Kurz vor der Abstimmung der EEG-Novelle im Bundesrat fordert die Europäische Vereinigung für Erneuerbare Energien Eurosolar, dass die Vertretung der Bundesländer Verantwortung für den Erfolg der Energiewende übernimmt und das Gesetz in den Vermittlungsausschuss schickt. Die Entscheidung des Bundesrates hat für die Zukunft der erneuerbaren Energien insgesamt eine enorme Tragweite. Es gehe jetzt darum, ob die Systemtransformation realisiert wird, die für den Atomausstieg und den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien unabdingbar ist, oder ob sie auf unbestimmte Zeit ausgesetzt wird, lautet das Credo bei Eurosolar. „Für einen weiteren Aufschub gibt es keine Rechtfertigung, jetzt geht es um die Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien“, sagt Irm Scheer-Pontenagel, Geschäftsführerin von Eurosolar. „Dies entspricht dem Wunsch der Mehrheit unserer Gesellschaft, sichert die Zukunft unserer innovativen Wirtschaft und schafft und sichert hunderttausende Arbeitsplätze."
„Kostendebatte längst überholt“
Der Branchenverband kritisiert, dass die drastischen Kürzungen von Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU) und Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) mit angeblich zu hohen Kosten begründet wird. „Diese Kostendebatte ist jedoch längst überholt“, schreibt Eurosolar in einer Pressemitteilung. „Keine andere Technologie konnte ihre Kosten so rasch senken wie die Photovoltaik. Wer die Vergütungssätze aber so stark reduziert, dass der technische Fortschritt nicht mehr mithalten kann, der unterbindet weitere Innovationen und Kostensenkungen“, sagt Axel Berg, Vorstandsvorsitzender von Eurosolar Deutschland. „Dass der Ausbaukorridor für die Photovoltaik bis 2017 ohne jede Grundlage auf nur noch 900 bis 1.900 Megawatt jährlich eingeschränkt wird, belegt deutlich, dass das Kostenargument nur vorgeschoben ist, und es stattdessen darum geht, eine Technologie als Ganzes zu marginalisieren.“ Im Gegenteil, die Bundesregierung hat die steigenden Kosten selbst zu verantworten, indem sie mit zahlreichen Ausnahmeregelungen für Industriebetriebe die EEG-Umlage in die Höhe getrieben hat. Auch das sogenannte Marktintegrationsmodell ist nur eine versteckte weitere Vergütungsabsenkung. „Der Versuch, regenerative Stromerzeuger ohne Grenzkosten in einen Grenzkostenmarkt zu integrieren, der für die fossil-atomare Stromerzeugung konzipiert ist, und dessen Preisbildung von den Mehrkosten je erzeugter Kilowattstunde abhängt, kann nicht funktionieren, da die Erneuerbaren Energien den Börsenstrompreis unweigerlich deutlich senken“, so Eurosolar. „Dies ist auch der Grund, warum die Marktprämie nur ein Kostentreiber ohne entsprechenden Nutzen ist.“
An Grundprinzipien festhalten
Eurosolar fordert die politisch Verantwortlichen auf, am Erneuerbare-Energien-Gesetz und dessen Grundprinzipien festzuhalten. Das heißt: feste Vergütungssätze, Einspeisevorrang und Planungssicherheit. Außerdem sollte das Ziel des Ausbaus der erneuerbaren Energien bis 2020 auf 50 Prozent erhöht werden. Derzeit liegt es bei 35 Prozent. Der Zubaukorridor sollte in den nächsten Jahren nicht beschränkt werden, sondern ausgehend von fünf Gigawatt pro Jahr schrittweise weiter steigen, so dass 2020 Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von 70 Gigawatt installiert sind. Die Politik sollte auf die geplanten drastischen Sonderkürzungen verzichten und statt dessen die Einspeisevergütung in kleineren Schritten jeweils alle zwei Monate anpassen. Zusätzlich fordert Eurosolar einen Bonus für Solarkraftwerke, die Systemdienstleistungen erbringen und damit zur Netzstabilität beitragen und die Netzausbaukosten reduzieren. Um das Problem der Volatilität der Solarenergie zu lösen, sollte die Regierung endlich ein Markteinführungsprogramm für Energiespeicher auflegen. Das gilt sowohl für Batterien als auch für Langfristspeicher. Das sollte verbunden werden mit einem finanziellen Anreiz für regelbare regenerative Verbundkraftwerke, bei denen Stromerzeugung aus Sonne, Wind, Biomasse und Wasserkraft sowie Energiespeicher mit moderner Informationstechnik zusammegeschaltet werden.
Proteste gegen EEG-Novelle geplant
Tatsächlich stehen die Chance gut, dass das Gesetz am 11. Mai im Vermittlungsausschuss landet, wenn die Gespräche zwischen Bundesumweltminister Röttgen und den Ministerpräsidenten von Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt am Vorabend keine Lösung bringen. Die finden in der Landesvertretung von Thüringen in der Berliner Mohrenstraße statt. Sollten die drei ostdeutschen Länder der Novelle ihre Stimme verweigern, dann hat die Novelle im Bundesrat keine Chance, nachdem sich auch die große Koalition in Berlin darauf geeinigt hat, im Ländergremium gegen das Gesetz zu stimmen. Die Debatte und die Abstimmung über das Gesetz ist am 11. Mai. Als Redner werden Erwin Sellering (SPD), Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, Winfried Kretschmann (B90/Grüne), Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Matthias Machnig (SPD), Wirtschaftsminister von Thüringen, Ralf Christoffers (Linke), Wirtschaftsminister von Brandenburg, Johannes Remmel (B90/Grüne), Umweltminister von Nordrhein-Westfalen, Lucia Puttrich (CDU), Umweltministerin von Hessen und Eveline Lemke (B90/Grüne), Wirtschaftsministerin von Rheinland-Pfalz auftreten. Für beide Termine hat das Aktionsbündnis Campact – Demokratie in Aktion zu Protesten gegen die Kürzungspläne der Regierung aufgerufen. (Sven Ullrich)