Die Erkenntnisse des „Technologie-Symposiums Offshore“ in Hamburg, zu dem der österreichische Steuerungs- und Überwachungssysteme-Zulieferer Bachmann schon im Mai sowohl Experten aus der Schifffahrt als auch aus der Windkraft zusammengebracht hatte, lassen den Veranstalter bereits über ein zweites Symposium dieser Art nachdenken: Der Chef des Fachbereiches Windenergie bei Bachmann, Gabriel Schwanzer, deutete zum Abschluss der Tagung an, das Unternehmen könne in zwei Jahren eine Neuauflage dieses technologieübergreifenden Symposiums veranstalten. Es könnte dann Fortschritte aus der Zusammenarbeit von Entwicklern beider Technologiebereiche bei sogenannter künstlicher Intelligenz verdeutlichen. Die Verbindung von Windenergie- und Schiffe-Komponentenüberwachung könne Bachmann auf einen sehr interessanten Weg hin zu deutlichen Fortschritten für die Effizienz bringen.
Warum Schiffbau, Seefahrt und Offshore-Windkrafttechnik beim Monitoring voneinander profitieren
Die Tagung hatte mit knapp 100 Vertretern beider Branchen im repräsentativen historischen Speicherbau an der Elbe des Maritimen Museums stattgefunden, moderiert von ERNEUERBARE-ENERGIEN-Redakteur Tilman Weber und dem Chefredakteur des Schiffsbranchen-Magazins Hansa, Krischan Förster. Rasch hatte das Symposium tatsächlich die Gemeinsamkeiten der technologischen Herausforderungen beider Branchen erkennen lassen: Beide Branchen sind beim Bau und bei der Wartung von Offshore-Windparks ohnehin wirtschaftlich eng miteinander verzahnt und lassen sich damit für das Unternehmen Bachmann über dieselben Projekte und Baufahrpläne gut ansprechen. Technologisch gemeinsam ist den Maschinen beider Sparten, dass es jeweils äußerst dezentral verstreute Anlagen sind, weit entfernt von üblichen Instandhaltungsstationen an Land, dass beide ingenieurtechnisch aus Sonderaufbauten bestehen und nicht zuletzt: Die Anlagen sind nicht mit doppelten Antriebsstrukturen ausgerüstet und redundant gegen Ausfälle abgesichert wie beispielsweise Großkraftwerke an Land.
Handelskonflikte, Rohstoffpreise & Co machen Smart Maintenance umso dringlicher
Die Spartenchefs fürs Monitoring beim Schiffsbau und bei der Windkraft, Roland Epskamp und Holger Fritsch, verdeutlichten vorweg die Aktualität der Herausforderung für das neue Smart Maintenance vor dem Hintergrund zunehmender geopolitischer Spannungen: Weil bisherige Lieferketten unsicherer werden, Rohstoffe teurer – und Fachpersonal auch infolge des kompletten Umbaus der Energieversorgung knapper, müssen beide Branchen noch viel schneller immer mehr aus ihren Anlagen und deren Ressourcen herausholen. Auch müssen sie diese sofort noch sicherer und noch länger betreiben. „Ist Smart Maintenance alter Wein in neuen Schläuchen – oder wird es ein ohnehin bevorstehendes Survival of the Fittest ermöglichen“, spitzte Fritsch auf Anfrage von ERNEUERBARE ENERGIEN die zentrale Frage schon vor Beginn der Veranstaltung zu.
Fritsch stellte klar, dass die alten Herausforderungen beim zunehmenden Digitalisieren der Anlagentechnologie und bei künftigen datengestützten Instandhaltungsstrategien auch die der künftigen Smart Maintenance sind: Aus verrauschten Daten – Daten-Unschärfen entstehen nicht zuletzt für Schiffe wie für Windenergieanlagen durch extreme Umwelteinflüsse wie Seegang, Tiden, Regen und Wind – müssen die Anlagenüberwacher die wertvollen Daten herausholen. Auch schwer zugängliche Komponenten baulich weit von den sonstigen elektrischen und elektronischen Systemen und ihren Kabelverbindungen benötigen Sensoren – die kabellos ihre Daten übermitteln. Wie lassen sich zudem Lasten auf den Anlagen sinnvoll senken – ohne zu viel Fahrleistung zu verschenken? Und wie lässt sich Erfahrungswissen trotz Digitalisierung und Automatisierung weiter nutzen?
Neue Überwachungsstrategien: Dringlichkeitsbezogen, drahtlos und mit dem Ziel viel längerer Laufzeiten
So brachten die Referenten der unterschiedlichsten von Bachmann eingeladenen Spezialfirmen neue Überwachungsstrategien mit Kürzeln wie FMECA oder FMSA ein, die beispielsweise komplett auf die Eingabe aller subjektiven Wahrnehmungen verzichten lassen und Ausfallraten ständig als Maßstab für die Dringlichkeit einer Wartung einbeziehen lassen. Sie erklärten mit derselben Zielrichtung, wie automatisierte Trendanalysen subjektive Beobachtungen überflüssig sein lassen. Die Referenten beschrieben teilweise drahtlose sehr konkrete Monitoring-Technologien für bisher schwer zu überwachende Komponenten wie unregelmäßig belastete Rotationslager oder Lager in Elektromotoren oder auch Rotorblätter und alle Schrauben der Anlagen. Verlängerte Lebenszeiten der Anlagen weit über jetzige gutachterlich abgesicherte Laufzeiten hinaus, eine Budgetierung von Ersatzteilen auf der Basis von Anomalien-Berichten aus den Condition-Monitoring-Systemen (CMS), also der elektronischen Zustandsüberwachung der Komponenten, waren die weiteren Themen.
Kritische Zuschauerfragen zu Sicherheit vor digitalen Angriffen und Anlagenqualität
Für fachliche Debatten war außerdem noch Zeit. Besonders diskutierten die Teilnehmenden, inwiefern die Datensicherheit in der zunehmenden Digitalisierung und Anlagenüberwachung ausreichend im Fokus der Entwickler steht. Angesichts einer wachsenden Gefahr von Datendiebstahl oder von Angriffen auf Steuerungen, müsse die Technologie mehr gegen Datenklau und Co abgesichert werden als bisher, lautete hierzu eine Forderung. Zudem zeigte sich auch, dass die seit Beginn der Digitalisierung der Großanlagen vorherrschende kritische Rückfrage an die CMS-Technologie über ihre Sinnhaftigkeit aktuell bleibt: Bevor die Windparkbetreiber immer besseres CMS nutzen, sollten doch die Anlagenbauer stabilere und weniger störungsanfällige Windturbinen liefern, lautete eine solche Kritik aus dem Publikum. Ist also CMS nur eine Ausgleichsmaßnahme gegen eine hektische, fehlerbehaftete Entwicklung immer größerer Anlagen?
Erst Monitoring lässt Anlagen- und Windparkgröße stetig zunehmen – CMS-Daten auch fürs Design
Die Experten verwiesen im Gegenzug indirekt auf eine ebenfalls schon traditionelle Antwort zur Digitalisierung der Großanlagen: Erst durch Monitoring und CMS lassen sich so große Anlagen wie aktuell bauen und betreiben, ohne dass Materialkosten oder Umwelteinwirkungen zu groß und teuer werden. Klar ist auch: CMS und künstliche Intelligenz der Anlagen sollten sich immer auch für die Entwicklung schon der nächsten Anlagen und eine Nachbesserung in der Komponentenauslegung nutzen lassen.
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