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Mit dem EEG 2017 haben sich seit dem vergangenen Jahr die Rahmenbedingungen für die Wind-onshore-Branche in Deutschland – und somit auch für die projektfinanzierenden Banken – signifikant verändert. Ein Blick auf die wesentlichen Änderungen:
Einführung des einstufigen Fördermodells
Die Umstellung auf das sogenannte „einstufige Fördermodell“ mit drei Überprüfungsterminen im EEG 2017 (Vergütungsanpassung an das tatsächliche Windaufkommen nach fünf, zehn und 15 Jahren) führt zu einer Reduzierung des Windrisikos bei Standortgüten, die sicher und nachhaltig über 70% des Referenzstandortes liegen.
Auf dieser Basis konnten die Banken im Rahmen der Projektfinanzierung – auch als Reaktion auf Forderungen der Betreiber – die Finanzierungslaufzeiten verlängern und gleichzeitig die Anfor-derungen an die Kapitaldienstdeckungsraten („DSCR-Kennziffern“) reduzieren.Das bedeutet aber auch, dass die Fehlertoleranz bei der Strukturierung und Prüfung einer Projektfinanzierung deutlich reduziert wird. Auch wir als NORD/LB haben unsere Finanzierungsgrundsätze entsprechend den veränderten Gegebenheiten adäquat angepasst.
Außerdem ist der Ausbau der Windenergie in ganz Deutschland gewünscht, also auch an Standortgüten, für die das EEG keinen Ausgleich des Windrisikos gewährleistet. Diese Differenzierung ist in der Strukturierung der Finanzierung projektindividuell zu berücksichtigen.
Einführung des Ausschreibungsverfahrens
Eines der Ziele des neuen Verfahrens soll eine verbesserte Steuerung des zukünftigen Ausbausder Erneuerbaren Energien durch die Einführung von Ausschreibungskontingenten sein. Vor diesem Hintergrund wurde der Zubaupfad für Wind onshore gegenüber dem durchschnittlichen Zubauvolumen der Jahre 2014-2017 von 4.600 Megawatt (brutto) deutlich auf rund 2.800 bzw. 2900 MW zurückgenommen. Zusätzlich begünstigte die gut gemeinte, aber leider fehlgeleitete Regelung des § 36 g EEG2017zur Förderung von Bürgerenergiegesellschaften einen teilweise preislich grenzwertigen Wettbewerb.Ergänzend wird das umsetzungsfähige Projektvolumen durch zunehmende Genehmigungshemm-nisse und lange Verfahrensdauern sowie Rechtstreitigkeiten reduziert.
Folge: Diskontinuierliche Branchenentwicklung
Betroffen von dieser Entwicklung ist die gesamte Wertschöpfungskette. Immer häufiger berichten die Medien, dassaufgrund unzureichender Ausbauzahlen Kapazitätsanpassungen wie die Aufgabe von Standorten unddie Freisetzung von Mitarbeitern notwendig werden.Die Anpassungen bei „kleineren“ Unternehmen der Branche gehen in der Regel deutlich weniger öffentlichkeitswirksam vonstatten.
Auch Kreditinstitute sind als Teil dieser Wertschöpfungskette betroffen. Da der Ausbau deutlich an Dynamik eingebüßt hat, gibt es weniger zu finanzierende Projekte. Das insgesamt benötigte Fremdkapitalvolumen sinkt entsprechend. Hinzu kommt, dass die deutlich geringeren Vergütungssätze aus 2017 tendenziell mehr Eigenkapital bei der Realisierung der Projekte erfordern werden – was auch zu einem sinkenden Fremdkapitalbedarf führt. Der Markt wird enger, der Wettbewerb bei der Konditionierung wie auch bei der angebotenen Risikostruktur nimmt spürbar zu. Und nicht alle angebotenen Risikostrukturen am Markt machenunseres Ermessensunter dem Aspekt der nachhaltigen Rentabilität und Finanzierungsstabilität Sinn.
Zeit für ein beherztes Umsteuern
Der Koalitionsvertrag der GroKo setzt aus unserer Sicht durchaus richtige Impulse:
- EE-Ausbau auf 65% Anteil im Stromsektor bis 2030
- Sonderausschreibungsvolumen je 4 GW Wind und PV
- Wertschöpfung in Standortgemeinden erhöhen/ Projektbeteiligung von Bürgern verbessern
- Mindestanteil des EE-Ausbaus südlich des derzeitigen Netzengpasses
- Sektorenkopplung voranbringen
- besserer Interessenausgleich zwischen EE-Branche und Naturschutz bzw. Anwohnerinteressen
Doch tatsächlich herrscht momentan gefühlter Stillstand:Das sogenannte „100-Tage-Gesetz“ kommt nicht voran.Stattdessengibt es Stimmen, die eine Aufhebung der Privilegierung von Windparks im Außenbereich, eine Wiedereinführung der Länderöffnungsklausel und eine Einschränkung des Vorrangs für EE-Strom fordern.
In unserem Zielbild einer risikoarmen und möglichst preisgünstigen Projektfinanzierung, die zudem möglichst allen bisherigen und potenziellen Akteuren offensteht, sind Verlässlichkeit und Planbarkeit unverzichtbar. Dazu gehören als flankierende Maßnahmen insbesondere
- die hinreichende Ausweisung von Flächen für die Windenergienutzung und
- die Reduzierung von Genehmigungshemmnissen
- und die Überprüfung der Reichweite des Klagerechtes gegen einmal erteilte Genehmigungen (auch dies eine Themensetzung im Koalitionsvertrag).
Der Kern einer preisgünstigen und damit im Grundsatz risikoaversen Projektfinanzierung ist und bleibt jedoch der Fördermechanismus des EEG mit „Anzulegendem Wert“ (AW) und „gleitender Marktprämie“ (MP). Die wettbewerbliche Ermittlung des AW im Ausschreibungsverfahren wird nicht mehr in Frage gestellt.
Steigende Strompreise rücken eine Refinanzierung von EE-Kraftwerken über „Power Purchase Agreements“ (PPA) in den Blickpunkt. PPAs sind international auf dem Vormarsch und eine weitere Marktorientierung der erneuerbaren Energien ist grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings sollte man sich nicht der Illusion hingeben, dass damit die günstigste Projektfinanzierung, also ein möglichst hoher Fremdkapitalanteil mit möglichst geringer Risikoprämie im Zinssatz, erreichbar wäre. Die Komplexität dieser Verträge macht sie auch nicht in gleicher Weise geeignet für die große Zahl kleiner und mittlerer Akteure.
Deshalb ist unseres Ermessensdas EEG weiterhin unverzichtbar – allerdings in marktwirtschaftlicher Weiterentwicklung. Neben einer wettbewerblichen Ermittlung des AW sollte die MP, die im EEG2017 keine negativen Werte annehmen kann, zu einer „symmetrischen Marktprämie“ weiterentwickelt werden. Das bedeutet, dass ein Betreiber nicht nur Vorteile aus dem Absicherungsmechanismus des EEG ziehen kann, sondern auch an das EEG-Konto zurückzahlen muss, wenn der Strompreis – hier der Monatsmarktwert für Strom aus Wind an Land – den ihm zustehenden AW übersteigt. Diese Struktur erhält die für eine optimale Projektfinanzierung erforderliche Absicherung eines stabilen Cash-Flow, erscheint fair, marktorientiert und reduziert perspektivisch den Förderaufwand der EEG-Umlage.
Wir sehen unsere Aufgabe als Kreditinstitut auch darin, einen Beitrag zum Gelingen der Energiewende leisten und gemeinsam mit unseren Kunden gute Projekte zu realisieren, wie wir es seit 1991 verlässlich leben. Dazu gehört, zusammen mit unseren Kunden neue – dem EEG 2017 angepasste – Strukturen zu entwickeln und umzusetzen.
Autor: Holger Meents, Nord LB, Bankabteilungsdirektor Strukturierte Finanzierungen Erneuerbare Energien