Tilman Weber
Zwei traditionelle Instandhaltungs-Serviceunternehmen aus Nordfriesland und Hamburg bauen derzeit eine Klägergemeinschaft von 50 Windenergieunternehmen auf, um diesen Anspruch durchzusetzen: Windenergieanlagen bis 750 kW Nennleistung nimmt das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) nicht nur von der Pflicht zur Teilnahme an Ausschreibungen aus, so kalkulieren die Unternehmer Lutz Baufeldt und Dirk Hansen. Die kleineren Anlagen lassen sich am Ende ihrer 20-jährigen gesetzlichen Vergütung durch die Netzbetreiber auch durch einen schrittweisen Austausch ihrer wesentlichen ausgedienten Komponenten in neue Windturbinen verwandeln. Genauer: durch eine sukzessive Neuerrichtung. Das begründe das Fördergesetz EEG, davon sind Baufeldt und Hansen überzeugt – und vor allem gehe damit ein Anspruch auf erneute Förderung einher. Bei vielen solchen kleineren Anlagen ist bekanntlich Ende dieses Jahres die 20-jährige EEG-Förderung ausgereizt, die eine Vergütung mit einem Einspeisepreis pro Kilowattstunde (kWh) von deutlich oberhalb der Strombörsenpreise garantierte. Doch nach der Erneuerung der Kleinturbinen, so wollen es Baufeldt und Hansen nun juristisch bestätigt sehen, müssen deren Betreiber eine neue 20-jährige feste EEG-Vergütung erhalten.
Netzbetreiber belohnte anfangs Retrofit kleiner Anlagen mit Neuvergütung
Motiviert sehen sich die beiden Unternehmen durch die anfängliche Praxis eines neuen Serviceangebots von Hansen. So hatte das Husumer Unternehmen damit begonnen, speziell 600-kW-Anlagen der Sorte Tacke Wind TW 600 durch den Austausch alter Bauteile rundum zu erneuern. Bei den ersten drei Anlagen habe der Netzbetreiber für dieses Retrofit auch jeweils die Wertung als Neuinbetriebnahme genehmigt und neue Einspeisegenehmigungen erteilt, teilen die beiden Unternehmen mit. Doch nun weigere sich der Netzbetreiber. Gemäß einer Empfehlung durch ein branchenbekanntes Anwaltsbüro wollen die Unternehmer Baufeldt und Hansen nun ein Präzedenzverfahren vor einem zuständigen Verwaltungsgericht führen, um das beanspruchte Recht für Kleinwindanlagen zu klären. Um die erwarteten Prozesskosten für bis zu zwei Verfahrensstufen von 200.000 Euro auf mehrere Schultern verteilen zu können, setzen beide auf eine Beteiligung von insgesamt 50 interessierten Unternehmen, nicht zuletzt aus dem Kreis der Altanlagenbetreiber. Das Verfahren soll am Beispiel der TW-600-Anlagen geführt werden, das Recht dann aber für alle Kleinwind-Altanlagen bis 750 kW klären lassen, so das Konzept der Kläger. Der Anruf bei der für solche Verfahren zuständigen Clearingstelle hatte zuvor keine Klärung versprochen.
Aktuelle Strompreise reichen für Weiterbetrieb nicht aus
Die Stromhandelspreise auf dem freien Strommarkt waren aufgrund der stagnierenden Tiefstpreise im Kohlendioxid-Emissionsrechtehandel und aufgrund des zunehmenden Wind- und Sonnenstromangebots bei nur schleppender Stilllegung von konventionellen Kraftwerkskapazitäten in den vergangenen Jahren immer weiter gefallen. Als zuletzt durch Bereinigungen der handelbaren CO2-Volumen im Emissionsrechtemarkt die Tonnenpreise des Klimagifts CO2 gestiegen waren, hatten sich die Strompreise zwar wieder erhöht. Doch infolge der weltweiten Pandemie der Lungenkrankheit Corona gingen die Konjunktur und damit die Stromnachfrage auch in Deutschland flächendeckend in die Knie – weshalb die Strompreise wieder fielen und nun meist unter drei Cent pro kWh betragen. Damit wird selbst auch für Betreiber längst abgeschriebener Altanlagen ein Weiterbetrieb mittels langfristiger Stromlieferverträge unwirtschaftlich. Die vertraglichen langfristigen Preise in diesen sogenannten PPA richten sich nämlich nach den aktuellen Handelspreisen. Die Festvergütung gemäß dem EEG hingegen würde einen Einspeisepreis von rund sechs kWh versprechen.
„Es ist genauso, wie wenn Sie eine neue Heizung bauen: Dann ist zwar Ihr Haus nicht neu, aber wenn sie komplett Neuteile beim Einbau verwendet haben, bekommen Sie auch eine neue Förderung“, erklärt Hansen das Prinzip, das er vom Gericht in Frankfurt Oder bestätigt bekommen will. Entsprechend sollte so auch mit einem erneuerten Triebstrang und erneuerter Umrichter- oder sonstiger erneuerter Elektro-Technologie in einem alten Windturbinengehäuse verfahren werden. Bei der Bioenergie sei schließlich eine ähnliche Regelung gerichtlich ebenfalls durchgesetzt worden.
Verwaltungsrechtsverfahren soll Anspruch für Retrofit-Anlagen klären
Anlagenbetreiber aus Nordfriesland, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen seien bei der Aktion vermutlich mit im Boot, sagt Hansen. Anfang Mai oder Anfang Juni werde die Sache vors Gericht gehen, so peilt er es an. Das Ergebnis der juristischen Klärung könne damit auch bei einer Klärung in einem gewöhnlich langen Verfahren von bis zu zwei Jahren noch rückwirkend für alle Ende 2020 aus der Förderung fallenden Kleinwindanlagen geltend gemacht werden.
Weitere Unterstützer können sich per Mail an feststellungsklage@lb-windservice.com und somit direkt an die Initiatoren der geplanten Klage wenden.