Die Energiepreise, insbesondere im Wärmesektor, steigen. Allein im Gassektor werden sich die Endverbraucherpreise mehr als verdoppeln, wenn nicht sogar verdreifachen. „Noch ist diese Teuerungswelle bei vielen Verbraucher aber nicht angekommen“, sagt Dr. Thomas Griese, stellvertretender Vorsitzender des Landesverbandes Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW), „dennoch es ist heute schon absehbar, dass die drastisch steigenden Energiepreise zu sozialen Verwerfungen führen könnten, wenn wir nicht schnell handeln.“
Die derzeitige Energiepreis-Rallye, betont Griese, sei einzig und allein eine Krise der fossilen und atomaren Energien: „Wir sehen auf breiter Front steigende Preise bei Gas, Kohle und Öl, sie sind die Preistreiber, ebenso die derzeit wegen technischer Probleme nicht verfügbaren französischen Atomkraftwerke, die einen hohen Stromimportbedarf von Frankreich auslösen“
Bei der aktuellen Debatte werde aber in der Regel übersehen, dass erneuerbarer Strom inzwischen mit Abstand die niedrigsten Gestehungskosten hat. Der Verbands-Vize verweist auf die Ergebnisse der jüngsten Ausschreibungen bei der Wind- und Solarenergie.
Die Bundesnetzagentur vergab die Förder-Zuschläge für Gebote unter 6 Cent pro Kilowattstunde, bei der Photovoltaik lag das der niedrigste Zuschlagswert bei 4,87 ct/kWh. „Die Grünstrom-Produzenten erhalten also nur einen Bruchteil von den weit über 40 Cent pro Kilowattstunde, die private Verbraucher demnächst zahlen müssen, und dass, obwohl die EEG-Umlage von 3,72 ct/kWh seit dem 1. Juli ersatzlos entfallen ist“, verweist Griese auf die Ungleichgewichte im bestehenden Strommarktsystem.
Ökostrom ist längst preiswertester Strom in der Produktion
Ökostrom ist in der Produktion inzwischen der preiswerteste Strom und die Stromhandelsunternehmen müssen diesen Vorteil endlich an die Verbraucher weitergeben. Um den Preisanstieg für Verbraucher zu stoppen beziehungsweise zu dämpfen, gibt es aus Sicht der LEE NRW nur eine Konsequenz. „Das wirksamste Mittel gegen galoppierende Energiepreise ist ein Turbo-Ausbau erneuerbarer Energien.“
Kurzfristig muss laut LEE NRW die Bundesregierung alles tun, um den Ausbau der erneuerbaren Energien zu beschleunigen. Für die anstehenden Energie-Gesetze hat der Verband folgende Forderungen:
• Durch eine bessere Nutzung der vorhandenen Biogasanlagen mit Bioabfall- und Reststoffen lässt sich ohne zusätzlichen Anbau von Mais o.ä. jährlich zusätzlich 19 Mrd. Kilowattstunden Biogas erzeugen. Daraus können 7 Mrd. kWh Strom und eine entsprechende Menge an Wärme gewonnen werden. In Summe ist das mehr als die jährlichen Energieproduktion eines Atomkraftwerkes. Dazu müssen die unsinnigen Mengenbegrenzungen im Baugesetzbuch und im jüngst novellierten Erneuerbare-Energien-Gesetz aufgehoben werden.
• Nachgebessert werden müssen die Umsetzungsfristen im Windenergie-an-Land-Gesetz, die den Bundesländern für die Ausweisung neuer Flächen eingeräumt worden sind. Die vorgesehenen Zeitfenster von 2027/2032 müssen um mindestens zwei Jahre auf die Jahre 2025/2030 reduziert werden.
• Und auch bei der Photovoltaik ist für Freiflächenanlagen eine baurechtliche Privilegierung wie bei Wind- und Bioenergie notwendig.
Die Bundesregierung und die Bundesländer, sagt Thomas Griese vom LEE NRW, haben es selbst in der Hand, den Preisanstieg im Energiesektor in den kommenden Wochen zu dämpfen: „Je schneller der Anteil Erneuerbarer Energien an der Strom- und Wärmeversorgung ausgebaut wird, desto günstiger werden die Energiepreise.“
Laut Deutsche Windguard sind landesweit in NRW 187 MW an neue Windenergieanlagen mit zusammen 187 Megawatt (MW) Leistung in den ersten sechs Monaten dieses Jahres neu in Betrieb gegangen. Die neue Landesregierung mit Union und Grünen will nun mehr für die Windkraft-Beschleunigung tun.
Seit Mitte Juli ist immerhin Hans-Joachim Hüwelmeier neuer Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht NRW. Vizepräsident Sebastian Beimesche hat dem 50-Jährigen die Ernennungsurkunde ausgehändigt. Hüwelmeier übernimmt den Vorsitz im neuen 22. Senat, der beim Oberverwaltungsgericht nun zusätzlich für die Bearbeitung von Streitigkeiten um Windkraftanlagen eingerichtet worden ist.
Die personelle Verstärkung ist erforderlich geworden, weil das Oberverwaltungsgericht seit Ende 2020 landesweit für alle neuen Streitfälle um die Errichtung, den Betrieb und die Änderung von Windenergieanlagen mit einer Höhe von mehr als 50 Metern erstinstanzlich zuständig ist - und damit faktisch für alle neuen Anlagen. Die Neuregelung hat beim Oberverwaltungsgericht zu mehr Verfahren geführt, die zudem mit einem höheren Bearbeitungsaufwand verbunden sind. Denn die Richter können nicht mehr auf Vorarbeiten der Verwaltungsgerichte zu den vielfach schwierigen tatsächlichen und rechtlichen Fragen zurückgreifen. Es klagen nicht nur Investoren auf eine Genehmigung, sondern auch Nachbarn, Gemeinden oder - in zahlenmäßig wenigen, dafür aber artenschutzrechtlich aufwändigen Verfahren - Naturschutzverbände gegen erteilte Genehmigungen für Windenergieanlagen. (nw)