Nicole Weinhold
Derzeit leben 850 Millionen Menschen weltweit ohne Zugang zu Strom. Der World Energy Outlook 2019 der Internationalen Energieangentur IEA untersucht in seinen Szenarien, wie sich aktuelle Gesetzgebung auf Energieversorgung und CO2-Bilanz von morgen auswirken.
Ein "Weiter so" geht nicht
Das sogenannte Baseline-Szenario, das sich aus der derzeitigen Politik ergibt, läuft darauf hinaus, dass der Energiebedarf jährlich bis 2040 um 1,3 Prozent wächst und auch die Emissionen entsprechend zunehmen. Das Stated Policies Scenario, das bisher New Policies Scenario hieß, berücksichtigt zusätzlich derzeit geplante Gesetze. Auch hier ist man weit entfernt von dem Ziel einer emissionsarmen, nachhaltigen Zukunft. Stattdessen würden immer noch 100e Millionen ohne Stromversorgung sein und mindestens so viele Menschen wie heute schon an den Folgen negativen Umwelteinflüssen sterben. Die Klimaerwärmung würde weiter zügig voranschreiten.
Einschneidende Veränderungen sind nötig
Das Sustainable Development Scenario beschreibt laut IEA dem gegenüber, was wirklich getan werden muss, um Klima- und Energieziele zu erreichen. Dies Szenario, das die Pariser Klimaziele aufnimmt, hält die Klimaerwärmung unter 2 Grad und versucht, sie im Bereich von 1,5 Grad zu halten. Nötig sind dafür große Veränderungen auf allen Ebenen der Energieerzeugung und des Verbrauchs. Fatih Birol, IEAs Executive Director, sagt: “Nicht eine, sondern viele Technologien und Treibstoffe spielen eine Rolle dabei, dies Ziel zu erreichen." Um das zu schaffen, brauchen man eine starke Führung durch die Regierungen.
Im mittleren Stated Policies Scenario wächst der Energiebedarf im ein Prozent jährlich und CO2-arme Technologien wie Solar machen mehr als 50 Prozent 2040 aus. Aber das reicht nicht aus. “Die Welt muss dringend die Reduzierung ihrer Emissionen fokussieren. Das verlangt nach einer großen Koalition aus Regierungen, Investoren, Firmen und anderen, um dem Klimawandel zu begegnen", so Birol. “Unser Sustainable Development Scenario hilft Mitgliedern einer solchen Koaltion in ihren Bemühungen, dem Klimawandel zu begegnen.”
Setzt IEA wieder einmal auf Atomkraft?
Strom ist eine der wenigen Energiequellen, deren Verbrauch im Sustainable Development Scenario steigt. 2040 wird darin Strom den Ölverbrauch übersteigen, der derzeit am größten ist. Wind und Solar versorgen fast die gesamte steigende Stromproduktion, heißt es bei IEA.
Die große Frage ist allerdings alle Jahre wieder: Welche Rolle spielt in den passend geschneiderten Konzepten der IEA die Atomkraft? Denn bekanntermaßen ist die Internationale Energieagentur der Atomindustrie verbunden. "Saubere", "CO2-arme" Technologie kann immer auch Atomkraft sein. Tatsächlich sieht man in den Grafiken der IEA, dass sie der Atomkraft in den Jahren nach 2030 eine wachsende Bedeutung zuweist.
Afrikas Bevölkerung wächst rasant
In diesem Jahr gibt es einen Sonderbericht zu Afrika. Die Probleme liegen auf der Hand. Die Bevölkerung dort wird in den nächsten 20 Jahren rasant wachsen (siehe Grafik unten). Dort, wo die Energieversorgung bisher zum Teil noch gar nicht vorhanden, sollte mit erneuerbaren Energien gestartet werden, nicht mit gefährlicher Energie wie Atomkraft. Das wäre eine gewaltiger Fehler. Erneuerbare könnten hier gleich in weit vorangeschrittenem Entwicklungsstadium eingesetzt werden.