Naturstrom erweitert sein bislang größtes Nahwärmeprojekt im fränkischen Markt Erlbach. Der Öko-Energieversorger beliefert künftig über 130 Abnehmer mit nachhaltiger und vor Ort erzeugter Wärme – neben Haushalten auch kommunale Gebäude und einen großen Gewerbebetrieb. Auf 2.400 m2 entsteht hierfür Bayerns größte Solarthermieanlage.
Im aktuellen zweiten Bauabschnitt schließt Naturstrom über 70 neue Wärmeabnehmer an, darunter als größten Kunden den Honigabfüller Breitsamer & Ulrich. Das Unternehmen stellt die Grundstücke für eine Energiezentrale und Bayerns größte Solarthermieanlage mit einer Fläche von 2.400 m2 zur Verfügung.
„Die aktuellen Turbulenzen auf den europäischen Energiemärkten zeigen, dass wir uns in Deutschland unbedingt unabhängiger machen müssen von Importen fossiler Brennstoffe“, so Naturstrom-Vorstand Tim Meyer. „Mit der Wärmewende hin zu dezentralen erneuerbaren Energien tun wir nicht nur dem Klima, sondern auch uns selbst und unserer Wirtschaft einen großen Gefallen. Die Nahwärmeversorgung in Markt Erlbach ist ein tolles Beispiel dafür, wie der Umstieg gelingen kann.“
Bereits seit 2019 versorgt Naturstrom 40 Anschlussnehmer über eine Holzpellets-Heizzentrale mit ökologischer Wärme zu langfristig stabilen Preisen. Nach Fertigstellung des zweiten Bauabschnitts wird das Nahwärmenetz 6,4 Kilometer lang sein. Zu den Abnehmern der Wärme zählen neben zahlreichen Privathaushalten und der Firma Breitsamer auch kleinere Betriebe und kommunale Gebäude wie die Schule, das Hallenbad und eine Veranstaltungshalle. „Wir freuen uns, dass in Markt Erlbach so viele und so verschiedene Akteure Teil der örtlichen Wärmewende werden wollen“, so Meyer.
Solarwärme für unter fünf Cent je Kilowattstunde
Während die Anlage in Bayern ein positives Beispiel für das Thema ist, kommt der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW) allerdings zu dem ernüchternden Schluss, dass Deutschlands Fernwärmenetz „ein riesiger weißer Fleck auf der Landkarte der Energiewende“ ist. Es sei längst überfällig, das hier brachliegende gewaltige Klimaschutzpotenzial mit Hilfe moderner Solarkollektorfelder kosteneffizient zu heben. Dafür bedürfe es umgehend nach der Regierungsbildung eines Push-Programms in Form auktionierter Marktprämien für solare Fernwärme, so die Forderung der Solarunternehmer. Während die Photovoltaik inzwischen rund zehn Prozent des Stromverbrauchs deckt, wird hierzulande bislang nicht einmal ein Prozent der Fernwärme aus Solarkraftwerken gespeist. Dabei kann auch Solarwärme inzwischen im großtechnischen Maßstab bereits für unter fünf Cent je Kilowattstunde produziert werden.
„Bundesförderung für effiziente Wärmenetze“ liege schon länger auf Eis
Zwar registriert die Solarbranche in jüngster Zeit ein wachsendes Interesse bei Wärmeversorgern, bislang sind in Deutschland jedoch nur ein paar Dutzend Solarkraftwerke zur Fernwärme-Einspeisung im Megawatt-Maßstab in Betrieb. Ursache dafür sei, dass die Nutzer fossiler Energieträger deren Gesundheits- und Klimafolgekosten nur zu einem Bruchteil selbst tragen müssen. Die damit verbundene Wettbewerbsverzerrung zu Ungunsten von Solarpark-Betreibern werde im Wärmesektor weder durch angemessene CO2-Preise noch mittels angemessener Förderangebote ausgeglichen, beklagt BSW-Hauptgeschäftsführer Carsten Körnig. Eine bereits vor Jahren geplante „Bundesförderung für effiziente Wärmenetze“ liege schon länger auf Eis und sei zudem mit einem zu kleinen Fördertopf ausgestattet.
„Die aktuelle Heizkostendebatte muss zu einer Modernisierung, Diversifizierung und Solarisierung der heimischen Wärmeversorgung führen. Es kann nicht sein, dass solare Fernwärme weiter kaltgestellt wird und aus den Wärmenetzen weitgehend ausgesperrt bleibt. Solarwärme muss zukünftig eine weitaus größere Rolle spielen – nicht nur auf den Dächern von Eigenheimen, sondern insbesondere auch im großtechnischen Maßstab, um in Wärmenetze einzuspeisen und so emissionsfreie Solarwärme auch in Deutschlands Innenstädte zu bringen“, meint Körnig.
Ausschreibungsprogramm für große Solarthermieanlagen
Der Bundesverband Solarwirtschaft fordert SPD, Grüne und FDP auf, die Wirtschaftlichkeitslücke für die Produzenten solarer Nah- und Fernwärme schnell zu schließen. Um den „schlafenden Riesen Solare Fernwärme“ zu wecken, empfiehlt die Solarwirtschaft in einem ersten Schritt ein auf mindestens fünf Jahre angelegtes Ausschreibungsprogramm für große Solarthermieanlagen nach dem Vorbild der seit Jahren erfolgreichen Auktionen für Photovoltaik-Solarparks. So könnten über 25 Jahre 20 Milliarden Kilowattstunden emissionsfreie Wärme besonders effizient produziert werden. Flankierend solle der CO2-Preis im Wärmesektor schneller angehoben und ein Bürgergeld zum Ausgleich sozialer Härten eingeführt werden. Zudem sei eine Privilegierung der Solarthermie im Baurecht geboten. Gemeinden täten sich schwer, Areale für solarthermische Kraftwerke bereitzustellen. Absagen oder jahrelange Verzögerungen seien bislang die Regel.
„Solarthermie bietet einen unschätzbaren Wert für den Klima- und Verbraucherschutz, nämlich verlässliche und von keinem Rohstoff oder Brennstoff abhängige Wärmekosten – und das für Jahrzehnte. Diese Klimaschutztechnologie ist ausgereift und sofort verfügbar. Jetzt fehlen nur noch die politischen Investitionsimpulse“, so Körnig. (nw)
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