Strombörse HandelsraumChristoph Busse
Die Bieter zahlten laut Welt am Sonntag im Schnitt etwa acht Prozent mehr als noch im Vormonat. Von der Deutschen Emissionshandelsstelle habe es geheißen, man erwarte insgesamt, „dass sich der Auktionserlös des Bundes in diesem Jahr auf mehr als zwei Milliarden Euro verdoppeln wird“. Nach der jüngsten Auktion betrugen die Erlöse ungefähr 1,7 Milliarden Euro – und damit mehr als im gesamten vergangenen Jahr. Bis Jahresende stehen noch weitere zehn Auktionen an, in denen jeweils weitere 4,36 Millionen CO2-Berechtigungen versteigert werden.
Das europäische Emissionshandelssystem ETS wurde in den vergangenen Jahren oft als unwirksam bezeichnet. Nun zeigt die neueste Reform vom April dieses Jahres Wirkung und die Preise steigen. Zwar sind noch immer große Überschüsse an Verschmutzungsrechten vorhanden, diese sollen aber schrittweise abschmelzen und ein Großteil ab 2023 gelöscht werden. Zudem können die EU-Mitgliedsstaaten dann freiwerdende Zertifikate, etwa von geschlossenen Kohlekraftwerken, vom Markt nehmen.
Die Auktionserlöse in Deutschland fließen in den „Energie- und Klimafonds“, einem Sondervermögen, mit dem die Bundesregierung die Energiewende unterstützt. Finanziert werden daraus Programme zur Förderung der Elektromobilität oder der Heizungssanierung. Weil die Erlöse aus den CO2-Versteigerungen jahrelang extrem niedrig waren, musste der Fonds stets mit Steuergeldern aufgefüllt werden. Ob die Reform vom April tatsächlich über einen längeren Zeitraum Erfolg zeigt, ist nach Ansicht von Experten wie Agora Energiewende offen. Sie rechnen, wenn überhaupt, erst ab Mitte der 2020er Jahre mit Knappheitspreisen.
Die britische Denkfabrik Carbon Tracker veröffentlichte gerade einen Bericht, demzufolge sich der Preis pro Tonne CO2 zwischen 35 und 40 Euro über den Zeitraum 2019 bis 2023 bewegen könnte. Den Anstieg führen die Autoren der Studie auf neue Steuerungselemente im europäischen Emissionshandelssystem (EU-ETS) zurück. Mit der Marktstabilitätsreserve (MSR), die ab 01. Januar 2019 in Kraft tritt, sollen massenhaft überschüssige Emissionshandelsrechte vom Markt verschwinden. Laut dem Bericht wird sich ein Zertifikatsdefizit im Umfang von insgesamt rund 1,4 Milliarden Tonnen CO2 ergeben.
Weiter heißt es, dass das ETS in den vergangenen 16 Monaten der „heißeste Rohstoffmarkt der Welt“ gewesen sei. Seit Mai 2017 ist der Preis für europäische Emissionszertifikate um 310 Prozent gestiegen; seit Jahresbeginn 2018 um 120 Prozent. Weiter steigende Preise könnten letztendlich den Wechsel von Kohle auf Erdgas begünstigen, so die AutorInnen.
Bisher ergeben sich kaum Klimaschutzeffekte, weil die CO2-Verschmutzungsrechte größtenteils gratis zugeteilt wurden und die meisten Konzerne haben Zertifikate aufgekauft als diese noch billig zu haben waren und werden diese Reserve die nächsten Jahre einsetzen. RWE, größter Kohlendioxid-Emittent des Kontinents, hat noch ausreichend CO2-Gutscheine bis 2022. Wie das Nachrichtenportal Bloomberg Mitte August mitteilte, kaufte RWE Millionen CO2-Zertifikate auf Vorrat, als der Preis noch bei 5 Euro dümpelte.
(Nicole Weinhold)