tagung mit, die als Maßnahme zur Minderung der Ansteckungsgefahr in der Coronapandemie in zwei verschiedenen Hotels stattfindet. Die auf die beide Tagungsorte aufgeteilten Teilnehmer ordnen sich dabei jeweils einem unterschiedlichen thematischen Fokus zu. Während die Teilnehmer der einen Gruppe sich über Planung und Finanzierung von Windparks und in diesem Zusammenhang auch über politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen austauschen und informieren, berät die zweite Gruppe über Technik.
BWE erklärt mögliches neues Strommarktdesign
Dabei machte der BWE im Vortragsprogramm der Tagungsgruppe zu Planung und Finanzierung deutlich, wie ein neues Strommarktdesign auch den Windenergieausbau in Deutschland wieder beleben könnte – und zwar stärker als bislang absehbar. Schon jetzt nimmt der jährliche Zubau der Windkraft an Land bundesweit unterm Strich wieder erkennbar an Fahrt auf, nachdem 2019 das Geschäft mit den Neuinstallationen von Windparks an Land eingebrochen war – als Folge der Ablösung des vorigen Vergütungssystems fester Einspeisetarifen oberhalb des Strommarktpreisniveaus durch das heutige Ausschreibungssystem. So haben die Windparkprojektierer allein in den ersten sechs Monaten 2021 mit 971 Megawatt (MW) bereits mehr Nennleistung neu ans Netz gebracht als im gesamten vergangenen Jahr. Außerdem nimmt die Zahl der Genehmigungen durch die zuständigen Behörden wieder deutlich zu: Im ersten Quartal 2021 hatten diese bereits grünes Licht für weitere 1.160 MW erteilt.
Doch weder Zubauvolumen noch der Umfang der neu durch Genehmigungen ins Spiel kommenden Erzeugungskapazitäten reichen bislang aus, um den für das Erreichen der deutschen Klimaschutzziele notwendigen Windkraftzubau zu schaffen. Ein neues Strommarktdesign soll daher das Interesse von Projektierern und Investoren noch zusätzlich stärken, damit die regelmäßig unterzeichneten und ihre Kapazitätsziele verfehlenden Ausschreibungsrunden wieder mehr Wettbewerb im deutschen Windenergie-Onshore-Markt erzeugen.
Ermahnung an Landesregierung in Mecklenburg-Vorpomern
BWE-Präsident Albers mahnte allerdings auch an die Adresse der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns gewandt, dass auch die Bundesländer den Windenergieausbau noch mehr unterstützen müssen, was beispielsweise durch die Ausweisung von mehr Eignungsflächen für den Windturbinenzubau geschehen kann. Auch einfachere Genehmigungsverfahren für neue Windparks gelten als ein mögliches Instrument aus dem Werkzeugkasten der Landespolitik allgemein. Die Zahlen in Mecklenburg-Vorpommern seien mit 28 Megawatt Zubau im 1. Halbjahr und nur 38 Megawatt neuen Genehmigungen „weit entfernt von Notwendigkeiten und Möglichkeiten“, warnte der BWE-Präsident. Mecklenburg-Vorpommern müsse aber seine Chance als Bundesland wahrnehmen „als erstes klimaneutralen Tourismus anbieten zu können und so nachhaltig an Wettbewerbern vorbeizuziehen“.
Profitabilität und technische Effizienz
Weitere thematische Einzelpunkte für den Austausch im Fokusblock Planung/Finanzierung waren am Nachmittag die vorhersehbare Profitabilität neuer Projektierungen dank eines Transfers von Daten aus dem Anlagenbetrieb von Offshore- und Onshore-Windparks, die gelingende vorgeschriebene Ausrüstung der Windparks mit Techologie zur Flugverkehr-abhängigen Ab- und Anschaltung von Warnblinkleuchten im Windpark, die wirtschaftlichen Perspektiven für Altwindparks, immer genauere Ertrags- und Erlösgutachten sowie die Versicherung von Erneuerbare-Energien-Projekten. Im Technik-Panel kümmerten sich Referenten und Zuhörer derweil um Sechs-Megawatt-Getriebe, Arbeitssicherheit im Windpark, Ersatzteilmanagement für die Turbineninstandhaltung, die technische Sicherheit und Verfügbarkeit von Altwindparks sowie gute Konzepte und Technologien für die Einspeisung in die örtlichen Netze – zum Beispiel mit guten Umspannwerken.
Linke-Bundestagsfraktionschef Bartsch: Akzeptanz des Windkraftausbaus durch sozial gestaltete Energiewende
Als Vertreter der Politik war der in Mecklenburg-Vorpommern mit einem eigenen Wahlkreis beheimatete Spitzenpolitiker der Partei die Linke, Bundestagsfraktionschef Diemar Bartsch dabei. Bartsch ermahnte die Windbranche in seiner Ansprache, die Windenergiebranche habe „eine Mitverantwortung, wenn es um die Akzeptanz“ des Windturbinenzubaus gehe, betonte Bartsch.
Die für die Begrenzung regionaler Gegenwehr gegen neue Windparks entscheidende Akzeptanz sieht er nur im Zusammenhang mit einer „soziale(n) Ausgestaltung der Energiewende“ gegeben. Um die Akzeptanz zu vertiefen, gelte aber auch: „Die lokale Verankerung der Energieerzeuger wird dabei sehr hilfreich sein.“
Jetzt noch zur Hanse Sail
Als abschließender Programmpunkt gilt traditionell ein Törn von Vertretern und Kunden der Veranstalter sowie einigen weiteren Tagungsgästen mit dem Segelschiff durch die Rostocker Ostseebucht. Das Rostock-Wind-Schiff nimmt hierbei an dem Rostocker Fest Hanse Sail teil.
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