Demonstriert wurde in Berlin gegen eine Kohleabgabe für die größten CO2-Schleudern unter den fossilen Kraftwerken. Diese hatte Sigmar Gabriel ins Feld geführt, um die Lücke in en deutschen Klimazielen zu schließen. Da der europäische Emissionshandel durch zu niedrige CO2-Preise wirkungslos ist, soll diese Maßnahme nun helfen. Am Freitag wurde dafür und dagegen demonstriert. In Berlin waren es Menschen, die die Gewerkschaften in 270 Bussen hatten anreisen lassen. Am Tagebau Garzweiler forderte derweil eine Menschenkette das Ende des Braunkohletagebaus. An diesem Wochenende war der Interessenkonflikt spürbar. Die Gewerkschaften riefen zum Streik auf, um die Kohlewirtschaft mit allen Mitteln zu verteidigen. Einen Tag später veranstaltete die Regenerativbranche dann ihren Tag der erneuerbaren Energien. „Erneuerbare Energien und Energieeffizienz sind die Tragpfeiler der modernen und zukunftsfähigen Energieversorgung. Deshalb ist es jetzt und heute wichtig, einen nachhaltigen Strukturwandel einzuleiten und Perspektiven für die Kohlereviere zu schaffen“, sagte Hermann Falk, Geschäftsführer des BEE, dazu.
Sind Arbeit und Umwelt gleichrangige Interessen? Das ist die erste Frage, auf die sich alles fokussiert. Denn schon fast traditionell reagiert die Wirtschaft auf Beschneidungen ihrer Mittel aus Umweltschutzgründen mit der Drohung des Verlusts von Arbeitsplätzen. Da muss man allerdings sagen, dass in einer vom Klimawandel geschädigten Umwelt die Jobfrage deutlich weniger Bedeutung hat. Zudem ist das ein vorgeschobenes Argument. Eine Studie des Umweltbundesamtes kommt zu dem Schluss, dass nur in sehr begrenztem Umfang Jobs verloren gingen. „Geht man vereinfachend davon aus, dass sich der Produktions- und Beschäftigungsrückgang in gleichem Umfang vollzieht, entspräche dies einem Beschäftigungsabbau von etwa 4 700 Arbeitsplätzen“, heißt es da. 1956 waren noch fast 500.000 Menschen im Ruhrbergbau beschäftigt. Im Jahr 2000 waren es nur noch 50.000. Die Kohl ist schon lange kein Jobmotor mehr. Da stellt sich dann die Frage, ob es wirklich die Aufgabe der Gewerkschaften ist, sich vor den Karren den fossilen Kraftwerksindustrie spannen zu lassen.
Solange die Kohle die Leitungen für die erneuerbaren Energien verstopft, werden sich auch dort die Beschäftigtenzahlen nicht entsprechend entwickeln können.
Auch Gabriel selbst war bisher ein Befürworter der Kohle, der damals als Umweltminister in der großen Koalition noch den Neubau von 28 Kohlekraftwerken genehmigt hat. Umso erfreulicher, wenn er es jetzt schafft, seinen Plan gegen die Genossen durchzufechten. (Nicole Weinhold)