Wie die Bundesnetzagentur mitteilte, gingen bei den ersten gemeinsamen Ausschreibungen alle Zuschläge an Planer von Solarprojekten. Es wurden 32 Zuschläge für Gebote in einem Umfang von 210 Megawatt erteilt. Der durchschnittliche, mengengewichtete Zuschlagswert beträgt 4,67 Cent pro Kilowattstunde (ct/kWh). In der vorherigen reinen Solar-Ausschreibung lag dieser Wert bei 4,33 ct/kWh. Der niedrigste Zuschlagswert liegt diesmal bei 3,96 ct/kWh; der höchste Zuschlagswert beträgt 5,76 ct/kWh. "Im Wettstreit setzt sich eben die Technologie durch, die zu den geringsten Kosten anbieten kann“, sagt Jochen Homann, Präsident der Bundesnetzagentur. Er fügt an: „Für das Gelingen der Energiewende ist jedoch ein Mix der verschiedenen Technologien erforderlich."
Mit dieser Aussage nimmt er gleich etwas Druck aus dem Kessel, denn natürlich sorgt sich gerade die Windbranche, dass technologieoffene Ausschreibungen künftig eine größere Rolle spielen könnten - oder wie in Ländern wie Mexiko gar komplett eingeführt würden. Denn, wie es scheint, hätte die Windbranche dann das Nachsehen. Aber auch der Solarbranche ist an einem solchen Wettstreit offenbar wenig gelegen. So kam heute die gemeinsame Pressemitteilung vom Bundesverband Windenergie und vom BSW Solar, in der es hieß, die beiden Spitzenverbände lehnten gemeinsame Ausschreibungen weiter entschieden ab. Die erste gemeinsame Ausschreibung betrachten sie als "gescheitert und plädieren für Festhalten an technologiespezifischen Auktionen zur Gewährung eines ausgewogenen Energiemixes."
Hermann Albers, BWE-Präsident, betonte, ein Gegeneinander der beiden wichtigsten Säulen des künftigen Energiesystems sei ineffizient und nicht zielführend. "Stattdessen brauchen wir einen intelligenten Mix der beiden Technologien, da dieser Lastspitzen abfedert, zu einer Vergleichmäßigung der Netzauslastung beiträgt und die Systemdienlichkeit insgesamt erhöht.“ Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar, sagte, die Auktionsergebnisse belegten zwar das ausgezeichnete Preis-Leistungs-Verhältnis neuer Solarkraftwerke nicht aber die Eignung gemeinsamer Ausschreibungen. "Erfolgreicher Klimaschutz braucht ein Miteinander und kein Gegeneinander von Solar- und Windenergie sowie verlässliche und ambitionierte Ausbaupfade für beide Technologien.“ Beiden Branchen geht es um Planungssicherheit für künftige Investitionen. Man solle es bei "eigenständigen Ausschreibungsverfahren mit fairen Wettbewerbsbedingungen belassen", so die Verbände.
Dazu passen Zahlen der Agentur für Erneuerbare Energien, die heute bekanntgegeben wurden: Im Jahr 2016 waren insgesamt 338.600 Menschen in Deutschland durch den Ausbau erneuerbarer Energien beschäftigt. "Wichtigster Treiber der Beschäftigung war zuletzt die Windenergie", heißt es dort. Da diese Sparte besonders im Norden Deutschlands verwurzelt ist, können vor allem dort auch positive Beschäftigungsentwicklungen verzeichnet werden. So weist Niedersachsen mit 56.460 Erneuerbaren-Arbeitsplätzen nicht nur den höchsten Wert im Bundesländervergleich auf, das Land im Nordwesten kann von 2015 auf 2016 auch den größten Jobzuwachs verbuchen.
Es sei unsinnig, Wind- und Solarstrom in einen Wettbewerb gegeneinander zu schicken. "Vielmehr sind geeignete Rahmenbedingungen für einen klugen Mix aller verschiedenen erneuerbaren Energien notwendig", erklärte auch Julia Verlinden, Sprecherin für Energiepolitik von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag. Auch der VDMA teilt die Meinung der Verbände. Matthias Zelinger, Geschäftsführer VDMA Power Systems, sagte: „Wie an den Zuschlagswerten der technologiespezifischen Ausschreibungen für Windenergie an Land und Solar im Februar 2018 zu erkennen war, befinden sich beide Technologien auf einem wirklich starken Niveau. Die niedrigeren erzielten Zuschlagswerte der technologiespezifischen Ausschreibungen zeigen, dass aus der gemeinsamen Ausschreibung eine Aussage zur Kostenstruktur nicht seriös ableitbar ist.“ Der VDMA bemängelt als neues Instrument Einführung der Verteilernetzkomponente, um die Netzsituation in den gemeinsamen Ausschreibungen zu berücksichtigen. Das Instrument habe keine erheblichen Auswirkungen auf die erfolgreichen Projekte, sei aber extrem komplex. „Eine so kleinteilige und an der aktuellen Netzsituation ausgerichtete Regelung ist sicher nicht der Weisheit letzter Schluss, hier muss man dringend einfachere und stabilere Ideen finden“, fordert Matthias Zelinger.
Patrick Graichen, Direktor Agora Energiewende verwies in einer Stellungnahme darauf, dass Solar10 bis 20 Prozent günstiger als Wind sei - und 50 Prozent günstiger als Kohle. Atomkraft kostet zwei Drittel mehr. „Deutschland sollte deshalb wieder mehr Photovoltaik bauen und damit dem Beispiel von Ländern wie China, der Türkei, Australien und Japan folgen. Die im Koalitionsvertrag vereinbarten Sonderausschreibungen von je vier Gigawatt Solar- und Windkraftanlagen 2018 und 2019 müssen jetzt noch vor der Sommerpause im Gesetz verankert werden.“
Das EEG sieht gemeinsame Ausschreibungen mit Pilotcharakter vor, in denen Technologien in einen Wettbewerb treten. Es sind 54 Gebote eingegangen, davon 18 für Windenergieanlagen an Land und 36 für Solaranlagen. Die bei der Bundesnetzagentur eingegangenen Gebote hatten ein Volumen von 395 Megawatt. Damit war das Ausschreibungsvolumen von 200 Megawatt doppelt überzeichnet. Der mengengewichtete Gebotswert betrug für Solaranlagen 4,82 ct/kWh und für Windenergieanlagen an Land 7,23 ct/kWh. Es mussten lediglich drei Gebote aus formellen Gründen ausgeschlossen werden. Von den Geboten, die einen Zuschlag erhalten haben, bezogen sich fünf in einem Umfang von 31 Megawatt auf Acker- und Grünlandflächen in benachteiligten Gebieten in Bayern und drei mit einem Umfang von 17 MW in Baden-Württemberg.
Die nächste Ausschreibung für Windenergie an Land ist am 1. Mai 2018; der nächste Gebotstermin für Solaranlagen ist der 1. Juni 2018. (Nicole Weinhold)