„Bundesumweltminister Altmaier und Bundeswirtschaftsminister Rösler haben sich auf ein Ende der Energiewende geeinigt." Das Urteil von Hans-Josef Fell, dem energiepolitischen Sprecher der Bundestagsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen, scheint polemisch, angesichts der veröffentlichten Reformvorschläge zum EEG ist es aber durchaus realistisch.
Die feste Einspeisevergütung soll nach den Plänen Altmaiers und Röslers für alle Grünstromquellen ab 150 Kilowatt Leistung komplett abgeschafft werden. Betreiber dieser größeren Anlagen sind dann verpflichtet ihren Strom über die Direktvermarktung an Großabnehmer oder der Strombörse zu verkaufen. Vermutlich – im Strategie-Papier der Minister ist das nicht genau definiert – wird ein Bonus auf den dabei erzielten Strompreis gezahlt, so dass sich pro Kilowattstunde ein gleichbleibend hoher Ertrag ergibt. Bisher konnten Betreiber freiwillig die Direktvermarktung anstelle der festen Einspeisevergütung nutzen. Für die verschiedenen Kosten, die mit diesem aufwändigeren Stromhandelsprinzip verbunden sind, wurden sie mit einer Managementprämie entschädigt. Diese soll im neuen Gesetz fehlen.
Höchstens acht Cent pro Kilowattstunde dürfen beispielsweise Betreiber von Onshore-Windenergieanlagen künftig mit ihren Anlagen verdienen. Boni für Netzdienstleistungen und Repowering entfallen gänzlich. Der Bundesverband Windenergie kritisiert daran die fehlende Spreizung zwischen dem windstarken Norden und dem windschwachen Süden Deutschlands. Ein flächendeckender dezentraler Windenergieausbau wird damit unwirtschaftlich und somit nicht realisierbar. Das kritisiert auch der Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE NRW) – er hatte vorgeschlagen je nach Stärke eines Windstandortes zwischen sechs und zehn Cent Vergütung zu zahlen. Überhaupt hätte Altmaier die Vorschläge, die ihm die Branche in der EEG-Dialogreihe des Umweltministeriums unterbreitete, „bewusst ignoriert“, sagt Jan Dobertin, Geschäftsführer von LEE NRW. Insgesamt seien die Dialogverfahren scheinheilig gewesen.
Ein weiterer Vorschlag der massiv in der Kritik steht beinhaltet die Absenkung der Vergütung von Bestandsanlagen: Alle regenerativen Energiequellen die in den letzten Jahren installiert wurden, sollen mit einer Sonderdegression von 1,5 Prozent belegt werden – ihre künftige Vergütung wird also reduziert. Jan Dobertin urteilt: „Wird mit so einer Methode erst einmal angefangen, ist es überhaupt kein Problem, auch in Zukunft solche Sondermaßnahmen durchzusetzen. Dadurch werden Wirtschaftlichkeitsberechnungen bestehender Projekte untergraben, Finanzierungssicherheiten für die Banken leichtfertig aufs Spiel gesetzt und neue Investoren abgeschreckt.“ Auch der Bundesverband Windenergie (BWE) fürchtet, dass dadurch „Willkürentscheidungen nach Kassenlage Tür und Tor“ geöffnet wird.
Laut BWE attestieren die Vorschläge des Umwelt- und des Wirtschaftministeriums der Bundesregierung, dass sie „offensichtlich weder Verstand, noch Sinn für Investitionssicherheit und Vertrauensschutz hat“. Die Maßnahmenvorschläge stünden in keiner Beziehung zu den Ausbauzielen.
Immerhin aber wollen die Minister auch die bislang von der EEG-Umlage befreiten Industriebetriebe stärker ins Gebet nehmen. Anders als bei den Änderungen für die Grünstrombranche bleiben sie hier laut Hans-Josef Fell allerdings recht unkonkret und stellten Maßnahmen vor, die „in Betracht “ kommen könnten. Im Gespräch ist eine Anhebung der Mindestumlage für die Großverbraucher – das könnte unterm Strich auch einer Rückkehr zur Befreiungspraxis von 2012 gleichen. Hintergrund: Seit 1. Januar 2013 können sich weit mehr Industrieunternehmen von der EEG-Umlage teilweise befreien lassen als noch 2012. Galten bisher zehn Gigawattstunden Jahresverbrauch als Schwelle für einen Rabatt auf die Umlage, genügt jetzt bereits eine Gigawattstunde. Diese „Besondere Ausgleichsregelung“ wurde im EEG 2012 festgelegt.
In den nächsten Wochen soll eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern auf Basis des Reform-Papiers gemeinsame Vorschläge für eine Realisierung unterbreiten. Zum Treffen der Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Merkel am 21. und 22. März soll darüber weitgehend Konsens herrschen. Hans-Josef Fell kündigt an, seine Partei werde einem Kompromiss nur zustimmen, wenn er substanzielle Änderungen zum Erhalt der Energiewende enthält. Es besteht also noch Hoffnung für das EEG – aber auf Einschnitte wird man sich einstellen müssen.
(Denny Gille)