Unsichere Lieferketten, Greenwashing von Kernkraft und Erdgas oder andere Hürden können die Erneuerbaren offenbar nicht stoppen. Denn in der ersten Hälfte dieses Jahres wurde so viel Geld in die Ökostromerzeugung investiert wie nie zuvor. Das ist das Ergebnis einer Marktuntersuchung durch die Analysten von Bloomberg New Energy Finance (BNEF), die sie gerade in ihrem Renewable Energy Investment Tracker 2H 2022 veröffentlicht haben.
226 Milliarden Dollar in Erneuerbar investiert
Konkret flossen in den ersten sechs Monaten des Jahres 2022 insgesamt 226 Milliarden US-Dollar in den Aufbau neuer Ökostromkapazitäten. Das sind elf Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des vergangenen Jahres. Der heftige Aufwärtstrend ist das Ergebnis einer rasant steigenden Nachfrage nach Ökoenergieanlagen, um die fortschreitende globale Energie- und Klimakrise zu meistern, nennen die Analysten einen zentralen Grund für das Wachstum.
Viel Geld für die Photovoltaik
Der größte Teil der Investitionen floss dabei in die Solarenergie – sowohl in große als auch in kleinere Anlagen. Allein in die Photovoltaik wurden im Untersuchungszeitraum 120 Milliarden Dollar gesteckt. Das ist ein Wachstum um 33 Prozent im Vergleich zu den ersten sechs Monaten des Jahres 2021. Die Investitionen in die Windkraft an Land beliefen sich auf 84 Milliarden Dollar, ein Plus von ebenfalls satten 16 Prozent. Dieses Wachstum gelang trotz der steigenden Kosten für die zentralen Komponenten der Anlagen wie Stahl und Polysilizium. Auch die Unsicherheiten in den Lieferketten und die steigenden Finanzierungskosten hielten die Investoren nicht davon ab, die Projekte umzusetzen. Schließlich steigen die Energiekosten überall noch schneller als die Preise für die Solar- und Windkraftanlagen.
52 Prozent mehr Offshore-Wind
Auch die Investitionen in Windkraftanlagen auf See stiegen um 52 Prozent auf 32 Milliarden Dollar an. „Die Investitionen in diesem Jahr fließen in Projekte, die in den nächsten Jahren ans Netz gehen, wodurch sich die installierte Leistung von Offshore-Windkraftanlagen von 53 Gigawatt im Jahr 2021 auf 504 Gigawatt im Jahr 2030 nahezu verzehnfacht“, prognostiziert Chelsea Jean-Michel, Analystin für den Offhore-Windkraftbereich bei BNEF. „Schließlich ermöglichen Offshore-Windkraftprojekte es Unternehmen und Regierungen die Ziele der Dekarbonisierung in großen Schritten zu erreichen.“ Jean-Michel nennt Großbritannien, Frankreich und Deutschland als nur ein paar Länder, die ihre Ziele beim Ausbau der Windkraft auf See in der ersten Hälfte dieses Jahres angehoben haben und weitere Unterstützung für die Technologien signalisieren.
Erneuerbare sichern die Energieversorgung
Es wird aber nicht nur in den Aufbau der Erzeugungskapazitäten investiert. „Neben den boomenden Projektinvestitionen wurde in der ersten Jahreshälfte auch ein neuer Rekord bei den Risikokapital- und Private-Equity-Investitionen in erneuerbare Energien und Energiespeicherung erreicht: 9,6 Milliarden US-Dollar wurden aufgebracht – 63 Prozent mehr als im Vorjahr“, haben die Analysten von BNEF herausgefunden. „Die politischen Entscheidungsträger erkennen zunehmend, dass die erneuerbaren Energien der Schlüssel sind, um die Energieversorgung abzusichern und die Abhängigkeit von volatil verfügbaren Energierohstoffen sind“, erklärt Albert Cheung, leitender Analyst bei BNEF. „Trotz Gegenwinds durch anhaltende Kostensteigerungen und Herausforderungen bei den Lieferketten war die Nachfrage nach sauberen Energiequellen nie höher als bisher. Wir erwarten, dass die weltweite Energiekrise weitergehen und den den Umstieg auf Erneuerbare beschleunigen wird.“
China baut auf 1.200 Gigawatt aus
Das stärkste Wachstum sahen die Analysten in China. Dort stiegen die Investitionen allein in die Photovoltaik auf 41 Milliarden Dollar. Das sind 173 Prozent mehr als im Vorjahr. Dazu kamen noch 58 Milliarden Dollar, die in Windprojekte flossen, ein Mehr von 107 Prozent. „Die grüne Infrastruktur ist das derzeit wichtigste Investment, auf das China setzt, um die schwächelnde Wirtschaft in der zweiten Hälfte des Jahres 2022 wieder anzukurbeln“, benennt Nannan Kou, bei BNEF für die Analyse des chinesischen Marktes, einen zentralen Grund für das Wachstum dort. „Mit den steigenden Investitionen verfolgt China die Strategie, die bisherigen Kohlekraftwerke durch erneuerbare Energien zu ersetzen. China ist gerade auf dem Weg, seine Ziele beim Ausbau von Wind- und Solarenergie im Jahr 2030 von 1.200 Gigawatt zu übertreffen.“ (su)