Klaus Övermöhle von der Hamburger Övermöhle Consulting GmbH hat gerade die alljährliche „Kurzanalyse des Marktes für Windkraft in Deutschland“ publiziert. Er sagt, zugebaut werde immer etwa so viel, wie die Politik vorgibt. Derzeit lautet der Ausbaukorridor 2.800 MW pro Jahr für Onshore-Wind. Würden 4.600 MW angepeilt, so würde diese Marke eben erreicht. Nur für die Windkraft-Industrie in Deutschland sind Zahlen im Bereich von 2.800 MW zu wenig. Övermöhle erwartet eine Konsolidierung auf dem Markt der Hersteller. Tatsächlich haben sich längst Allianzen gebildet. Enercon hat Lagerwey gekauft, Siemens hat Gamesa geschluckt, Nordex hat sich Acciona geschnappt, Alstom gehört jetzt zu GE, LM zu Vestas und so weiter.
Die Windkraftplaner haben derweil ihre liebe Mühe mit den niedrigen Preisen der Ausschreibungen mitzuhalten. Im November 2017 erreichten sie ihren Tiefststand, weil vermeintliche Bürgerenergiegesellschaften zum letzten Mal ohne BImSchG-Genehmigung teilnehmen konnten. Sie haben deutlich mehr Zeit für die Projektumsetzung und können auf effizientere Technologien der Zukunft setzen.
Nicht jeder Planer ist nun aber tatsächlich bereit, für einen Preis von unter vier Cent zu bauen. Im Zweifelsfall verlieren sie ihre Teilnahmegebühr und versuchen es ein Andermal. Klaus Övermöhle erklärt den Zusammenhang zwischen BImSchG-Genehmigungen und Ausschreibungsergebnissen.
Herr Övermöhle, woran liegt es, dass im Mai dieses Jahres nur so wenige Planer mit ihren Projekten an der Ausschreibung teilgenommen haben?
In der Ausschreibung am 1. Mai gab es eine Unterzeichnung. Theoretisch wären 1.380 MW möglich gewesen, weil es dafür BImSchG-Genehmigungen gab. Dass es dann nachher nur Angebote über 604 MW gegeben hat, hat mich überrascht. Entweder haben große Akteure Projekte aus strategischen Gründen zurück gehalten, um die Preise zu stützen oder Projektierer nicht teilgenommen, weil sie niedrige Preise erwartet hatten, weit weniger als die dann erzielten 6,28 Cent.
Welche Rolle spielen Umgenehmigungen?
Viele Projekte, die an den letzten Ausschreibungen nicht teilgenommen haben, befinden sich in einer Umgenehmigung, mit dem Ziel größere und höhere Anlagen an den Standorten errichten zu können, um das Projekt wirtschaftlicher und damit wettbewerbsfähiger zu gestalten. Das galt vor allem bei dem Ergebnis von 5,3 Cent und niedriger im Februar 2018. Bei 6,28 Cent die im Mai erzielt wurden, sind auch viele der Projekte mit den kleinen, alten genehmigten Anlagen wirtschaftlich zu betreiben. Zeit- und Geldaufwand einer Umplanung sind aber sehr groß. Den Planern ist in dem Fall ein Zuschlag von um die 6,0 Cent für das alte Projekt lieber, als mit anderer Technologie für ein künftiges Projekt anzutreten, das mit hohen Risiken behaftet ist oder gar nicht genehmigt wird. Deshalb prognostiziere ich in der August-Ausschreibung eine Überzeichnung und Preise zwischen 5,8 und 6,0 Cent.
Welche Rolle spielen die Bürgerenergiegesellschaften bei den Ausschreibungen 2017?
Wären die Bürgerenergiegesellschaften nicht privilegiert gewesen, hätten wir mehr Ausschreibungsmenge als teilnahmeberechtigte BImSchG-Genehmigungen gehabt. Es gab nur 1.600 MW an neuen BImSchG-Genehmigungen in 2017 und etwa 500 MW die Gebotsberechtigt waren, da sie über erteilte Genehmigung aus 2016 verfügten und nicht das Übergangssystem genutzt, sondern zum Ausschreibungssystem votiert haben. Aber 2.800 MW waren ausgeschrieben. Alle Projekte hätten den Höchstpreis von 7,0 Cent erhalten und die Ausschreibungen wären kläglich gescheitert. Ein Desaster für die Politik.
Warum gingen die erteilten BImSchG 2017 so stark zurück?
Das hat primär mit der Sonderentwicklung in 2016 zu tun. Damals wurden über 9.000 MW an BImSchG-Genehmigungen erteilt, davon alleine im Dezember etwa 5.000 MW. Hiervon waren viele Projekte überhaupt noch nicht vollständig durchgeplant. Sowohl die Projektentwickler, als auch die Genehmigungsbehörden waren 2017 primär mit der Nachbearbeitung und Vervollständigung dieser Genehmigungen beschäftigt. Damit waren viele personelle Kapazitäten gebunden und die neuen Projekte wurden zurückgestellt. Daneben kam es zu dem starken Preisverfall in den Ausschreibungen 2017, was die Projektentwickler veranlasste erst einmal vorsichtig bei Neuprojekten zu reagieren. Die Beauftragung von aufwendigen und kostenintensiven Gutachten zum Beispiel für Vogelbeobachtungen, wurde erst einmal zurück gestellt.
Wie viel MW wurden üblicherweise in der Vergangenheit genehmigt?
Normalerweise wurden in den letzten Jahren durchschnittlich etwa 4.000 MW pro Jahr genehmigt. Fakt ist, die Manpower ist vorhanden bei Behörden und Projektentwicklern. Wenn die Politik sagt, sie will künftig 4.800 MW haben, ist das machbar. Nicht sofort aber ab 2020. Dafür wäre allerdings eine schnelle politische Entscheidung nötig. Aber die Politik hatte 2.800 MW als Ausbaupfad festgelegt. Darauf haben sich alle eingestellt.
(Nicole Weinhold)