Die Preise für chinesische Photovoltaikmodule haben im vergangenen Monat um vier Prozent angezogen. Das ist das zentrale Ergebnis des aktuellen „PV Price Tracker – Modules“ des Marktforschungsinstituts IHS iSuppli. Die Großhändler mussten im Juni für kristalline Siliziummodule aus dem Reich der Mitte durchschnittlich 54 Eurocent pro Watt bezahlen. Damit liegen die Angaben von IHS iSuppli auf dem gleichen Niveau wie die von PV X Change. Die Betreiber des Kölner Marktplatzes für Photovoltaikmodule gaben die durchschnittlichen Preise für kristalline Module aus China mit 56 Eurocent pro Watt an. Die Steigerungsrate im Vergleich zum Mai betrug 3,7 Prozent. Im gleichen Zeitraum sind die Preise für kristalline Module aus deutscher Produktion um 1,28 Prozent gesunken. Allerdings sind diese mit 77 Eurocent pro Watt immer noch um ein Drittel teurer als die Konkurrenzprodukte aus China.
Antidumpingzölle verantwortlich
Als Grund für den Preisanstieg nennen die Analysten die vorläufigen Antidumpingzölle, die die Europäische Kommission auf diese Module angeordnet hat. Diese liegen zwar bei 11,8 Prozent und damit viel höher als die Preissteigerung. „Das liegt aber vor allem daran, dass immer noch Ware im Umlauf ist, die nicht unter die neuen Zollregelungen fallen“, sagt Henning Wicht, Forschungsdirektor für die Solarbranche bei IHS iSuppli, gegenüber ERNEURBARE ENERGIEN. So hatten einige chinesische Lieferanten im Mai und Anfang Juni dieses Jahres viele Solarmodule nach Kroatien verkauft, um die Zölle zu umgehen, bevor das Land der EU beitrat.
Preise steigen weiter
Auch für die nächsten Monate rechnen die Marktforscher mit weiter steigenden Preisen. Im Juli und September werden dann die Großhändler durchschnittlich 55 Eurocent pro Watt bezahlen müssen. „Das hängt allerdings vom Ausgang der Verhandlungen zwischen der EU und China ab“, erklärt Henning Wicht. „Noch gibt es Hoffnung, dass sich beide Seiten einigen.“ Wenn allerdings ein Zollsatz von durchschnittliche 47,6 Prozent wirksam wird, hat das auch erhebliche Folgen für die Modulpreise. „Denn dann werden weltweite Lieferketten und Preise für Photovoltaikmodule dramatisch durchgeschüttelt“, sagt Glenn Gu, Photovoltaikanalyst bei IHS iSuppli und Autor der Studie. „Chinesische Anbieter werden zunächst fast alle Lieferungen nach Europa aussetzen. Um den europäischen Markt weiter zu bedienen, werden sie versuchen, ihre Produktionskapazität in andere Länder auszulagern, entweder über ihre Auslandsniederlassungen oder über Vereinbarungen mit nicht-chinesischen Modulherstellern. Aber selbst wenn das gelingt, ist die Versorgung zunächst unterbrochen und sorgt wahrscheinlich dafür, dass die Modulpreise in den nachfolgenden Monaten um zwölf bis 20 Prozent steigen.“
Marktanteil gesunken
Was für die Modulhersteller ein gutes Zeichen ist, wird für die Projektentwickler und Installateure zum Problem. Denn die Preissteigerungen aufgrund der Antidumpingzölle haben dazu geführt, dass der Marktanteil der chinesischen Lieferanten auf 60 Prozent gefallen ist – zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage deckten die Hersteller aus China noch 80 Prozent des europäischen Marktes ab. Allerdings hat es nicht dazu geführt, dass die europäischen Modulbauer ein Absatzplus verzeichnen konnten. Denn gleichzeitig sank auch die Nachfrage in Europa erheblich. In Deutschland hat sich in den ersten sechs Monaten dieses Jahres der Markt halbiert.
„Zeit der Billigmodule ist vorbei“
Wie sich der europäische Markt mit weiter steigenden Modulpreisen entwickeln wird, bliebt fraglich. Denn an den politischen Rahmenbedingungen und der weiter sinkenden Förderung wird sich kaum etwas ändern. „Als Deutschland im April 2012 beschloss, die staatliche Photovoltaikförderung zu kürzen, wurden chinesische Billigmodule zum Wachstumsmotor im europäischen Solarmarkt. Sie machten einen weiteren Ausbau möglich“, sagt Henning Wicht. „Die Ära der billigen chinesischen Photovoltaikmodule ist jedoch vorbei, seit die EU-Kommission vorläufige Antidumpingzölle verhängt hat. Das wirkt sich negativ auf den Photovoltaikzubau aus und wird wahrscheinlich einige EPC-Unternehmen, die für die Planung, die Lieferung und den Bau der Anlagen verantwortlich sind, dazu zwingen, ihr Geschäft dieses Jahr aufzugeben.“ So sehen die Zollgegner von der Allianz für bezahlbare Solarenergie (AFASE) die Insolvenz des Systemanbieters Gehrlicher Solar als erstes prominentes Opfer der Antidumpingzölle. Dem Unternehmen im bayerischen Dornach habe die kreditgebenden Banken offenbar aufgrund einer neuen Risikoanalyse den Kreditvertrag gekündigt. Gehrlicher Solar hat viele chinesische Module im Portfolio. Mit steigenden Preisen steigt dementsprechend auch das Risiko. (Sven Ullrich)