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Deshalb darf Bürgerbeteiligung keine Scheinbeteiligung sein

Erfolgreiches Akzeptanzmanagement für Energie-Infrastrukturprojekte bedarf einer demokratischen, konsensual orientierten Konfliktkultur. Die Bürgerbeteiligung darf keine Scheinbeteiligung sein. Vorhabenträger dürfen keine fertige Lösung präsentieren, sondern müssen die Bürger als Gestalter glaubwürdig an der Lösung mitwirken lassen. Das verlangt einen Perspektivwechsel. Beschleunigung und Bürgerbeteiligung sind kein Gegensatz. Die Bürger sind nicht als Bremser, sondern als Schrittmacher der Energiewende zu betrachten. Ihre Potenziale abzurufen, ist für alle ein Gewinn.
Die kooperative Suche nach Lösungen fernab eines „von oben herab“ hat sich im Rahmen gesetzlicher Vorgaben zu bewegen. Sie bedingt einen auf Konsens und Kompromiss angelegten Verhandlungsstil. Gemeint ist damit ein Dialog, der durch Zuhören, Verstehen und Infragestellen der eigenen Position gekennzeichnet ist.

Eine darauf aufbauende dialogische Bürgerbeteiligung will gut durchdacht und gemacht sein. Akzeptanzkommunikation heißt nicht: Wie manipuliere ich die Bürger am besten, damit sie das machen, was ich will? Akzeptanzkommunikation heißt auch nicht, die Bürger einfach nur mitzunehmen. Akzeptanzkommunikation bedeutet vielmehr, die Bürger mit ihren Anliegen zum feststehenden Bestandteil jedes Energie-Infrastrukturprojektes zu machen. Es ist sicherzustellen, dass sich alle Bürger einbringen und alle Interessen vertreten können. Interessengegensätze sind ausdrücklich anzuerkennen. Wo sie auftreten, gilt es, ausgewogen zu vermitteln.

In unserem „Steinbeis Bürgerbeteiligungs-Report“ haben wir die Bevölkerung in Deutschland dazu befragt, wie sie sich eine dialogische Bürgerbeteiligung bei Energie-Infrastrukturprojekten vorstellt. Energie-Infrastrukturprojekte sind für die Bevölkerung Anziehungspunkte. Sie werden von den Bürgern aufmerksam verfolgt. 39 Prozent haben die Umsetzung entsprechender Vorhaben in ihrem Wohnumfeld in den letzten drei Jahren wahrgenommen.

Hohes Konfliktpotenzial

Energie-Infrastrukturprojekte sind für die Bevölkerung Brennpunkte. Sie haben für die Bürger ein hohes Konfliktpotenzial. 36 Prozent sehen entsprechende Vorhaben kritisch. Allen voran Eingriffe in das Landschaftsbild sind der Bevölkerung ein Dorn im Auge. 39 Prozent der Bürger missbilligen diese. Bei der Information über Energie-Infrastrukturprojekte besteht nach Auffassung der Bevölkerung noch viel Luft nach oben. 47 Prozent der Bürger fühlen sich über die Planung von Vorhaben in ihrem Wohnumfeld schlecht unterrichtet.

Die Bürgerbeteiligung bei Energie-Infrastrukturprojekten hat für die Bevölkerung einen sehr hohen Stellenwert. 78 Prozent halten sie für wichtig. 34 Prozent sind mit den Beteiligungsmöglichkeiten unzufrieden. 23 Prozent sind diese nicht bekannt. Das Interesse, an Energie-Infrastrukturprojekten mitzuwirken, ist bei der Bevölkerung vorhanden. 30 Prozent der Bürger sind dafür grundsätzlich aufgeschlossen. 33 Prozent sind dazu bereit, sofern eine direkte Betroffenheit besteht. 46 Prozent legen Wert darauf, bereits vor Beginn der Planung berücksichtigt zu werden.
Die frühzeitige Information der Betroffenen und der Öffentlichkeit ist nach Meinung der Bevölkerung der entscheidende Erfolgsfaktor für eine gelungene Bürgerbeteiligung bei Energie-Infrastrukturprojekten. 42 Prozent halten diese für ausschlaggebend. Sehr wichtig sind für die Bürger außerdem die Transparenz der Entscheidungsprozesse und das Vertrauen in die Handlungen des Vorhabenträgers. Eine Bürgerbeteiligung bei Energie-Infrastrukturprojekten ist aus Sicht der Bevölkerung in jedem Fall sinnvoll und zielführend. 50 Prozent der Bürger glauben, dass sie Konflikten vorbeugen kann; 44 Prozent, dass sie Klagen vermeiden kann; 41 Prozent, dass sie die Planung besser verständlich macht.

Handlungsempfehlungen für eine dialogische Bürgerbeteiligung

Aus dem „Steinbeis Bürgerbeteiligungs-Report“ leiten sich klare Handlungsempfehlungen der Bevölkerung für eine dialogische Bürgerbeteiligung bei Energie-Infrastrukturprojekten ab:

Frühzeitige Information, Transparenz und Vertrauen bilden das Grundgerüst für eine gelungene Bürgerbeteiligung.

Die Bürgerbeteiligung muss so früh wie möglich erfolgen. Das heißt, die Bürger sind bereits vor Beginn der Planung einzubinden. Vorhabenträger sollten keine Angst vor einem „zu früh“ haben. Denn nur, wenn die Planung noch veränderbar ist, ist eine Einbeziehung der Bürger glaubwürdig.

Die Bürgerbeteiligung muss transparent sein. Das heißt, alle notwendigen Informationen haben für alle Bürger in allen Phasen verfügbar zu sein. Sie sind einfach und verständlich zu gestalten, damit sie für jeden nachvollziehbar sind. Das gleiche gilt für alle Dialogformate und -prozesse.

Die Bürgerbeteiligung muss vertrauensfördernd sein. Das heißt unter anderem, alle Bürger sehr viel besser als bisher über ihre Mitwirkungsmöglichkeiten aufzuklären. Wichtig ist, dass jeder über diese Bescheid weiß, unabhängig davon, ob er sie dann wahrnimmt. Denn ist das Vertrauen in den Vorhabenträger erst einmal verloren, ist es sehr aufwändig und kostspielig, dieses wieder zurückzugewinnen.

Gernot Barth
Leiter IKOME, Stein-beis Mediation, Leipzig

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