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Arbeitnehmer

Tarifliche Windkraft trotz Krise?

Es ist fast tragisch: Kaum hatte die IG Metall im März einen Tarifvertrag beim Hamburger Windturbinenbauer Repower nach einem einjährigen unterschwelligen Arbeitskampf durchgesetzt, folgten Entlassungen. Bis zu 750 der weltweit 4000 Beschäftigten müssten gehen, kündigte die Unternehmensführung Ende April an. Grund seien die nicht verlässlichen politischen Rahmenbedingungen in wichtigen internationalen Märkten wie den USA aber vor allem auch der stockende Ausbau der Offshore-Windenergie in der deutschen Nordsee. Andere Unternehmen wie Vestas, Gamesa, Bard oder Kenersys hatten in den Monaten zuvor und danach Stellenstreichungen mit Auswirkungen für die deutschen Standorte angekündigt. Zuletzt teilte Nordex mit, die Produktion in den US-amerikanischen Werken zu beenden. Allerdings dürfte dies für die deutschen Werke eher noch mehr Auslastung bedeuten, denn die Aufträge sollen nun von hier aus mit erledigt werden.

Bis zu 4.000 Arbeitsplätze seien nun allein in Nordwestdeutschland gefährdet hat die Gewerkschaft IG Metall überschlagen. Rund 2.000 Arbeitnehmern sei zuletzt schon gekündigt worden.

Dabei würde die IG Metall viel lieber über Erfolge sprechen. Sie kann auf eine fast flächendeckende Durchdringung der Branche mit arbeitsrechtlichen Vereinbarungen verweisen. In den vergangenen fünf Jahren gelang es der Gewerkschaft, mit fast allen wichtigen Turbinenbauern in Deutschland sowie wichtigen Zulieferern an der Küste nach und nach Fortschritte zu verhandeln. So seien bei fast allen Windenergieanlagenherstellern zunächst Betriebsräte eingerichtet worden, bilanzert Angelika Thomas, Referentin für Energie und Klimapolitik im Vorstand der IG Metall. Die in der Gewerkschaft als „Projekt Zuwachsräume“ genannte Kampagne für mehr Arbeitsrecht in der Wind- wie Solarindustrie führte laut Thomas zu Betriebsräten bei Vestas, Nordex, Repower, Areva. Bei Siemens sind Arbeitnehmerrechte im Sinne der Gewerkschaft besser geregelt, seit dort eine bisher eigenständige Windenergiegesellschaft im Rahmen einer Konzernumstrukturierung vor eineinhalb Jahren auch arbeitnehmerrechtlich mehr ins Gesamtunternehmen eingegliedert wurde.

Tarifbindungen setzen sich durch

Zudem gelten nun erste Tarifbindungen. Zumeist, sagt Thomas, „haben wir eine stufenweise Anpassung der Lohnstrukturen an die Flächentarifverträge der Metall- und Elektroindustrie vereinbart". Diese werde in Zeiträumen von wenigen Jahren umgesetzt. Die Folge: Lohnunterschiede gleichen sich zugunsten der Windbranchenbeschäftigten an, erstmals erhalten die Windkraftunternehmen auch feste Lohnstrukturen, die regeln, welche Beschäftigten wie zu Beginn ihrer Beschäftigung eingestuft werden sollen. Bisher gilt vor allem für Angestellte im unteren Management hingegen: Dort, wo Projektmanager dringend gebraucht werden und sie vor allem auch aus dem Ausland angelockt werden müssen, sind die Einstiegshälter unverhältnismäßig hoch. Andere Mitarbeitergruppen werden hingegen durchweg niedrig bezahlt. Ein Problem das die Windkraftunternehmen selbst erkannt haben.

Allerdings kann die Gewerkschaft nur einen Teil der Beschäftigten erreichen, wie Thomas zugibt: „Es gibt einzelne Unternehmen mit bis zu 50 Prozent Anteil an Leiharbeitern. Für diese Belegschaftsgruppen gilt unsere Tarifstruktur nicht.“ Dafür erreiche die Gewerkschaft nun Angestellte bis in den Bereich von unter 8.000 Euro Monatslohn. Und trotz der Arbeitsmarktkrise ist Thomas überzeugt: Wenn der Prozess fortgeführt wird, können auch solche Krisen nicht mehr zu Lohndumping führen.

(Tilman Weber)

Als Kooperationspartner der Hamburger Unternehmensberatung TGMC berichtet ERNEUERBARE ENERGIEN über die Situation des Arbeitsmarktes der Windindustrie. Wie schon 2011 ermittelt TGMC auch 2013 wieder mit einer Umfrage unter Beschäftigten und im Management der Windindustrie, wie die Chancen für beruflichen Aufstieg sind und welche Arbeitssicherheit und Perspektiven die Windenergie als Branche den Arbeitnehmern bietet. Die Online-Umfrage startet im August.