In der Nordsee tut sich etwas, und das trotz der anhaltenden Schwierigkeiten bei der Netzanbindung. Bard Offshore 1 und der Trianel Windpark Borkum sind schon seit einiger Zeit im Bau, der EWE-Park Riffgat seit Mitte Juni – und nachdem RWE Innogy angekündigt hatte, noch im August die ersten Fundamente für sein Offshore-Projekt Nordsee Ost setzen zu wollen, steht nun auch die Projektgesellschaft Global Tech 1 Offshore Wind GmbH in den Startlöchern. In wenigen Tagen wird das Hubschiff Innovation den Basishafen Bremerhaven erreichen, und schon kurz darauf sollen die ersten Tripoden ins rund 180 Kilometer entfernte Baufeld gebracht und dort installiert werden.
Er freue sich, dass es nach langer Planung jetzt losgehe, sagte der Kaufmännische Geschäftsführer Thomas Meerpohl am Donnerstag in Hamburg. Zwar habe auch seine Projektgesellschaft „leider sehr kurzfristig“ Post von Netzbetreiber Tennet bekommen, in der eine Verzögerung der ursprünglich für Anfang 2013 zugesagten Netzanbindung von insgesamt mehr als einem Jahr angekündigt werde: „Wenn wir jetzt aber den Baubeginn verschieben würden, würde der finanzielle Schaden noch größer sein – dafür ist das Projekt schon zu weit fortgeschritten“, erläuterte Meerpohl. So müssten beispielsweise die Raten für die gecharterten Schiffe, neben der Innovation sind das unter anderem die Hubinsel Thor sowie zwei Kabellegeschiffe, auch bei Stillstand bezahlt werden.
Zwischenlösung für fehlenden Netzanschluss
Einen wesentlichen Vorteil hat Global Tech immerhin im Vergleich zu anderen Nordseewindparks: Obwohl die für den Netzanschluss vorgesehene Konverterstation Borwin Beta später als geplant fertig wird, wird der Windpark voraussichtlich schon Strom einspeisen können, sobald die ersten Windenergieanlagen installiert sind. Möglich macht dies die bereits existierende Plattform Borwin Alpha, über die der im Windpark Bard Offshore 1 produzierte Strom an Land geleitet wird. Sie hat aktuell noch Kapazitäten frei.
Man befinde sich derzeit in konstruktiven Gesprächen mit Tennet, hier kurzfristig einen Interimsanschluss zu schaffen, sagte Meerpohl. „Wir rechnen damit, dass Ende des Jahres eine vorübergehende Leitung hergestellt wird.“ Unabhängig von einer anstehenden gesetzlichen Regelung zur Haftungsfrage behalte man sich allerdings vor, entstehende finanzielle Schäden beim Netzbetreiber einzuklagen.
Nach den aktuellen Planungen soll Global Tech 1 bis Ende 2013 fertig gestellt werden. Das 41 Quadratkilometer große Windfeld mit 80 Areva-Turbinen der Fünf-Megawatt-Klasse wird dann über eine installierte Gesamtleistung von 400 Megawatt verfügen und jährlich umgerechnet 445.000 Haushalte mit Strom versorgen können. Die Fundamente werden je zur Hälfte von den SIAG Nordseewerken sowie einem Konsortium aus Weserwind und Erndtebrücker Eisenwerk geliefert.
Ausgezeichnetes Finanzierungsmodell
Insgesamt hat das Projekt, an dem acht Gesellschafter beteiligt sind, ein Investitionsvolumen von 1,6 Milliarden Euro: Mehr als eine Milliarde davon ist fremdfinanziert, und zwar von einem Bankenkonsortium aus 16 internationalen Geschäftsbanken sowie der Europäischen Investitionsbank und der KfW. Für das Finanzierungsmodell ist Global Tech 1 kürzlich bereits zum dritten Mal von einem Fachmagazin ausgezeichnet worden. Das Projekt habe Maßstäbe in der Kreditfinanzierung von Offshore-Windparks gesetzt, begründete Mark Nicholls, Herausgeber von Environmental Finance, die jüngste Würdigung. Es sei bemerkenswert, in einem herausfordernden Marktumfeld 18 Banken zusammenzuhalten.
(Anne-Katrin Wehrmann)