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Branchenstimmung

Optimistische Windenergiebasis

Die zweitägige Konferenz von Dienstagabend, 13. November, bis Donnerstagnachmittag hatte sich in der Vergangenheit einen Namen als heimliches Haupttreffen der Branchenbasis gemacht. Die zu knapp unter 1000 Teilnehmern im ostbrandenburgischen Bad Saarow versammelten Akteure der deutschen Windkraft diskutierten am ersten Tag selbst bisher angenommene Hauptprobleme unter positiven Vorzeichen. Sie gelten demnach lediglich und überwiegend als Herausforderung für die inzwischen weitgehend professionalisierte Windkraft-Wirtschaftszene: Ob kommunale Veränderungssperren für Areale, die in Windenergieinteressengebieten liegen, ob geballte Einspeisung von Windkraft in Ostdeutschland bei vergleichsweise nur geringer Stromabnahme:

So erklärte der in der Branche renomierte Fachanwalt Martin Maslaton, dass von Kommunen gegen neue Windenergiebauflächen gerichtete so genannte Veränderungssperren dank neuerer Rechtssprechung die Windparkprojektierer nicht mehr zum jahrelangen Abwarten zwingt. Die Veränderungssperren betreffen meist kleinere Flächen in von Windparkprojektierern beanspruchten Arealen. Sind diese verhängt, müssen diese Flächen beispielsweise für den Bau von Freizeitheimen oder Straßen oder etwa ein Industriegebiet für maximal vier Jahre freigehalten werden. Doch Maslaton empfiehlt den Projektierern nun nicht mehr abzuwarten: „Passen Sie Ihre Planung an den Bebauungsplan der Gemeinde an. Selbst wenn Sie sich die Liegenschaften dafür noch gar nicht gesichert haben.“ Soll heißen: Wer sich klassisch zuerst Flächen über Vorpachtverträge mit Grundstücksbesitzern gesichert hatte, soll sich von dem Veto der örtlichen Kommune gegen Teile dieser Flächen nicht abschrecken lassen.

Technik ermöglicht weitere Standorte

Im Forum für Technologie zeigte Anlagenhersteller Eno Energy, dass es mittlerweile auch Anlagentechnologie für dichter zusammengestellte Turbinenparks gibt. Zumindest soll die neue Eno-Turbine mit zunächst 114 Meter Rotordurchmesser und nach einem zweiten Entwicklungsschritt mit 126 Meter Rotordurchmesser auch bei turbulenten Windverhältnissen gute Erträge erzielen. Besondere Flügelprofile sowie ein kostengünstiger Generator sollen hierbei helfen.

Bei weiteren Vorträgen stellten Experten auch neue gute kleinräumige Windprognosen vor, die es für den Ausbau von vielen Dreiflüglern auf Höhenrücken in Süddeutschland braucht. Und auch die Finanziererseite gibt Entwarnung. Die Irritationen vom frühen Herbst darüber, ob die Bundesregierung den Kurs Richtung Energiewende beibehalten wird, haben laut dem HSH-Nordbank-Experten Joachim Treder keinen negativen Effekt für Projekte ab einer Größenordnung „von 15 Millionen Euro“. Diese Investitionssumme entspricht einer Windparkgröße von etwa vier bis acht modernen Binnenlandanlagen.

Die HSH bewarb sich in Bad Saarow als Windparkkreditgeber, der groß in die Finanzierung von Anlagenparks im Wald einsteigen möchte. Bei einem Anteil der Forsten an der gesamtdeutschen Landesfläche von einem Drittel könnten Windparkplaner vor allem in Süddeutschland Wälder als Standorte gar nicht mehr umgehen, erklärte Treder. Dabei liefere die Windturbinenindustrie inzwischen „erfreulicherweise die Technik“ für diese komplexeren Windstandorte. Zugleich erzeuge die Energiewende eine Investoren-Nachfragewelle nach Windparks in Deutschland, die besonders hohe Windparkverkaufspreise von umgerechnet inzwischen 80 bis 90 Cent pro jährlich zu erwartender Kilowattstunde garantierten. Zum Vergleich: Vor zwei bis drei Jahren habe dieser übliche Finanzierungszielwert noch teils bei nur etwas mehr als gut 60 Cent gelegen. Das garantiert gute Renditen, wenn die Windparkinstallation inklusive der vorangegangenen Genehmigungsphase nur gut organisiert war.

Netze immer noch Thema

Mit einem überraschenden Ausblick auf die Stabilität der Energieversorgung auch bei hohem Windstromeinspeiseanteil machte der Internet-Geodatendienstleister Wikienergy den Teilnehmern Mut: Auf den virtuellen Energieregionenkarten des Anbieters wird zum Beispiel ersichtlich, dass der Windturbinenbestand im Regelgebiet des Netzbetreibers 50 Hertz für eine gewissermaßen stabile Grundlasteinspeisung von zwei Gigawatt sorgt. Was diese Daten freilich für die reale Netzstabilität im 50-Hertz-Gebiet Ostdeutschland bedeuten, ist eine andere Sache. „Auf den Stromlandstraßen herrscht hier zu oft Stau. Es muss daher auf regionale Regel- und Versorgungskonzepte gesetzt werden“, sagte Wikienergy-Referent Lars Roskoden. Gemeint sind hiermit nicht die immer wieder in der öffentlichen Debatte beschworenen neuen Hochspannungstrassen als Stromautobahnen vom windreichen Norden zu den großen Industrieabnehmern im Süden. Der von Roskoden angemahnte Stau herrscht in den regionalen Verteilnetzen – und zwingt Windparkbetreiber bei Netzüberlastung zum Abregeln ihrer Anlagen.

(Tilman Weber)