"Wir brauchen wieder ein positives Denken" - so die Überschrift des Kommentars von Dieter Frey in unserem Magazin im Jahre 2003. Die Titelzeilen gefallen mir. Der 13 Jahre alte Artikel erscheint mir in manch einem Abschnitt hochaktuell. "In kurzen Abständen gehen Nachrichten ein, dass das Erneuerbare-Energien-Gesetz wieder zur Debatte steht: abgeschafft, verändert oder was auch immer werden soll - auf jeden Fall mal wieder keine Kontinuität." Auch heute gibt es keine Kontinuität: Der feste Einspeisetarif wird von Ausschreibungen abgelöst. Niemand weiß, ob er mit seinem Angebot einen Zuschlag erzielen kann. Gerade die kleinen Planer haben die Befürchtung, dass sie verdrängt werden. Und auch das EEG steht wieder zur Novellierung an. Darin soll der Ausbau der Onshore-Windkraft massiv gedeckelt werden: Noch ein Grund zur Sorge.
"Die Abstandsregelung zwischen Gebäuden und Windrädern soll verändert werden", schreibt Frey. Auch heute ist das wieder vielerorts ein Thema: In Bayern haben wir die 10h-Regelung. Und in Brandenburg kämpfen Windkraftgegner ebenfalls für eine solche Regelung. Es gibt viele weitere Parallelen zwischen heute und 2003: So gibt es auch damals schon den "breiten Konsens bei Politik und Bevölkerung, dass erneuerbare Energien notwendig sind." Und heute wie damals "überbieten sich die Planer gegenseitig bei den Pachtpreisen für Standflächen." Frey fragt, ob der von Medien beschworene "Goldrausch" der Windbranche vorbei ist - oder doch nicht?
Das alles hat mich sehr an eine Diskussion auf Facebook heute erinnert. Da ging es um einen neuen Bericht des Frankfurt School-UNEP Collaborating Centres und von Bloomberg New Energy Finance. Die Facebook-Community wusste nicht recht, ob sie sich missmutig und verzagt fühlen sollte oder selbstbewusst und stark. "Was denn nun?" fragte da der eine oder andere. Grund waren die Überschriften in zwei verschiedenen Artikeln über dieselbe Studie: In der einen Überschrift wurde betont, dass Deutschland (mit einem Investitionsvolumen von 8,5 Milliarden US-Dollar) 2015 der zweitgrößte europäische Markt für erneuerbare Energien war. In der anderen Überschrift hieß es, im Vergleich zum Vorjahr wurden in Deutschland 47 Prozent weniger investiert (das geringste Investitionsvolumen seit zwölf Jahren).
Die vollständige Studie finden Sie hier.
In dem Bericht wird unter anderem aufgezeigt, dass die weltweiten Investitionen in erneuerbare Energien 2015 um fünf Prozent auf ein Rekordhoch von 286 Milliarden US-Dollar gestiegen sind. Rund um den Globus wurde mehr als doppelt so viel in neue Kraftwerke auf Basis Erneuerbarer und Solar-Kleinanlagen investiert wie in Kohle- und Gaskraftwerke zusammen. China baut dabei seine Spitzenposition mit einem erneuten Anstieg der Investitionen um 17 Prozent aus. Mit 36 Prozent erfolgen mehr als ein Drittel der weltweiten Investitionen in China. Zum ersten Mal übersteigen die Investitionen in Entwicklungs- und Schwellenländern in erneuerbare Energien die Investitionen aller Industriestaaten zusammen.In Deutschland gehen die Investitionen derweil wie gesagt zurück - besonders im traditionell starken Segment der kleinen Aufdachanlagen. Hierzulande steigen jedoch die Investitionen im Bereich Offshore Wind und Stromspeicher.
Fest steht, es wird nicht leichter auf dem Regenerativmarkt. Aber die Branche hat schon die eine oder andere Krise überstanden. Und das ist ihr nicht gelungen, indem sie den Kopf in den Sand gesteckt hat. Stattdessen haben sich die Unternehmen immer weiter verbessert und ihre Technik in den Bereich der Grid Parity gebracht. Der angekündigte Abschied von der Kohle auf der Weltklimakonferenz in Paris ist ein weiterer Baustein. Dieter Frey schreibt 2003 zum Schluss: "Da sowieso nicths anderes übrig bleibt, als in der Energieversorgung von den fossilien Brennstoffen herunterzukommen, können wir das Zielo auch jetzt anpacken, wo uns ein Ziel zu fehlen scheint und wir positives Denken brauchen... Da niemand von der Finanzierung regenerativer Energieprojekte ausgeschlossen ist, können sich auch diejenigen beteiligen, die heute mit fossilen Brennstoffen ihr Geld verdienen und so ihre eigene Zukunft sichern." Passenderweise hat gerade der Rockefeller-Clan den Ausstieg aus dem Ölgeschäft angekündigt, weil er unmoralisch sei.