Juwi hat in den vergangenen Monaten viele Solarparks aufgebaut. Mit welcher Entwicklung im Bereich Photovoltaikfreiflächenanlagen rechnen Sie in den nächsten Monaten?
Björn Broda: Durch die langfristig sinkenden Stromgestehungskosten von Solarkraftwerken rechnen wir weiterhin mit einem weltweit wachsenden Marktanteil der Photovoltaik. Auf kurze Sicht sorgen jedoch steigende Rohstoffpreise, vor allem für Polysilizium, für einen Anstieg der Modulpreise und belasten die Wettbewerbsfähigkeit. Hinzu kommen Lieferverzögerungen durch knappe Transportkapazitäten und unterbrochene Lieferketten. Beide Effekte werden zum Teil durch ein steigendes Strompreisniveau kompensiert.
Auf welchen Märkte erwarten Sie ein starkes Wachstum?
Wir erwarten in allen für Juwi wichtigen Märkten entsprechendes Wachstum. Hierzu zählen europäische Märkte wie Deutschland, Italien oder Griechenland ebenso wie die USA. Beide Regionen profitieren neben der zunehmenden Wirtschaftlichkeit auch von politischen Stimuli wie dem European Green Deal oder dem Klimapaket der Biden-Regierung. Aber auch andere Märkte wie Südafrika, Japan oder Australien weisen ein positives Momentum auf. Innerhalb der einzelnen Ländermärkte gewinnt vor allem das Marktsegment der langfristigen Lieferverträge, der Power Purchase Agreements, kurz PPA, durch die stark steigende Nachfrage der Industrie an Bedeutung.
In den vergangenen Monaten war die Lage am Modulmarkt recht angespannt. Was bedeutet dies für die Umsetzung der Projektpipeline von Juwi – sowohl zeitlich als auch preislich?
Der Verkaufspreis unserer Projekte wird wesentlich durch die Zuschlagshöhe im Rahmen einer Ausschreibung oder alternativ durch den vereinbarten Preis des Stromabnahmevertrags bestimmt. Der Wettbewerb in den Ausschreibungen verhindert bisher steigende Zuschlagswerte, auch die anziehenden PPA-Preise können die Preisentwicklung bei den Komponenten nur begrenzt kompensieren. Neben dem Hauptkostenblock, den Modulen, betrifft der Preisanstieg auch Wechselrichter, Gestelle oder Batterien. Die steigenden Einkaufspreise gehen damit direkt zu Lasten der Marge des Projektentwicklers. Hinzu kommen Lieferverzögerungen und eine teilweise sinkende Verlässlichkeit einzelner Lieferanten was Liefertermine und vereinbarte Preise angeht. Entsprechend versuchen wir Bestellungen früher auszulösen, um unserseits Pönalen, jahreszeitlich schlechtes Wetter auf Baustellen oder den Verfall von Ausschreibungszuschlägen zu vermeiden.
Die PPA werden immer mehr zum Finanzierungsmodell. Mit welcher Entwicklung rechnen Sie in diesem Segment und welchen Anteil nehmen Solarparks mit PPA bei Juwi ein, im Vergleich zu Anlagen, die mit Einspeisevergütung oder Marktprämie gebaut werden?
Wir rechnen mit einer dynamischen Entwicklung im PPA-Markt, in Deutschland vor allem durch die stark anziehende industrielle Nachfrage aus nahezu allen Branchen. Neben der langfristigen Absicherung gegen steigende Strom- und CO2-Preise spielen hier auch Imagethemen sowie Druck aus der eigenen Lieferkette, der Öffentlichkeit oder vom Kapitalmarkt eine Rolle. Während unsere Windprojekte in Deutschland bisher ausschließlich über die Teilnahme an der EEG-Ausschreibung bezuschlagt werden, bemühen wir uns im Photovoltaikbereich um einen ausgewogenen Mix aus Projekten mit Einspeisevergütungen und PPA.
Juwi hat sowohl Photovoltaik als auch Wind und Speicher im Portfolio. Wie wichtig ist es für Projektentwickler und O&M-Anbieter, sich möglichst breit aufzustellen?
Politische Eingriffe in den Regulierungsrahmen, Netzengpässe, Akzeptanzprobleme, aber auch Turbulenzen an den Strommärkten wie sie im letzten Jahr die Coronakrise ausgelöst hat, zeigen immer wieder, dass eine Diversifizierung über Technologien, Ländermärkte und Geschäftsmodelle hinweg vorteilhaft ist. Da aber mit zunehmender Marktreife auch die Anforderungen an das spezifische Marktverständnis steigen und eine kritische Masse in der Projektpipeline hilfreich wird, ist eine ausgewogene Balance zwischen Diversifizierung und Fokus sinnvoll.
Bei diesem Portfolio ist es naheliegend, Windkraft mit Photovoltaik auf einer Fläche zu kombinieren. Haben Sie schon solche Projekte umgesetzt?
Juwi hat sich im Bereich solcher Hybridkraftwerke auf die erneuerbare Stromversorgung von netzfernen Industrien in Afrika und Australien, vor allem Offgrid, also ohne Netzanschluss, fokussiert. Beispielsweise errichten wir derzeit einen Wind- und Solarpark für die Stromversorgung der Stadt Esperance in Westaustralien. Das Kombiprojekt besteht aus einem 4-MW-Solarpark, zwei 4,5-MW-Windkraftanlagen und einem Lithiumionen-Batteriespeicher, die mit den bestehenden Gasgeneratoren synchronisiert werden. Zusammen reduzieren die erneuerbaren Energien den Bedarf der konventionellen Stromversorgung.
Gibt es dafür einen Nachfrage und wie entwickelt sich diese?
Im Offgrid-Bereich sehen wir immer mehr solcher Insellösungen. Vor allem bei netzfernen Industrien wie dem Bergbau rechnen wir mit einer weiter steigenden Nachfrage, da der Bergbau zwar wichtige Metalle wie Kupfer oder Nickel für die Energiewende bereitstellt, seinerseits aber selbst zu den weltweit größten CO2-Emittenten gehört und damit unter entsprechendem Druck der Öffentlichkeit, Politik und mittlerweile auch dem Kapitalmarkt steht. In Regionen mit flächendeckenden, gut ausgebauten Stromnetzen wie in Europa bestehen bisher nur wenige Pilotprojekte für Hybridkraftwerke.
Wie sinnvoll sind solche Hybridprojekte?
Im Offgrid-Bereich sind Hybridkraftwerke in Regionen mit guten, am besten tageszeitlich komplementären Wind- und Solarressourcen sehr sinnvoll und verbessern zusammen mit Batterien die Grundlastfähigkeit der natürlich schwankenden erneuerbaren Energien. Bei entsprechender Netzinfrastruktur wie in Deutschland sind Wind- und Solarhybridkraftwerke zwar technisch möglich, können sich aber bisher nicht durchsetzen. Dies ist zunächst überraschend, da im dichtbesiedelten Deutschland immer wieder die Flächenverfügbarkeit und die Netzanschlusskapazitäten als limitierender Faktor der Energiewende genannt werden und Hybridkraftwerke durch die gemeinsame Nutzung von Flächen und Netzanschlusspunkt Kosten- und Auslastungsvorteile mit sich brächten. Andere Formen der Doppelnutzung von Flächen wie Agri- oder Floating-PV scheinen hier erfolgreicher zu sein.
Welche Hürden stehen solchen Hybridprojekten im Wege?
Bei der Entwicklung von Hybridprojekten bestehen wesentlich Hürden bei der Flächenauswahl sowohl hinsichtlich komplementärer Wind- und Solarressourcen wie auch der Akzeptanz für beide Technologien vor Ort. Vor allem aber unterscheiden sich die Planungs- und Genehmigungsverfahren erheblich. Dies gilt nicht nur für die rechtlichen Voraussetzungen, planerischen Verfahrenswege und technologiespezifischen EEG-Ausschreibungen, sondern auch für die sich um Jahre unterscheidende zeitliche Dauer der Projektentwicklung. Hinzu kommen technische Herausforderungen in der Anlagenplanung und -realisierung, etwa in den Bereichen Schatten- oder Eiswurf.
Wie können diese Hürden abgebaut werden?
Mit der Einführung von Innovationsausschreibungen hat die Bundesnetzagentur bereits ein neues Segment geschaffen, das die finanziellen Anreize für Hybridkraftwerke erhöht, vor allem aber keine Teilnahme an zwei verschiedenen Auktionen mehr erforderlich macht. Eine Beschleunigung der Genehmigungsverfahren im Windbereich steht zwar auf der politischen Agenda, eine inhaltliche und zeitliche Synchronisation mit der PV-Projektentwicklung ist aber unrealistisch. Die technische Komplexität von Kombikraftwerken ist dagegen lösbar.
Die Kombination von Photovoltaik mit Speichern ist im Einfamilienhaus schon Gang und Gäbe. Wie entwickelt sich diese Kombination im größeren Segment – also bei Solarparks in Kombination mit Netzspeichern?
Auch hier hat das Innovationsausschreibungsverfahren Anreize gesetzt. Direkt in der ersten Ausschreibungsrunde im September 2020 hat Juwi jeweils einen Zuschlag für eine Wind-Speicher-Anlagenkombination im Landkreis Uckermark als auch eine PV-Speicher-Anlagenkombination im Neckar-Odenwald-Kreis erhalten. Ersteres Projekt war sogar das einzige bezuschlagte Projekt mit einer Windkomponente überhaupt.
Was könnte diese Kombination für Investoren noch interessanter machen – mehr Förderung oder weniger Hürden?
Langfristig sollten die Speicherkombinationskraftwerke an Attraktivität gewinnen, wenn die Volatilität am Strommarkt durch die fluktuierende Erzeugung zunimmt und auch die Netzbelastung steigt. Aktuell bewerten Investoren die Speicherkomponente wirtschaftlich jedoch noch vorsichtig. Der Einsatz von Batterien ist technisch und regulatorisch zwar anspruchsvoll, es bestehen aber keine unüberwindbaren Hürden. Insoweit ist es wichtiger, dass die Preise der Batterien möglichst schnell sinken, um die Wettbewerbsfähigkeit der Kombikraftwerke weiter zu verbessern.
Die Fragen stellte Sven Ullrich
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