Intilion hat mit der Umsetzung eines komplexen Hybridspeicher-Projektes die Blaupause für eine kommunale Energiewende inklusive sauberer Wärme geliefert.
Worum geht es in Ihrem Projekt mit den Stadtwerken Bielefeld?
André Haubrock: Das ist in unserem Verständnis ein klassischer Hybridspeicher, weil wir die erzeugte Leistung zwischenspeichern können, einmal in dem elektrochemischen Speicher, aber auch in dem Wärmespeicher im Fernwärmenetz der Stadtwerke Bielefeld. Bei diesem Projekt ist es so, dass wir die gesamte Anlage konzeptioniert, geplant und aufgebaut haben und auch den entsprechenden Wartungsservice anbieten. Der Kunde hatte die Erwartung, dass eine Gesamtanlage von einem Turnkey-Lösungsanbieter aufgebaut wird. Das bedeutet auch, dass die Anlage mit Anschluss ans Wärmenetz vollständig vom Projektierer – in diesem Fall Intilion - zu realisieren war. Tatsächlich war es bei der Vergabe essenziell jemanden zu haben, der das Projekt vollumfänglich bewältigen kann. Wenn wir uns die Projektrealisierung anschauen, haben wir es mit einem Gebäude auf einem ehemaligen Kraftwerksgelände zu tun. Trafo, Umrichter und Batterien mussten in eine bestehende Gebäudeinfrastruktur eingebunden werden – inklusive der gesamten Verkabelung. Die Räumlichkeiten waren auch nicht voll erschlossen, sondern wir waren aufgefordert, drei Batterieräume aufzubauen. Dafür musste ein großer Raum gedrittelt, die Wände gezogen, die Lüftung eingebaut und der Brandschutz berücksichtigt werden. Dann wurden die Racks aufgebaut und die Module mussten eingebracht werden. Die Umrichtertechnik steht im Außenbereich. Die Heizelemente befinden sich auf einer anderen Ebene. Da mussten Traglasten, Statik und Deckenhöhe berücksichtigt werden. Die Durchgänge waren teilweise zu schmal.
Klingt, als wäre es mehr Aufwand gewesen als bei einem Greenfield-Projekt.
André Haubrock: Es war tatsächlich mehr Aufwand, aber die Stadtwerke Bielefeld sind natürlich mitten im Stadtbereich. Da müssten Sie sonst erstmal eine Freifläche und den Netzanschluss finden. Hier haben die Stadtwerke Bielefeld gesagt: Wir wollen die Anlage auf unserem Werksgelände implementiert haben, weil wir da auch die Anbindung an das Fernwärmenetz haben. Da haben wir unter anderem auch die Leistungsanschlüsse. Diese Kundenvorgaben haben wir in Kauf genommen.
War das Ihr erstes Wärmehybridprojekt?
André Haubrock: Ja. Noch ist das selten. Die Stadtwerke Bielefeld sind sehr innovativ. Wir gehen davon aus, dass weitere Stadtwerke jetzt nachziehen. Im Süden gibt es Stadtwerke, die die Speicher zum Beispiel an Wasserkraft anbinden wollen. Aber das war tatsächlich für uns das erste Fernwärmenetz. Ich glaube, das ist eine sehr gute Kombination. Die Energienetze, die wir haben – Wärme, Strom und perspektivisch auch Gas – miteinander zu vernetzen, ist ein wichtiger Schritt, um daraus eine ganzheitliche energetische Optimierung zu erreichen.
Die Stadtwerke suchen nach Lösungen…
André Haubrock: Das ist richtig. Aber wenn es ums Investment geht, sind die Versorger sehr verhalten. Die Industrie ist da schneller und hat mehr Druck. Aber seit etwa einem Jahr findet auch bei den Stadtwerken ein deutliches Umdenken statt, weil sie ihre Energieversorgungsstruktur umstellen und damit auch eine hohe Bereitschaft für derartige Projekte mitbringen. Stadtwerke und Co. betreiben ja zudem oft auch die Verteilnetze. Und auch da lohnen sich ja Speichersysteme, um die Netzkapazitäten besser auszunutzen.
Wo sehen Sie Herausforderungen?
André Haubrock: Eine Projektabwicklung besteht aus drei Phasen: Beschaffung, Montage und Inbetriebnahme. Viertens dann der nachgelagerte Service. Bei der Beschaffung geht es um die zeitliche Komponente, die Qualität und die Menge, die passen müssen. Da hatten wir in der Vergangenheit durch Covid u. a. in China und die Blockade des Suezkanales Herausforderungen beim Bezug von Batteriezellen von Elektronikbaugruppen. Das konnten wir aber abfedern, weil wir die Zellen und Module frühzeitig beschafft und einen guten Zugang zu den chinesischen Lieferanten haben. Es gab kleine Verzögerungen, die aber keine größeren Auswirkungen auf das Projektgeschäft hatten. Gleichwohl ist es herausfordernd, wenn Sie eine Komponente nur aus Asien bekommen. Wir suchen nach Zulieferern in Europa, um die Logistikwege kürzer zu halten und das Supply-Chain-Risiko zu minimieren. Das ist heute noch nicht ganz möglich, weil alle Zellhersteller in China sitzen.
Sehen Sie denn eine Veränderung?
André Haubrock: Langfristig ja, kurzfristig nein. Viele asiatische Zellhersteller planen Produktionsstandorte in Europa, was Logistikwege verkürzt und CO2-Emissionen deutlich reduziert. Das ist allerdings zu 95 Prozent auf Automotive ausgerichtet und nicht auf stationäre Systeme. Und das wird wohl in den nächsten drei bis fünf Jahren so bleiben. Das hängt aber auch von der Dynamik im stationären Speichermarkt ab.