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Binnenlandturbinen

Nordex: leiser 131-Meter-Rotor

Mit der Ankündigung eines Modells mit 131 Meter Rotordurchmesser und drei Megawatt (MW) Leistung für die schon im Bau befindliche Technologieplattform Generation Delta beansprucht Anlagenhersteller Nordex die Spitzenmaße der nächsten Generation von Binnenlandwindturbinen in der Branche für sich. Im Sommer hatte GE als bislang letzter Turbinenbauer eine Testanlage errichtet, die zur noch aktuellen ersten Schwachwindgeneration mit Rotordurchmessern über 110 Meter gehört. Die GE-Anlage wird mit 2,5 MW und 120 Meter Rotordurchmesser zu den effizientesten dieser Klasse gehören und leistet – ebenso wie die aktuelle Nordex-Binnenlandturbine N117/2,4 MW – noch deutlich unter drei MW. Für die kommende reine Drei-MW-Binnenlandklasse besetzt Nordex wie mit N117 zuvor das obere Skalenende der dann vorherrschenden Anlagengröße.

Vor einem Jahr hatten die Konkurrenten Vestas, Eno und Repower mit zweimal 126 und einmal 122 Meter Rotordurchmesser ihre Pläne für ihre zweite Turbinengeneration der Windklasse IEC III veröffentlicht – alle planen nun ausschließlich Drei-MW-Anlagen. Vestas wollte den Prototyp noch in diesem Jahr errichten, Repower wird nach Problemen mit einem Radarbetreiber am geplanten Standort Anfang 2014 folgen. Ein gutes halbes Jahr darauf wird Nordex die Testanlage des dann größten Rotors und der effektivesten Rotorleistungsdichte der Drei-MW-Klasse errichten: Mit 222,6 Watt pro Quadratmeter unterbietet sie noch leicht das Verhältnis von Rotorgröße und Leistung von N117/2400. Der Wert besagt, wie wenig Windkraft die Anlage an den mäßigen Standorten pro überstrichenem Quadratmeter sammeln muss, um auf Volllast zu rotieren. Andere neue Drei-MW-Binnenlandturbinen kommen hier auf 240 bis 280 Watt pro Quadratmeter.

CEO Zeschky: "Je eine Anlage für jede Windklasse"

Nordex-CEO Jürgen Zeschky betonte bei der Vorstellung des Konzepts der noch fehlenden Anlage der Technologieplattform Generation, Nordex werde aufgrund seiner nur mittleren Unternehmensgröße im Weltmarkt auch weiterhin nicht „jede Anlage für jeden Kunden produzieren können“. Die Zielsetzung des Unternehmens bleibe, eine einzelne wettbewerbsfähige Turbine für jede Windklasse anzubieten. Zeschky verneinte aber indirekt, dass damit das aktuelle Flaggschiff N117 mit 2,4 MW Leistung möglicherweise zurückgezogen werden muss, ehe ihr Nachfragepotenzial voll ausgeschöpft ist: Seit Produktionsstart im Juni 2012 ist N117/2400 nämlich schon 130 mal errichtet und mehr als 330 mal verkauft worden. Und nicht zuletzt dank dieser Anlage ist der Auftragseingang von 640 Millionen Euro aus den ersten drei Quartalen im Jahr 2012 um 85 Prozent auf fast 1,2 Milliarden Euro hochgeschnellt – mit einem Anteil von 55 Prozent der bisherigen Binnenlandwindturbine an diesen Neuaufträgen.

„N131 wird definitiv die Nachfolgerin der N117/2400, ja“, betonte Zeschky. Allerdings sei angesichts bis zu fünfjähriger Dauer von „Genehmigungszyklen“ keine Start-Stopp-Situation beim Ablösen der bisherigen durch die neue Binnenlandturbine zu erwarten. Sicher sei aber, dass keinerlei Verstärkungen der Firmenstrukturen für die Einführung der neuen Technologieplattform und ihrer drei Turbinen geplant sei: „Wir produzieren N131 in denselben Gebäuden, auf derselben Produktionslinie und mit derselben Belegschaft wie bei der  heutige Binnenlandanlage N117.“

Keine Angst vor großer Koalition

Zu möglichen Auswirkungen einer erwarteten großen Koalition in Deutschland, deren Verhandlungspartner bereits das Streichen der garantierten Vergütung für windschwache Standorte planen, sagte Zeschky: „Wir tun das Beste um die Netzparität zu erreichen“ – also den Erzeugungskostenpreis, der erstmals nicht mehr über den auf dem freien Strommarkt erzielbaren Preisen liegt und ab dem bei konstantem Kostenrückgang die Erzeugung auch ohne Förderung gelingen kann. Einerseits, so Zeschky, reduziere das von ihm geführte Unternehmen nun weiter die Erzeugungskosten pro Kilowattstunde. Andererseits sei bisher nur die Rede davon, die Vergütung für schlechte Windstandorte abzuschaffen. „Gemeint sind dann eher Windstandorte der Klasse IEC IV“, das betreffe die für bessere Standorte Süddeutschlands mit Windklasse IEC III a geeignete N131 daher nicht. Eventuell sei ein Rückgang in der Förderung zu befürchten. Jedoch sei gegen Pessimismus einzuwenden, dass auch süddeutsche Bundesländer weiterhin am Boom der Windkraft teilnehmen wollten.

Technisch wird die N131 wie alle Anlagen der Generation Delta mit einem deutlich in seine Hauptbestandteile aufgelösten und baulich entlang der Antriebswellen lang gezogenen Triebstrang ausgelegt. Dazu gehört ein doppelt gespeister Asynchrongenerator. Vor allem st N131 laut dem Leiter des Produktmanagements bei Nordex, Jan Hagen, das Ergebnis der Zielsetzung, dass die Stromgestehungskosten um fünf Prozent sinken müssen – im Vergleich zur Vorgängeranlage N117. „Das ist gelungen“, betont der Nordex-Mann im Gespräch mit ERNEUERBARE ENERGIEN. Erreicht wurde das, indem die so genannte Rotorleistungsdichte – wie viel Leistung pro Quadratmeter überstrichener Rotorfläche aus der Luft heraus geholt werden muss – auf demselben niedrigen Wert wie bei N117 bleibt. Damit erreicht Nordex übrigens auch dieselbe Volllaststundenzahl von mehr als 3.500 Stunden pro Jahr an Standorten mit einem mittleren Wind von 7,5 Metern pro Sekunde. Die Leistung ist allerdings um 25 Prozent höher.

Größer ohne lauter zu werden

Ganz besonderen Wert legten die Hamburger auch auf einen verhältnismäßig geringen Wert bei den Schallemissionen. Der Schallleistungswert bleibt mit 104,5 db(A) knapp unter dem der N117 und um ein bis drei db(A) den Werten der Konkurrenz – wobei drei Dezibel einer Verdoppelung der Lautstärke entspricht. Freilich ist ein Schallleistungspegel nicht mit der messbaren Lautstärke zu verwechseln sondern zunächst nur ein Rechenwert: Würden alle Lärmemissionen einer Anlage in alle Richtungen und vom Turmfuß mit den elektrischen Geräten darin bis hoch zur Blattspitze in einen Lärmtrichter umgeleitet und hinter dem Trichter gemessen, entspräche dies der Schallleistung. Nordex erhofft sich von der Lärmreduzierung bessere Karten beim Betrieb in lärmschutzempfindlichen Ländern wie Deutschland aber auch Frankreich.

(Tilman Weber)