Nicole Weinhold
Wer eine Windkraftanlage plant, der kennt sich sehr bald aus mit seltenen heimischen Greifvogelarten, mit Fledermäusen, gelegentlich auch mit Feldhamstern oder sogar mit Süßwassermuscheln. Denn an jedem geplanten Windkraft-Standort muss zunächst nachgewiesen werden, dass seltene Arten nicht gestört oder geschädigt werden.
Klagewelle blockiert Windparkplaner
Für Windparkplaner wird es immer schwieriger, hier einen Fuß an den Boden zu bekommen. Nicht nur ist es so, dass sich viele seltene Arten wie etwa der Rotmilan gut entwickelt haben und daher vielerorts anzutreffen sind - und damit den Bau von Windkraftanlagen in den jeweiligen Regionen ihres Vorkommens in Frage stellen. Zudem ist es seit einigen Jahren auch so, dass jeder, der einen "Naturschutzverband" gründet, nun gegen die Windkraft klagen kann. Diese Klageflut hat der ohnehin zum Beispiel durch die holprige Umstellung auf Ausschreibungen gebeutelte Windkraft schwer zugesetzt.
Fragen, die sich dabei immer wieder stellen, sind etwa: Warum geht es in der Rechtsprechung nicht einfach um die Frage, ob Windparks eine Gefahr für eine Art sind? Stattdessen wird das Individuum betrachtet. Und hier heißt es im Bundesnaturschutzgesetz, dass ein sogenanntes "signifikantes Tötungsrisiko" ausgeschlossen werden muss. Allerdings wurde beim Schreiben des Gesetzes vergessen zu definieren, was signifikant ist.
Grundrisiko des Lebens
Ein anderer Aspekt ist die Frage nach dem Grundrisiko für einen Vogel, durchs Leben zu fliegen. Dazu gehört es, von anderen Tieren geschlagen zu werden, dazu gehören aber auch Hochspannungstrassen, der Tod im Straßenverkehr oder an Gebäuden. Vor dem Hintergrund dieses Grundrisikos verringert sich das signifikante Tötungsrisiko. Zudem könnte man fragen, warum eine Windkraft kein Grundrisiko ist, eine Straße aber schon. Nur am Rande: Das würde zur Bedeutung von Windkraft für den Klimaschutz führen, der wiederum auch Artenschutz ist, denn der Klimawandel macht unseren heimischen Arten zu schaffen.
Nun also soll das Thema zur Umweltministerkonferenz auf den Tisch. Im Vorfeld haben Bundesverband Windenergie, VKU und BNE zwei Stellungsnahmen verfasst, zumal sie bei den Vorbereitungen für neue Entwürfe zu dem Thema beim Bundesamt für Naturschutz außen vor blieben, während der Vogelschutz sehr wohl Beachtung fand.
Stellungnahme zu Papier des BfN
In der Stellungnahme zu den „Windenergie und Artenschutz-Anforderungen an die Prüfung und Bewertung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos im Rahmen der artenschutzrechtlichen Prüfung von Windenergieanlagen“des Bundesamts für Naturschutz (BfN) fordern die Verbände, "die Anforderungen gemeinsam mit dem „Methodenvorschlag des Bundes zur Prüfung und Bewertung eines signifikant erhöhten Tötungsrisikos von Vögeln an WEA“ (kurz: Methodenvorschlag) und den „Hinweisen zu den rechtlichen und fachlichen Ausnahmevoraussetzungen nach §45 Abs. 7 BNatSchG bei der Zulassung von Windenergievorhaben“ (kurz:Vollzugshinweise) in einem transparenten Prozess unter Einbeziehung der betroffenen Akteure zu diskutieren." Sie warnen davor die BfN-Formulierungen auf der Umweltministerkonferenz abzusegnen, zumal sie für die Windkraft keinerlei Erleichterungen bedeuten würden. Im Gegenteil, in dem Papier wird auf das sogenannte Helgoländer Papier verwiesen, das von der Länderarbeitsgemeinschaft der Vogelschutzwarten stammt, keinerlei wissenschaftliche Basis hat und für die einzelnen Vogelarten sehr hohe Abstände zur Windkraft vorsieht.
Ausnahmen
Die zweite Stellungnahme bezieht sich auf das Papier „Hinweisen zu den rechtlichen und fachlichen Ausnahmevoraussetzungen nach §45 Abs. 7 BNatSchG bei der Zulassung von Windenergievorhaben“ des Bundesamtes für Naturschutz (BfN). Artenschutzrechtliche Ausnahme allein seien kein Lösungsansatz für die bestehenden Hemmnisse bei der Genehmigung von Windenergieanlagen, heißt es dort. Ausnahmegenehmigungen seien aufgrund der aktuellen gesetzlichen Vorgaben mit großen Rechtsunsicherheiten verbunden und hielten daher der gerichtlichen Überprüfung oftmals nicht stand.
Forderung vobn BWE, VKU und BNE
BWE, VKU und BNE fordern, die vorgelegten Papiere („Methodenvorschlag zur Prüfung der Signifikanz“, „Anforderungskatalog an die Prüfung der Signifikanz“, „Hinweise zu den rechtlichen und fachlichen Ausnahmevoraussetzungen“) im Paket zu diskutieren und hierbei auch eine rechtliche Verbindlichkeit anzustreben. Die Diskussion sollte von folgender logischen Schrittfolge geleitet sein: 1.Klare Definition des Signifikanzbegriffs, 2. Erarbeitung verbindlicher, auf Rechtsprechung und aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhender, Maßstäbe zur Frage, ob das Tötungsrisiko eines Individuums durch das Vorhaben signifikant erhöht ist, und 3. Klärung rechtlicher Unsicherheiten bei der Anwendung der Ausnahmegründe sowie eine ergebnisoffene Prüfung, ob eine Gesetzesänderung notwendig ist.