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EnBW und Total setzen sich mit Milliarden-Zahlungen bei Offshore-Auktion durch 

Die Bundesnetzagentur hat die Ergebnisse der Ausschreibung für Windenergie auf See für nicht zentral voruntersuchte Flächen in der Nordsee veröffentlicht. Für die beiden Flächen für Projekte mit einer Gesamtleistung von 2.500 MW waren jeweils mehrere Null-Cent-Gebote eingereicht worden, so dass - wie schon im Juni 2023 - wieder das dynamische Gebotsverfahren erforderlich wurde. Insgesamt müssen die beiden Bieter, die den Zuschlag bekommen haben, bei der Ausschreibung nun eine Summe von rund 3 Mrd. Euro entrichten. Erfolgreich waren EnBW und Total als Teil des Bieterkonsortiums Offshore Wind One GmbH. 

EnBW hat dabei den Zuschlag für eine Fläche zur Entwicklung eines einem Gigawatt starken Offshore-Windparks in der Nordsee erhalten. Im Jahr 2031 soll der Windpark 120 km nordwestlich von Helgoland in Betrieb gehen und rechnerisch den Strombedarf von 1,35 Millionen Haushalten decken. EnBW-Vorstandsvorsitzender Georg Stamatelopoulos sagt,  der Auktionsgewinn sei ein weiterer wichtiger Meilenstein im Umbau unseres Erzeugungs-Portfolios. „Wir wollen die erneuerbaren Energien bis 2030 auf 10 bis 11,5 GW ausbauen und bis 2035 ein klimaneutrales Unternehmen sein.“ Dafür investiere EnBW bis 2030 insgesamt 40 Milliarden Euro in die Energiewende, davon rund ein Drittel allein in den Bau von Wind- und Solarparks sowie von flexibel regelbaren und wasserstofffähigen Gaskraftwerken.

Der VDMA Power Systems kommentiert die Ausschreibungsergebnisse kritisch. Gerd Krieger, stellvertretender Geschäftsführer VDMA Power Systems, erklärt, der politische Handlungsdruck steige, da die derzeitige Ausgestaltung von Gebotszahlungen und -komponenten hohen finanziellen Druck auf die Lieferkette sowie auf künftige Strompreise insbesondere für die verarbeitende Industrie erzeuge: „Dies steht nicht in Einklang mit dem politischen Ziel der Projektrealisierung und möglichst niedrigen Stromgestehungskosten.“ Das Ausschreibungsdesign müsse endlich angepasst werden, und die Gebotszahlungen sollten laut VDMA gedeckelt werden. „Das Ausschreibungsdesign darf die Kosten der Offshore-Windenergieprojekte nicht unnötig erhöhen – es muss auf wirtschaftliche Projektrealisierung anstelle von staatlicher Gewinnmaximierung ausgerichtet werden“, so Krieger.

BWO-Geschäftsführer Stefan Thimm hebt derweil zunächst einige positive Aspekte hervor. So sei die rege Beteiligung an den Auktionen und die Höhe der Zuschläge ein Beleg für das anhaltende Investoreninteresse am deutschen Markt für Offshore-Wind. Auf die eine Flächen kamen sieben, auf die andere Fläche neun Gebote. Auch sei es positiv zu sehen, dass zwei verschiedene Firmen Zuschläge bekommen haben. Man kann also eine gewissen Akteursvielfalt erkennen. 

Thimm formuliert das Ziel der Auktionen: „Am Ende wollen wir Windenergieanlagen im Wasser sehen. Wir wollen Investitionssicherheit, und wir wollen möglichst geringe Stromgestehungskosten schaffen.“ Das heißt: die Gebote sollten idealerweise so gering wie möglich ausfallen, ohne die Umsetzung zu gefährden. Zwar klingt die Investitionssumme von drei Milliarden erst einmal nach viel Geld für zwei Offshore-Windparks – das dann von den Stromzahlern zurückgeholt werden muss. Aber damit sollen später auch 2,35 Millionen Haushalte mit Strom versorgt werden – mehr Strom als für alle Haushalte in Berlin erforderlich wäre. Zudem verweist die Bundesnetzagentur darauf, dass die Erlöse aus den Offshore-Ausschreibungen primär in die Stromkostensenkung und zu einem kleinen Anteil in den Meeresnaturschutz sowie die Förderung einer umweltschonenden Fischerei fließen. Die für den nachhaltigen Meeresschutz bestimmten Anteile der jeweils bezuschlagten Gebotswerte müssen innerhalb eines Jahres an den Bundeshaushalt geleistet werden. Die Stromkostensenkungskomponente ist über einen Zeitraum von 20 Jahren in gleichbleibenden jährlichen Raten an den anbindungsverpflichteten Übertragungsnetzbetreiber zu zahlen, beginnend mit dem Fertigstellungstermin des Windparks ab dem Jahr 2031.

Zudem fielen die Gebote bis zu 50 Prozent niedriger aus als bei den vorherigen Ausschreibungen. Das, so Thimm, sei der Tatsache geschuldet, dass ein Teil der neuen Flächen in der Nähe bereits verplanter Windparkflächen liegen. Hier werden Abschattungseffekte und damit Ertragsminderungen erwartet. 

Sowohl VDMA als auch BWO regen an, ein Teil des in den Auktionen eingenommene Geld für die dringend erforderliche Weiterentwicklung der Offshore-Industrie zu nutzen. „Wir brauchen 600 weitere Hektar Hafenfläche bis 2030. Wie finanzieren wir das? Da können wir die Bundesländer nicht allein lassen“, so Thimm. „Wir setzen uns dafür ein, einen Teil der Gebotskomponente als ‚Transformationskomponente‘ für die Offshore-Wind-Auktionen dieses Jahres und für weitere Ausschreibungen zur Anwendung zu bringen. Die dadurch generierten Einnahmen sollten im Unterschied zu 2023 ab sofort der Transformation des deutschen Energiesystems zugutekommen, etwa um den Hafenausbau zu unterstützen, für den Aufbau einer verlässlichen Rettungsinfrastruktur oder für die Ausbildung von Fachkräften.“ 

„Sollte das Ausschreibungsdesign nicht grundlegend angepasst und die überbordenden Gebotszahlungen nicht gestoppt werden, müssen die Einnahmen aus den Ausschreibungen an die Windindustrie zurückfließen. So können Innovations- und Technologieführerschaft der Branche in Europa gewährleistet und Investitionen in Infrastruktur und Logistik ermöglicht werden“, sagt auch Gerd Krieger, stellvertretender Geschäftsführer VDMA Power Systems.

In diesem Jahr findet noch eine Ausschreibung über 5,5 GW Offshore-Leistung im August statt. Dort soll es dann erstmals quantitative und qualitative Kriterien geben, die in die Entscheidung einfließen. Neben dem Höchstgebot zählt auch die vorgesehene Größe der versiegelten Fläche. Umweltbeeinträchtigung und Gründungstechnologien und vieles mehr werden bewertet. „Die Einführung nicht-preislicher Kriterien muss unverhältnismäßige bürokratische Hürden vermeiden und auf EU-weit harmonisierten Vorgaben und Anforderungen beruhen. Der Nachweis der Einhaltung von Präqualifikations- und Zuschlagskriterien darf nicht zu übermäßigen Mehrbelastungen führen“, erklärt Krieger dazu.

Stefan Thimm, BWO

BWO

Stefan Thimm, BWO