In einer bemerkenswerten Entwicklung setzen immer mehr Stadtwerke in Deutschland ihre Mitgliedschaft im Gaslobbyverband „Zukunft Gas“ aus. Die neueste Austrittswelle umfasst prominente Mitglieder wie Gelsenwasser Energienetze und markiert den fortschreitenden Wandel in der Energiewirtschaft. Bisher haben mehr als ein Viertel der ursprünglich etwa 100 Stadtwerke den Verband verlassen. Im Fokus stehen dabei die Bedenken bezüglich problematischer Lobbyarbeit für fossile Gasgeschäfte und irreführender Propaganda für Wasserstoff.
Der Verband „Zukunft Gas“ hat in den letzten Monaten zunehmend Kritik auf sich gezogen, nicht zuletzt durch Recherchen von Lobbycontrol und Correctiv. Der Gaslobbyverband zählt zu seinen Mitgliedern neben den Stadtwerken auch große Gaskonzerne wie Wintershall, Shell und Wingas, die ehemalige Gazprom-Tochter. Sein Hauptziel besteht darin, das Geschäft mit Gas weiter zu fördern und zu propagieren. Diese Bemühungen sind jedoch umstritten, insbesondere hinsichtlich der Förderung von fossilem Wasserstoff und der irreführenden Behauptungen über dessen Umweltfreundlichkeit.
Nicht im Einklang mit Gemeinwohl
Stadtwerke, die sich der Austrittsbewegung anschließen, argumentieren, dass die finanzielle Unterstützung eines Verbandes, der die Interessen der fossilen Gasindustrie vertritt, nicht im Einklang mit ihren Verpflichtungen gegenüber dem Gemeinwohl steht. Sie betonen die Notwendigkeit, auf echte erneuerbare Energielösungen umzusteigen und keine Fehlinvestitionen in fossile Gas- und Wasserstoffinfrastruktur zu tätigen.
Es ist schädlich für die Demokratie, wenn diese zentrale Richtungsentscheidung durch irreführende Lobbybotschaften verzerrt wird.
Christina Deckwirth, Sprecherin von Lobbycontrol, drückte ihre Besorgnis über die Verzerrung der Debatte zur Zukunft der Energie- und Wärmeversorgung aus: „Es ist schädlich für die Demokratie, wenn diese zentrale Richtungsentscheidung durch irreführende Lobbybotschaften verzerrt wird. Doch genau das tut Zukunft Gas, wenn es teuren und überwiegend fossilen Wasserstoff zum Heizen bewirbt.“
Kate Cahoon, Team Lead von 350.org Deutschland, betonte die Wirksamkeit des öffentlichen Drucks: „Die neuen Austritte beweisen, dass der Druck der Zivilgesellschaft wirkt. Wir werden allerdings dranbleiben, um zu verhindern, dass Stadtwerke der fossilen Lobby das Märchen von ‚neuen Gasen‘ und sauberem Wasserstoff abkaufen.“
Austritt auch wirtschaftlich begrüßenswert
Auch aus wirtschaftlicher Sicht ist der Austritt bei Zukunft Gas wünschenswert, so Henning Peters, Referent für Energie und Klima beim Umweltinstitut München: „Stadtwerke, die sich von Zukunft Gas beraten lassen, werden erhebliche Fehlinvestitionen in Gas- und Wasserstoffinfrastruktur tätigen.“
Die aktuellen Austritte markieren einen bedeutenden Schritt in Richtung einer gerechteren und umweltfreundlicheren Energiezukunft. Die Diskussion über die Rolle von Gas in dieser Zukunft wird zweifellos weiterhin geführt werden, doch die steigende Anzahl von Austritten aus Zukunft Gas unterstreicht die Notwendigkeit, den Fokus auf nachhaltige und erneuerbare Energielösungen zu richten.
Nicole Weinhold