Tilman Weber
2,3 Milliarden Euro werden alleine die zehn wichtigsten Windturbinenhersteller im Jahre 2023 in Forschung und Entwicklung investieren. Das hat das Marktberatungshaus Wood Mackenzie jetzt ermittelt. Um das Größenwachstum der Windenergieanlagen und die am Markt erforderliche Senkung der Stromgestehungskosten in den kommenden fünf Jahren vorantreiben zu können, werden diese Top 10 ihre jährlichen Ausgaben für ihre R&D-Abteilungen (R&D für das englische Research and Development) demnach von 1,6 Milliarden Euro im vergangenen Jahr auf 2,3 Milliarden Euro steigern.
Getrieben sei diese Entwicklung insbesondere durch die vom Markt diktierte Notwendigkeit, in den weltweiten nationalen Ausschreibungen weiterhin zunehmend geringere Vergütungen pro erzeugter Kilowattstunde anzubieten. Dies versuche die Branche mit weiter wachsenden Rotorgrößen und immer höherer Anlagenleistung zu gewährleisten. Zudem verstärke sich der Trend, für verschiedene sogenannte Windregimes auch individuell dafür ausgerichtete Modelle anzubieten. Auf breit angelegten Anlagenplattformen gliedern die Herstellerfirmen nach den Angaben der von Wood Mackenzie befragten Akteure in den nächsten Jahren immer mehr Turbinensorten aus. Mit jeweils einem anderen Verhältnis zwischen Rotorfläche und Erzeugungskapazität dienen diese als Angebot für die Standortklassen mit ihren jeweils eigenen Anteilen an Stark-Wind- oder Schwachwindzeiten, an Windrichtungswechseln oder böigen Strömungen oder auch an Turbulenzen.
Immer neue Modelle aus breiten Anlagenplattformen
Schon bis 2025 würden die Windturbinenbauer für Standorte an Land die Modelle auf Nennleistungen mit sieben bis acht Megawatt (MW) im Vergleich zu heute schon drei bis gut vier MW vergrößern. Die Rotordurchmesser an Land – heute bei bis zu etwa 150 Meter – wüchsen bei diesen Anlagen auf 200 und mehr Meter. Windturbinen für das Meer kämen bis 2030 sogar auf Dimensionen von mindestens 20 MW und 280 oder mehr Meter Rotordurchmesser. Alleine in den nächsten fünf Jahren aber würden die zehn wichtigsten Windturbinenbauer damit schon über 90 neue Modelle aus den Plattformen ausgliedern, teilte Wood Mackenzie als Ergebnis der Erhebung mit. Die Entwicklungen zielten auf Stromgestehungskosten von weniger als 15 bis 20 Dollar pro Megawattstunde beziehungsweise 1,5 bis 2 US-Cent, was derzeit 1,3 bis 1,8 Euro-Cent entspräche – so deutet es Wood Mackenzie an.
Überdurchschnittlich hoher Anteil der Forschungsausgaben
Andere Erhebungen der vergangenen Monate deuten bereits ebenfalls in diese Richtung: So erwartet Marktanalysedienstleister Intelstor bis 2028 eine Erhöhung der R&D-Ausgaben der gesamten Windkraftbranche inklusive der Weiterentwicklung auch zahlreicher großer oder kleiner Komponenten, der Materialien oder des Zugangs zu Windkraftwissen und Windenergiedaten auf dann 28 Milliarden US-Dollar. Hinzu kämen 2028 zudem 8,7 Milliarden Dollar an öffentlicher Forschungsförderung, die auch beispielsweise Teststandorte betreffen.
Auch der Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung an den Umsätzen steigt somit immer mehr an. Laut der Intelstor-Untersuchung, die der Analysedienst schon im Februar präsentiert hatte, reinvestierten die Branchenunternehmen im Durchschnitt noch 2013 einen Anteil an ihren Umsätzen von 2,7 Prozent in ihre Entwicklungsarbeit. 2028 werden es gemäß der Analyse schon 5,3 Prozent sein. Dies wäre im Vergleich zu anderen Industriegruppen sehr viel, wie auch die offiziellen Daten des statistischen Dienstleisters Statista zeigen. So gab der Industriesektor 2017 weltweit rund vier Prozent des Umsatzes für Forschung und Entwicklung aus. Auch Automobilindustrie mit 4,5 Prozent und die von Ingenieurleistungen abhängigen Industriebereiche des Industrial Engineering mit 3,2 Prozent würden dann durch die Windkraft klar getoppt.