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Energiewende in den USA

Notstrom aus Windkraft und Solarzellen

Bislang wird bei der Energiewende nur über die Stromkosten gesprochen. Dass Windrotoren und Sonnenkraftwerke auch in extremen Situationen zuverlässig funktionieren, wurde bisher kaum erkannt. Nun hat der gewaltige Hurricane „Sandy“ das Thema auf die Tagesordnung geblasen. Während in den betroffenen Gebieten die fossilen Kraftwerke an fehlenden Brennstoffen litten, sorgten sich die Behörden auch um die Sturmsicherheit der Atomkraftwerke. Denn die Katastrophe von Fukushima hatte im Frühjahr 2011 gezeigt, wie anfällig die Nukleartechnik ist. Als der „Superstorm“ nahte, überschlugen sich Medien und Politiker mit Warnungen über die Strahlensicherheit der Atomreaktoren, der Tanklager und Gaspipelines. In den Bundesstaaten New York und New Jersey wurden drei Atommeiler vorsorglich vom Netz genommen. Da dem Sturm meist eine großflächige Überflutung folgt, wurde vielerorts die Gasversorgung abgestellt.

Einfacher Aufbau zahlt sich aus

Nach einem Bericht des Internetportals „Renewable Energy World“ benötigten die Windrotoren und die Solarparks im Nordosten der USA keinerlei Sondervorsorge. Das bestätigte John Kourtoff, Präsident von Trillium Power Wind, einem Betreiber aus Toronto. Weil Windrotoren automatisch bei zu hohen Windstärken in die Segelstellung gehen, sind auch bei einem Orkan wie „Sandy“ kaum Schäden zu erwarten. „Die erneuerbaren Technologien basieren auf den natürlichen Gegebenheiten wie Wind und Sonne“, erläuterte Kourtoff. „Sie sind einfach und können Naturkatastrophen viel besser widerstehen, seien es Stürme, Erdbeben oder Tsunamis.“ Der Windmanager verweist auf Erfahrungen aus Japan: Während das Atomkraftwerk in Fukushima durch die Flutwelle explodierte, seien an den Windrädern unmittelbar hinter der Küste keine Schäden aufgetreten. Auch würden die erneuerbaren Energien in vielen dezentralen Kraftwerken verteilt installiert. Dadurch sinkt das Risiko, dass der Ausfall eines Großkraftwerkes teure Folgeschäden nach sich zieht. „Man verliert vielleicht ein Rotorblatt an einer Turbine, aber man verliert keinen ganzen Windpark“, sagte John Kourtoff. „Bei großen und komplizierten Kraftwerken kann sich schon ein kleiner Defekt dramatisch auswirken. Dann stehen die Gasturbine oder der Kernreaktor still. In der Folge bricht die Stromversorgung einer ganzen Region zusammen.“ So geschehen vor mehr als einem Jahr im Großraum Tokyo, so geschehen dieser Tage in New York.

Keine bewegten Teile

Nach Auffassung Kourtoffs sind auch Solaranlagen weitgehend immun gegen schwere Stürme Zwar können Solarmodule durch aufgewirbelte Brocken beschädigt werden. Doch die die intakten Strings stromen weiter, sobald die Sonne wieder scheint. Auch minimiert der flache Systemaufbau die Schäden durch zu hohe Windstärken. Zudem kommen die Solaranlagen ohne bewegte Teile aus, das macht sie zusätzlich robust. „Die erneuerbaren Energien erlauben es dem Stromnetz, unmittelbar nach dem Hurricane wieder Energie zu liefern”, analysierte Carol Murphy, Executive Director der Alliance for Clean Energy in New York. „Atomkraftwerke brauchen mehr als seine Woche, um wieder hochzufahren und ihre Nennleistung zu erreichen.“ Bisher sind keine Schadensmeldungen von Windfarmen oder Solarparks bei den Behörden eingegangen, obwohl „Sandy“ mit ungewohnt hohen Windstärken über die Ostküste des Kontinents raste. Nur die Firma Iberdrola Renewables, die in den Bundesstaaten Massachusetts, New Hampshire, New York und Pennsylvania mehrere Windfarmen betreibt, meldete ein paar Probleme. „Wir haben den Betrieb der Windrotoren während des Anmarschs von Sandy überwacht und einige Rotoren stillgelegt, um die Technik wegen der extremen Windspitzen zu schonen”, berichtete Jan Johnson von Iberdrola Renewables. „Nachträgliche Inspektionen ergaben nur minimale Schäden. Wir sind mit der Performance der Anlagen in dieser besonderen Ausnahmesituation sehr zufrieden.“

Mehr als eine Million saßen im Dunkeln

Long Island wurde am schwersten von „Sandy” getroffen. Stundenlang blieben rund 1,1 Millionen Einwohner ohne elektrische Versorgung. Dagegen die Long Island Solar Farm: Das  mit 32 Megawatt Leistung großflächige Sonnenkraftwerk kam ohne größere Schäden durch den Sturm. „Bei uns ist nichts schlimmes passiert“, bestätigte Matt Hartwig, Sprecher von BP Alternative Energy, die den Solarpark betreibt. „Erste Überprüfungen ergaben Schäden an der Einzäunung und nur einige zerstörte Module.“ In den Bundesstaaten New York und in Connecticut hatten die Behörden verschiedene Stufen des Katastrophenalarms ausgelöst, der auch für die Betreiber von fossil-nuklearen Kraftwerken besondere Vorschriften enthält. Sie mussten die Blöcke vom Netz nehmen oder einen Notbetrieb anordnen, der die kurzfristige Reduktion der Leistung erlaubt. Fakt ist, dass der „Superstorm Sandy“ der Debatte um Sinn oder Unsinn der erneuerbaren Energien eine neue Facette verliehen hat. Denn die Windparks und Sonnenkraftwerke erwiesen sich als außerordentlich katastrophensicher. (Heiko Schwarzburger)